Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Tote im Grandhotel

Titel: Der Tote im Grandhotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Bellin
Vom Netzwerk:
erfahren. Sie will sich an mir rächen. Glauben Sie mir, ich war zu Hause.«
    »Der Butler? War der Butler zu Hause?«
    Anton Brant erklärte würdevoll und ohne zu zögern, Herr Hornung sei zu Hause gewesen. Er selber habe noch Tee serviert. Die Herrschaften hätten gemeinsam ferngesehen, erst eine Talkshow, dann eine Tiersendung, wenn er sich nicht täusche.
    Schöner Mist. Der Kerl wirkte ungeheuer seriös. Ob er gelauscht hatte und deshalb wußte, was sein Brötchengeber hören wollte?
    Wedel verabschiedete sich verärgert.
    »Wiedersehen, Herr Hornung. Machen Sie sich keine Sorgen. Sie sind so gut wie aus dem Schneider. Es gibt keine konkrete Verbindung. Und Ihr Butler ist eine Perle.«
    Letzteres stimmte, ersteres dagegen nicht. Wedel war sich sicher, daß die Frau Gemahlin die Wahrheit sagte.
    In Berlin hatte Mady schon fleißig vorgearbeitet. Der Fang in der Villa hatte sich wirklich gelohnt. Der alte Russe, Kolja Tirow, war schon sehr hoch oben in der Hierarchie angesiedelt. Sein Spezialfach war das ›Einschwärzen‹. Eine Connection des Schmuggels, das ›nicht offizielle Verbringen von Gegenständen zur Verschleierung ihrer Herkunft‹. Es ging um Zigaretten, Alkoholika, Rauschgift, Kaviar, Raubkopien von Kassetten, pornografische Videos und Ikonen.
    Auf den wichtigsten Straßen und Eisenbahnlinien zwischen Moskau und Berlin wurden jedes Jahr Unmengen dieser Güter beschlagnahmt. Doch es blieb ein Tropfen auf dem heißen Stein.
    Beschlagnahmte Zigaretten wurden kompostiert, Kaviar landete auf dem Müll – er war sowieso unzulässig hoch mit Schadstoffen belastet. Ikonen wurden schließlich vom Zoll versteigert. Gerade bei den Ikonen ging es um Riesensummen. Zwei Berliner Galeristen waren bereits ermordet worden.
    Der Juri R. war kein unbeschriebenes Blatt. Er saß nun bereits in Auslieferungshaft. In Österreich wurde er mit internationalem Haftbefehl als mutmaßlicher Mörder gesucht. Möglicherweise hatte er auch in Berlin Morde auf dem Gewissen. Die Mörder aus dem Hotel saßen bereits. Sie waren ja ganz ungeniert mit ihrem ›Seafood Murmansk‹-Auto rumgegondelt. Es würde noch viel gesungen und gelogen werden. Und neue Verbrecher verschiedener Nationen, mit Deutschen kräftig durchmischt, würden nachströmen.
    Der alte Kolja Tirow hatte in der Haft einen Schlaganfall erlitten. Er hatte die Sprache verloren und saß im Rollstuhl.
    Die göttliche Gerechtigkeit nahm ihren Lauf.
    Zwei der Männer waren entkommen. Den einen hatte die Kleine im Krankenhaus als sehr hübsch, ja schön beschrieben. Es war ganz leicht, ihn mit Hilfe eines Fotos zu identifizieren. Er gehörte zu den gesuchten Ikonenschiebern, war offenbar ein Kopf der Truppe.
    Zehn Tage später wurde ein Mord in der Wilmersdorfer Straße gemeldet. Einbruchspuren gab es nicht. Das Opfer hatte offenbar dem Mörder selber die Tür geöffnet. Es hatte sich hinknien müssen und war durch einen Kopfschuß getötet worden. Die ebenmäßigen Züge waren entstellt, doch war noch soviel zu erkennen: Der Tote war Vlado L., ein Exilrusse. Der Ikonenschieber!
    Die Flucht aus der Villa hatte ihm kein Glück gebracht.
    An Vlados Tod war eine Sonderkommission dran, die eigens für Ikonenschmuggel und dessen Umfeld gebildet worden war. Bernd Wedel blieb auf seiner alten Spur.
    Die kleine Mieze aus New York war nicht mehr ergiebig. Sie hatte gesagt, was sie wußte oder was sie sagen wollte. Wohin sollte man mit ihr? Sollte man sie etwa einbuchten? Hatte doch gerade genug mitgemacht. Das würde ihr vielleicht eine Lehre sein. Die Wache vor ihrer Tür im Krankenhaus war schon abgezogen worden.
    Britta hatte nur noch einen Wunsch: Zurückzukehren in ihr altes Leben, das sie früher gern als Sklaverei bezeichnet hatte. Sie wollte alles vergessen, sogar Ricki wollte sie vergessen.
    Die Sachen aus dem Hotel wurden gebracht. Im doppelten Futter der Manteltasche steckte der Paß. Ein Wunder und zugleich der Beweis, daß ihn dort Diebe am wenigsten finden würden, wenn ihn nicht einmal die Polizei dort fand.
    Sie hatte einfach einen Brief an ihren Halbbruder in Düsseldorf geschrieben, der dort Zahnarzt war und bestimmt nicht am Hungertuch nagte. Die Reinemachefrau hatte ihn hinausgeschmuggelt und offenbar wirklich dichtgehalten.
    Britta und ihr Bruder waren seit Jahren ein bißchen böse miteinander, aber Blut ist dicker als Wasser. Am nächsten Tag traf der Brief in Düsseldorf ein. Ihr Bruder kam mit der nächsten Maschine und gab ihr genügend Geld für die

Weitere Kostenlose Bücher