Der Tote im Schnee
gesagt, daß Sie ihn mit einem Messer erstochen haben, wo haben Sie das getan?«
»Mit vielen Stichen.«
»Aber wo genau? Auf dem Platz?«
»Er hat mich dort einmal gejagt.«
»Sie meinen, als Sie zusammen in die Schule gingen?«
»Er war kein guter Mensch. Der andere war auch nicht gut.«
»Welcher andere?«
»Der mit der Mütze. Er hat so laut gesprochen. Ich mag es nicht, wenn die Leute so das Maul aufreißen.«
»War er auch auf dem Platz?«
Hahn nickte.
»Wie sah der Mann aus?«
»Er hat laut gesprochen und John höhnisch gelacht.«
»Können Sie den anderen Mann beschreiben?«
Ola Haver war so ungeduldig, daß er kaum noch stillsitzen konnte. Beatrice atmete tief ein, was später, als sie das Band laufen ließen, wie ein verzweifelter Versuch klang, Luft zu bekommen.
»Er sah aus wie ein Soldat. Ich habe mich in seine Nähe gestellt für den Fall, daß John ihn auch verhöhnen würde.«
Nach diesen Worten verstummte Vincent Hahn.
»Können Sie uns seine Kleidung beschreiben?«
Schweigen.
»Sie wollten ihn vor John beschützen, ist es das, was Sie uns zu sagen versuchen?«
»Jetzt weiß ich, daß ich recht hatte.«
»Recht womit?«
»Damit, mich zu rächen. Für Gerechtigkeit zu sorgen.«
»Was haben der Mann und John dann gemacht?«
»Sie sind mit dem Weihnachtsbaum weggegangen.«
»Wohin?«
Auf Hahns Gesicht legte sich ein gequälter Ausdruck. Er sank auf seinem Stuhl in sich zusammen und schloß die Augen. Haver sah auf die Uhr. Fünfzehn Minuten lang hatten sie mit Hahn gesprochen. Wie lange würde er noch durchhalten?
»Möchten Sie ein Glas Saft?« fragte Haver.
»Sie gingen zur Schule, in die Toreinfahrt«, fuhr Hahn unerwartet rasch fort. »Dort hallte es immer, wenn man schrie.«
Haver war schon einmal in der Vaksalaschule gewesen, um einen Vortrag über Rauschgift zu halten, und erinnerte sich noch gut, wie es dort aussah. Der Eingang der Schule in Richtung Platz bestand aus einer breiten gewölbten Toreinfahrt. Dahinter war der Schulhof. Auf der gegenüberliegenden Seite befand sich der Speisesaal, der zur Zeit umgebaut wurde. Wieder eine Baustelle, dachte er, und das unbestimmte Gefühl, das ihn bei der Besprechung überkommen hatte, regte sich wieder in ihm. Es mußte etwas sein, das er gesehen oder gehört hatte. Ging es dabei um Baustellen? Eine Baustelle in der Universitätsklinik und jetzt eine in der Vaksalaschule.
»Sie sind den beiden durch die Toreinfahrt gefolgt.«
»Manchmal stank es in der Einfahrt«, sagte Hahn, »dann wollte ich da nicht reingehen.«
»Aber jetzt hat es nicht gestunken?«
Erneutes Nicken.
»John hat mal eine nach mir geworfen.«
»Was?«
»Eine Stinkbombe.«
»Aber jetzt hat es nicht gestunken, so daß Sie hineingehen konnten?«
»Sie warfen den Baum in ein Auto, und ich lief los, um noch rechtzeitig hinzukommen.«
»Haben Sie es geschafft?«
Vincent hob den Kopf und starrte Beatrice an.
»Sind Sie noch hingekommen, ehe die beiden losfuhren?«
Sie bemühte sich, freundlich mit Hahn zu sprechen. Er schwieg. Sein durchdringender Blick machte ihr angst. Dieses Schwein hat einen Kollegen von mir umgebracht, dachte sie. Sie wiederholte still für sich immer wieder: Schwein! Stählte sich und starrte zurück.
Vincent Hahn ließ den Kopf auf die Brust sinken.
»Ich will nach Hause«, sagte er schleppend.
Haver stand auf, schaltete das Tonbandgerät ab und nickte dem Vollzugsbeamten zu, der Hahn am Arm packte. Willenlos ließ Vincent Hahn sich abführen. Haver schaltete das Aufnahmegerät noch einmal an und erklärte das Verhör für beendet.
»Was denkst du?« fragte er Bea.
»Er ist völlig verrückt«, erwiderte sie, »aber ich glaube ihm, daß er John auf dem Vaksala torg gesehen hat, vielleicht sogar am Tag des Mordes. Das könnte hinkommen. John verläßt Micke Andersson, der in unmittelbarer Nähe des Platzes wohnt, kommt auf die Idee, einen Weihnachtsbaum zu kaufen, oder wenigstens nach einem zu schauen, und trifft jemanden, der ihm anbietet, ihn mit dem Baum nach Hause zu fahren. Der Wagen könnte durchaus auf dem Schulhof gestanden haben. Kann man dort abends aus und ein fahren?«
»Ich meine schon. Es gibt Ausfahrten zur Salagatan und zur Väderkvarnsgatan.«
»Wer war der Mann, der wie ein Soldat aussah?«
»Ja, genau. Wie ein Soldat, was soll das überhaupt bedeuten? War es seine Art, die Hahn an einen Soldaten denken ließ, oder die Kleidung?«
»Was haben wir für Armee-Einheiten in der Stadt?«
»Zwei
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