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Der Tote im Schnee

Der Tote im Schnee

Titel: Der Tote im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Eriksson
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Gesicht mit klaren Augen.
    »Nein, im Gegenteil, hätte ich beinahe gesagt. Er ist tot.«
    Der Mann ließ die Zigarette auf die Erde fallen und trat sie aus.
    »Ich kannte seine Eltern«, sagte er, »Albin und Aina.«
    Berglund sah plötzlich einen Zusammenhang. Es war ein diffuses Gefühl, daß im Grunde nichts mit der Aufklärung des Mordes zu tun hatte, sondern vielmehr von der angenehmen Stimme des Mannes und seiner Ausstrahlung ausgelöst worden war. Manchmal verließ Berglund sich einfach auf seine Intuition.
    Er vermutete, daß der Mann Arbeiter gewesen war, vielleicht auf dem Bau. Seine wettergegerbte Haut sprach dafür, daß sie viele Jahre Sonne, Kälte und Wind ausgesetzt gewesen war. Sein Dialekt verriet ihn ebenso wie seine Art, einen Mantel zu tragen, wie der etwas mottenzerfressene, aber dennoch ordentliche Hut und die Hände mit den kräftigen Fingernägeln. Gepflegt sah er aus, ein bißchen gebeugt, aber dennoch stattlich.
    Wenn sie sich ein wenig unterhalten könnten, würde er vielleicht manche Zusammenhänge besser verstehen. Trotz des Altersunterschieds von ungefähr fünfzehn Jahren würden sie bestimmt eine ganze Reihe gemeinsamer Bekannter, ähnliche Erfahrungen und Bezugspunkte haben.
    Um ein Verbrechen aufzuklären, mußte man Verhaltensmuster durchschauen, das wußte Berglund, und so gesehen war der Mann mit seinen sozialen Kontakten, seinen Gesten und seiner Sprache ein Teil der Lösung. Nichts war unmöglich, solange man in der Lage war, das Puzzle der Stadt zu legen, die einzelnen Teile zu einem Ganzen zusammenzufügen.
    »Wohnen Sie in der Nähe?«
    Der Mann machte eine Kopfbewegung.
    »Marielundsgatan«, sagte er, »aber im Moment bin ich auf dem Weg zu meinem Sohn. Er wohnt in Salabackar.«
    »Ich werde hier wohl noch eine Stunde stehen müssen«, meinte Berglund, »aber wir könnten uns vielleicht auf einen Kaffee treffen?«
    Der Mann nickte, als wäre es das Natürlichste auf der Welt, von einem Polizisten auf der Straße angesprochen zu werden und anschließend einen Kaffee mit ihm zu trinken.
    »Ich brauche ein paar Hintergrundinformationen«, meinte Berglund.
    »Das habe ich schon verstanden«, entgegnete der Mann.
    »Ich heiße Oskar Pettersson. Ich stehe im Telefonbuch, rufen Sie mich an. Gegen acht bin ich wieder zu Hause. Ich bringe meinem Sohn nur ein wenig Hering und andere Kleinigkeiten.«
    Er hob die Tüten hoch und stieg in den Bus, der soeben gehalten hatte. Berglund sah ihn Platz nehmen. Der Mann schaute nicht aus dem Fenster, warum sollte er auch?
    Berglund harrte noch bis sieben Uhr aus. Einige Fahrgäste hatten gemeint, John zu erkennen, aber niemand wußte etwas Genaueres zu berichten, niemand hatte ihn an der Haltestelle gesehen.
    Berglund kehrte ins Polizeipräsidium zurück. Es war kalt, und er fror. Er hatte zu Hause angerufen und Bescheid gesagt, daß er Überstunden machen mußte. Seine Frau war nicht überrascht gewesen.
    Berglund wollte nicht in sein Büro gehen. Statt dessen holte er sich einen Kaffee am Automaten und ließ sich in einen durchgesessenen Sessel fallen. Ein paar Kollegen von der Schutzpolizei kamen herein. Sie sprachen über Weihnachten. Berglund nahm seinen Kaffee und ging zum Diensthabenden hinaus. Es war nichts Aufsehenerregendes passiert, aber als Berglund den Kaffee ausgetrunken hatte und wieder los wollte, ging ein Notruf ein. Er blieb stehen, hörte, wie Streifenwagen nach Sävja dirigiert wurden und begriff, daß Fredriksson nun lange würde arbeiten müssen.
    »Ein Überfall auf eine Frau«, erklärte der diensthabende Beamte.
    Berglund trat in die Dezemberdunkelheit hinaus.
     
    Oskar Pettersson bewohnte eine Dreizimmerwohnung in der Marielundsgatan, einer kurzen Stichstraße in Almtuna. Berglund lehnte Kaffee ab. Pettersson holte eine Büchse Bier und zwei Gläser und stellte alles auf den Küchentisch. Das Radio lief. Der Mann lauschte einige Sekunden, so als hätte er etwas gehört, das ihn interessierte, ehe er das Gerät mit einer nachdenklichen Bewegung ausschaltete.
    »Mittlerweile höre ich nur noch P 1«, sagte er. »Meine Ohren vertragen nichts anderes.«
    Berglund schenkte sich ein wenig Bier ein. Zunächst sich und dann dem Mann, der ihm gegenübersaß.
    »Also, Albin habe ich gut gekannt«, begann dieser direkt. »Wir waren entfernt miteinander verwandt, und dann bin ich ihm auch gelegentlich auf Baustellen begegnet. Als wir jung waren, sind wir oft zusammen ausgegangen. Damals war die Stadt noch klein.«
    »Sie sind

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