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Der Tote am Steinkreuz

Der Tote am Steinkreuz

Titel: Der Tote am Steinkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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aufstellen wollen, murmelte: »Wirf mich nicht mit dem törichten Jungen in einen Topf, Schwester.«
    Fidelma erwiderte nichts und beobachtete, wie der andere Mann Crítán auf dem Weg zum rath von Araglin halb zog und halb schleppte.
    Eadulf verzog das Gesicht.
    »Wenn er im rath anlangt, wird er wieder nüchtern sein.«
    Fidelma seufzte kurz und wandte sich dann der Leiche zu, die an dem hohen Kreuz hing.
    »Ich brauche einen Moment deine Leiter«, sagte sie zu dem übriggebliebenen Landarbeiter.
    Der Mann stellte sie an das Kreuz, und Fidelma stieg hinauf, während Eadulf ihm half, die Leiter zu halten.
    Trotz des geronnenen Blutes und des Seils konnte Fidelma erkennen, daß Muadnats Kehle mit einem raschen gekonnten Schnitt durchtrennt worden war, der fast den Kopf vom Rumpf löste. Es war kein schöner Anblick, er erinnerte an die Schlachtung eines Tieres. Das viele Blut ließ darauf schließen, daß man ihm erst die Kehle durchgeschnitten und ihm danach ein Seil um den Hals gelegt und ihn am Kreuz aufgehängt hatte. Warum hatte man den Toten auch noch gehängt? Ihr schien es fast, als habe man ein schwarzes Ritual vollzogen. Sie besah sich die Leiche sorgfältig, entdeckte aber keine weiteren Hinweise. Das Seil war ein üblicher, aus Fasern gedrehter Strick. Von dem Messer, mit dem ihm die tödliche Wunde beigebracht worden war, war nichts zu sehen. Sie stieg wieder herunter.
    »Du kannst die Leiche jetzt abnehmen«, erklärte sie dem Landarbeiter.
    Eadulf half ihm dabei.
    Inzwischen ging Fidelma in immer größeren Kreisen um das Kreuz herum, den Blick auf den Boden gerichtet. Nach einer Weile blieb sie plötzlich stehen und holte tief Atem.
    »Eadulf!«
    Er kam sofort zu ihr.
    Sie deutete zur Erde. Eadulf betrachtete unsicher das Gras. Da waren Flecke.
    »Blutspritzer?« vermutete er.
    Sie nickte.
    »Schau sie dir genau an.«
    Eadulf bückte sich und sah, daß auf Grashalmen und einer breitblättrigen Pflanze Blut angetrocknet war.
    »Meinst du, daß man ihm hier die Kehle durchgeschnitten hat?«
    »Die Annahme erscheint mir begründet«, erwiderte Fidelma. »Sonst noch etwas?«
    Eadulf wollte sich schon erheben, als er noch einmal hinschaute und mit einem kurzen Ausruf etwas aufhob.
    »Was ist das?« fragte Fidelma.
    »Ein Büschel Haare.« Eadulf stand auf und hielt es in der offenen Hand.
    »Dickes rotes Haar«, bestätigte Fidelma. »Menschenhaar.«
    »Meinst du, es hat etwas mit dem Mord zu tun?«
    »Es sieht aus, als sei es mit den Wurzeln ausgerissen worden. Schau dir die Enden an«, antwortete sie, ohne auf seine Frage einzugehen.
    Nachdem er die Haare betrachtet hatte, nahm sie sie vorsichtig und tat sie in ihr marsupium, den Lederbeutel, den sie immer an der Hüfte trug.
    »Ich glaube, jetzt kehren wir am besten zum rath zurück, Eadulf. Hier ist kaum noch etwas zu tun. Ich möchte Agdae befragen. Agdae! Warum ist er denn nicht hier?« fragte sie.
    Sie wandte sich an den Landarbeiter, der Muadnats Leiche auf dem geduldig wartenden Esel festband.
    »Kam Agdae zurück, nachdem er Hilfe aus dem rath geholt hatte?«
    »Nein, Schwester«, antwortete der Mann sofort. »Er ließ Crítán und meinen Freund und mich hier, damit wir die Leiche abnehmen und zu Muadnats Hof schaffen sollten. Ich glaube, er hat sich gleich auf die Suche nach Archú gemacht.«
    Fidelma stöhnte.
    »Sagtest du nicht vorhin, daß du auch mit Muadnat verwandt bist?« fragte sie.
    Der Mann nickte.
    »Ja, wie die meisten hier im Tal, auch die Tanist.«
    »Wenn Muadnat so viele Vettern hatte, warum hegte er dann ausgerechnet von Archú eine so schlechte Meinung?«
    Die Antwort kam ohne Zögern.
    »Er haßte Archús Vater, einen Ausländer. Muadnat meinte, Archús Vater Artgal hätte kein Recht gehabt, die Liebe seiner Verwandten Suanach zu stehlen.«
    »Die Liebe zu stehlen?« Fidelma verzog das Gesicht. »Das ist eine interessante Formulierung. Wem soll denn Suanachs Liebe gestohlen worden sein? Das deutet darauf hin, daß die Frau gegen ihren Willen an Artgal gebunden war. Verhielt es sich so?«
    Dem Mann war das Gespräch sichtlich unbehaglich.
    »Muadnat hatte sie mit Agdae verheiraten wollen. Doch Suanach wollte ihn nicht. Sie liebte Archús Vater Artgal sehr.«
    »Also war Muadnats eigene verdrehte Anschauung von dieser Ehe schuld an dem ganzen Streit?«
    »Vermutlich, aber den Toten soll man nichts Schlechtes nachsagen.« Der Mann wollte offenbar nicht weiter darüber reden.
    »Dann sprechen wir lieber von den Lebenden. Sprechen

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