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Der Tote im Eiskeller

Der Tote im Eiskeller

Titel: Der Tote im Eiskeller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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des Lachens, das bis zur Galerie hinunter zu hören gewesen war.
    «Pardon», entschuldigte sich Claes, löste den Blick von der anmutigen Gestalt und sah Thea an. «Im Salon wartet Besuch für Mademoiselle Fenna. Elias Malthus möchte seine Trauer mit Euch teilen und Euch Trost spenden. Und ein Asterngebinde überreichen. Es wäre freundlich, wenn Ihr ihn nicht zu lange warten ließet.»
    Damit drehte er sich um und stapfte die Treppe wieder hinunter, ärgerlich, weil er sich wie ein Schuljunge fühlte, der an eine ihm verbotene Tür geklopft und etwas gesehen hatte, das nicht für ihn bestimmt war.
    «Blohm!!», rief er in die Diele hinunter, als er die Galerie erreicht hatte, und noch einmal: «Blohm!!» Und: «Betty!!»
    Der ungewohnt harsche Ton seiner Stimme scheuchte außer dem alten Diener auch Elsbeth, die Köchin, undFlorchen, das neue Aschenmädchen, aus der Küche in die Diele hinauf, vom obersten Stock hörte er hastende Schritte und das erschreckte Gesicht der Zofe seiner Frau beugte sich über das Treppengeländer.
    «Sag Madame Herrmanns, wir haben einen Gast, Betty», rief er nach oben und zum unten versammelten Küchenpersonal hinunter: «Kaffee, Elsbeth, die große Kanne. Und eine Schale von den frischen Mandeltörtchen. Es riecht schon den ganzen Morgen so gut aus dem Souterrain», fügte er milder hinzu, und die Gesichter in der Diele entspannten sich. Es kam selten vor, dass der Herr des Hauses seine Stimme in so schroffer Weise erhob, wenn es doch einmal geschah, bestand weniger Grund zur Sorge vor seinem Zorn, als vielmehr weil ein Unglück geschehen sein musste. Das konnte allerdings auch in einer umgestoßenen Schokoladentasse bestehen oder, wie es im Spätsommer hin und wieder geschah, einer Wespe, die sich in den Salon oder das Speisezimmer verirrt hatte, was Claes Herrmanns aus unerfindlichem Grund mehr zu fürchten schien als ein durchgehendes Pferd.
    Als Fenna, bis zur Tür von ihrer Zofe begleitet, gleich darauf im Salon erschien, zeigte sie den stillen Ernst einer jungen Frau in Trauer. Das eben noch gelöste Haar war trotz der Eile akkurat genug frisiert, um nicht unter eine Haube versteckt werden zu müssen. Elias erhob sich, beugte sich tief über ihre Hand, und während er ihr mit einer zweiten Verbeugung seine Blumen überreichte, beschloss Claes, noch heute seinem Sohn zu schreiben, er werde dringend im Kontor und bei den Speichern am Hafen gebraucht und solle seine Reise abkürzen. Da jedoch als einziger Grund für einen solchen Hilferuf nur sein eigenes Unvermögen gelten konnte, das Handelshaus alleine zu führen, verwarf er diesen Gedanken wieder. Auch schien er überflüssig.Fenna nahm die Blumen so höflich wie kühl entgegen, und ihre Worte waren so steif wie ihr Rücken. Sie setzte sich den beiden Männern gegenüber an den Tisch, faltete die Hände im Schoß und senkte den Blick, als hätte sie nie zuvor bewiesen, dass sie zu jeder Gelegenheit den passenden Ton zu treffen verstand.
    Die Trauer, dachte Claes, die Trauer macht eben doch sprachlos. Er war erleichtert, als er flinke Schritte auf der Treppe hörte und seine Frau den Salon betrat. Anne verstand es, jede noch so spröde Gesellschaft zu unterhalten und lebendig werden zu lassen, wenn auch manchmal mit einem Thema, das ihm (und spröden Gesellschaften) nicht behagte.
    Er rückte ihr den Stuhl zurecht, sah mit stillem Amüsement auf die vorwitzigen Strähnen, die sich aus ihrer Frisur gelöst hatten, und überließ ihr die Unterhaltung. Natürlich konnte er sich mit eiligen Geschäften im Kontor entschuldigen und der langweiligen Stunde entkommen, aber er hielt es für nützlich, Fenna und den Bruder ihres toten Bräutigams wenigstens für eine Viertelstunde im Auge zu behalten. Dann musste er sich ohnedies für den täglichen Gang zur Börse verabschieden. Hoffentlich wurden Kaffee und Mandeltörtchen vorher serviert.
    Nachdem Elias auch den Damen berichtet hatte, die Leichenfeier finde am Sonnabend statt, nachmittags um drei, und der anschließende Leichenschmaus im Baumhaus am Hafen, er hoffe auf die Ehre, Mademoiselle Lehnert bei der Familie zu begrüßen, verlor er seine Befangenheit. Falls er bemerkte, dass Fennas Gesicht verschlossen und ihre Antworten bis zum Rande der Unhöflichkeit knapp ausfielen, schien er daraus einzig ihre tiefe Kümmernis zu lesen.
    Just als Kaffee und Törtchen serviert wurden, beganndie Standuhr zu schlagen, und Claes musste sich verabschieden, was ihn nur wegen der Törtchen

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