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Der Tote im Schnee

Der Tote im Schnee

Titel: Der Tote im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Eriksson
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schüttelte den Kopf, brachte ein Danke heraus, drehte sich um und ging mit langen, entschlossenen Schritten los. Nach einer Weile begann er zu laufen. Hundert Meter weiter passierte er das Schild, von dem die Frau gesprochen hatte. Das Heck eines Autos verschwand auf dem notdürftig geräumten Weg. Ein weiteres Auto näherte sich. Justus lief immer schneller, bis der Atem wie eine Wolke um ihn hing und die Tränen auf seinen Wangen gefroren. Dann blieb er plötzlich stehen, wischte sich die Wangen mit dem Handrücken ab und beschloß, nie wieder in die Wohnung in Gränby zurückzukehren. Er setzte seinen Weg etwas langsamer fort und versuchte sorglos auszusehen, doch weil er so verzweifelt war, spannten sich seine Muskeln wie Stahlseile. Sein Herz pochte heftig.
    Ein drittes Auto fuhr an ihm vorbei, und der Fahrer starrte ihn neugierig an. Justus zeigte ihm den Finger und ging weiter. Als die Autogeräusche verklungen waren, sah er sich um. Über den Bäumen stieg eine dünne Rauchsäule auf, die aus dem Schornstein des kleinen Hauses stammte. Dann machte der Weg eine Kurve.
    Er wußte, daß all das Furchtbare begonnen hatte, als John aus der Werkstatt geworfen worden war. Bis dahin waren sie glücklich gewesen. Nie zuvor hatte er gehört, daß Berit und John sich ernsthaft gestritten hätten. Erst danach begannen die nächtlichen Diskussionen, von denen sie glaubten, Justus würde sie nicht hören. Die ewigen, halb erstickten Stimmen aus der Küche oder dem Wohnzimmer. Manchmal war kaum zu verstehen, wer von ihnen sprach. Um Geld war es gegangen, er wußte es, weil er leise aufgestanden war und gelauscht hatte. Einmal hatten sie auch über ihn gesprochen.
    Justus beschleunigte unbewußt seinen Schritt. Mit jedem Meter wuchs die Sehnsucht nach dem Vater. Wie weit würde er gehen müssen, bis der Schmerz verschwand?
    Er gelangte zu einer Kreuzung, an der er einen Moment lang unentschlossen stehenblieb. Ihm war der Gedanke gekommen, das zu zerstören, was seinen Vater kaputtgemacht hatte. Plötzlich schoß ihm durch den Kopf, daß Berit vielleicht an allem schuld war. Wenn es tatsächlich stimmte, daß sie einen anderen hatte. Justus schluchzte, als er an den Schatten dachte, der in der Tür seines Zimmers auftauchte, wenn sie glaubte, daß er schlief. Dann stand sie einfach nur da und sah ihn an. Hatte sie John betrogen? War er deshalb gestorben?
    Er wollte das nicht glauben, aber der Gedanke ließ ihn nicht los und schob sich wie ein dunkler Keil in sein Bewußtsein. Hatte er sie bestrafen wollen? War es richtig gewesen, die Prinzessinnen zu töten? Seine Einsamkeit trieb ihn in die Schneewälle am Straßenrand. Die Kälte kroch in seinen Körper; er zog die Beine an und legte den Kopf auf die Knie. Ein Auto näherte sich und bremste ab, doch Justus hatte nicht mehr die Kraft, sich Gedanken darüber zu machen. Der Wagen hielt, eine Tür wurde geöffnet, und das Geräusch des Autoradios strömte ins Freie. Die Schritte des Autofahrers wurden durch den Schnee gedämpft, aber Justus hörte, daß sie näher kamen.
    So ist Papa gestorben, dachte er. Er starb im Schnee. Justus wollte sich nach hinten fallen lassen. Eine Hand legte sich auf seine Schulter.

36
    Ann Lindell rief aus Berits Wohnung Ola Haver an und erzählte ihm, daß Justus am frühen Morgen weggegangen war und sich seitdem nicht mehr gemeldet hatte. Der Anblick der geköpften Fische hatte ausgereicht, um Lindell davon zu überzeugen, daß dies sonst nicht seine Art war. Etwa zwanzig der Prinzessinnen von Burundi hatte Berit vom Fußboden aufgesammelt und auf einen Teller gelegt.
    Ola hatte Ann nicht gefragt, warum sie ihn am Vorabend angerufen hatte, so daß sie nicht wußte, ob er wütend auf sie war. Seine Stimme hatte wie immer geklungen, er würde gleich vorbeikommen, um mit Berit zu sprechen.
    Lindell überlegte zu gehen, bevor er kam, wollte Berit jedoch auch nicht allein lassen. Wenn sie ehrlich war, wollte sie Ola treffen. Sie hatte ein schlechtes Gewissen wegen dem, was vorgefallen war, und wollte zumindest versuchen, ihm ihre Einmischung in die Ermittlungen zu erklären.
    Er kam nach einer Viertelstunde, nickte Ann zu und gab Berit die Hand. Sie setzten sich in die Küche, und Berit erzählte, was passiert war. Der Teller mit den Fischen stand auf der Arbeitsfläche. Lindell schien, daß sie bereits stanken.
    Sie musterte Ola Haver. Er sah müde aus. Die Falten in seinem Gesicht, die sie normalerweise gar nicht registrierte, traten deutlicher

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