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Der Tote im Schnee

Der Tote im Schnee

Titel: Der Tote im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Eriksson
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erinnerte sich nicht mehr so genau, aber er verband das Wort wohl eher mit einer schlummernden Erfahrung aus der Kindheit, mit lärmenden erwachsenen Stimmen und Kindern, die nicht laut waren, nur erwartungsvoll, fein angezogen, die Haare mit Wasser glattgekämmt, und mit einem Weihnachtsmann mit angeklebtem Bart.
    »In früheren Zeiten«, Fredriksson horchte den Worten nach. Sie klangen hoffnungslos veraltet. »In früheren Zeiten«, wiederholte er laut.
    So sagte man. War früher alles besser gewesen? Er startete den Wagen, und der Motor heulte auf. Zu viele Gedanken. Zu viel Gas.
    An der Ecke Verkmästargatan und Apelgatan waren zwei Autos zusammengestoßen. Fredriksson überlegte einen Moment, ob er anhalten sollte, verzichtete jedoch darauf, als er den Gesichtsausdruck des einen Unfallbeteiligten sah. Verkehrsunfälle fielen nicht in seinen Aufgabenbereich. Als er noch Streifenpolizist gewesen war, hatte Fredriksson solche Unfälle gehaßt, nicht wegen den Verletzten, sondern weil es so viele durchgedrehte Verkehrsteilnehmer gab.
    Allan Fredriksson klingelte an Vivan Molins Tür, wartete eine Minute und klingelte dann noch einmal. Es rührte sich nichts. Er öffnete den Briefeinwurf und versuchte hineinzusehen. Ein schwacher Lufthauch aus einer ungelüfteten Wohnung schlug ihm entgegen. Auf dem Fußboden war weder Post noch eine Zeitung zu erkennen. Als er die Klappe des Briefeinwurfs losließ, glaubte er gleichzeitig ein leises Knacken in der Wohnung zu hören, so als hätte jemand einen Lichtschalter betätigt. Er lauschte und öffnete erneut den Briefeinwurf, aber jetzt war es vollkommen still. Hatte er sich geirrt? Er richtete sich auf und holte das Handy und den Zettel mit Vivan Molins Telefonnummer heraus. Er ließ es sechsmal klingeln, aber aus der Wohnung drang kein Geräusch. Entweder die Leitung war tot oder die Frau hatte das Telefon herausgezogen.
    Fredriksson blieb in Gedanken versunken stehen. Er drehte sich um und studierte die Tür des Nachbarn. »M. Andersson« stand auf dem Briefeinwurf. Er klingelte. Unmittelbar darauf wurde die Tür von einer Frau geöffnet, so als hätte sie bereits die Hand auf der Klinke gehabt. Sie war etwa siebzig Jahre alt und hatte lange weiße, zu einem Zopf geflochtene Haare. Die Hand auf der Klinke war ausgemergelt, und unter der Haut sah man große, geschwollene, blauschwarze Adern.
    Er stellte sich vor und erklärte, daß er Vivan Molin suche.
    »Da stimmt was nicht«, sagte die Frau sofort.
    »Inwiefern?«
    »Heute vormittag habe ich seltsame Geräusche gehört. Gestern am späten Abend ist ein Mann gekommen.«
    »Wann war das?«
    »Gegen elf. Ich hatte gerade die Sülze fertig. Ich fahre heute nachmittag nämlich nach Kristinehamn und will sie mitnehmen. Er stand draußen und rief von der Straße hoch.«
    »Wie sah er aus?«
    »Das habe ich nicht so gut sehen können, aber er trug eine Mütze. Vivan hat ihn ins Haus gelassen.«
    »Ist sie runtergegangen und hat die Haustür geöffnet?«
    »Ja, ab neun ist die Tür abgeschlossen.«
    »Die Geräusche, von denen Sie gesprochen haben, wie klangen die?«
    »Wie Schreie. Da ist was passiert. Ich wollte schon fast die Polizei rufen, aber man soll sich ja nicht in anderer Leute Angelegenheiten einmischen.«
    »Wie gut kennen Sie Vivan Molin? Bekommt sie oft abends noch Besuch?«
    »Nein, nie. Es ist immer ruhig in diesem Treppenhaus.«
    »Geht sie arbeiten?«
    »Sie ist krankgeschrieben. Ausgebrannt, wie man das heute nennt.«
    Fredriksson bedankte sich für die Auskünfte und ging auf die Straße hinunter, wo er den diensthabenden Beamten im Präsidium anrief. Acht Minuten später war ein Streifenwagen vor Ort und unmittelbar darauf traf ein Schlosser von Pettersson & Barr ein. Es war ein junger Bursche mit Rastalocken, kaum älter als zwanzig.
    Fredriksson und die uniformierten Kollegen berieten, wie sie vorgehen sollten. Wenn Vincent Hahn sich in der Wohnung aufhielt, konnte er durchaus bewaffnet sein. Er dürfte kaum über eine Schußwaffe verfugen, wahrscheinlicher war ein Messer oder eine andere Hiebwaffe.
    Der Rastamann brauchte dreißig Sekunden, um das Schloß zu öffnen. Er pfiff bei der Arbeit, und Fredriksson bat ihn, still zu sein.
    Slättbrant, der bei den Kollegen für seine ruhige Art bekannt war, öffnete die Tür ein wenig.
    »Polizei!« rief er durch den Türspalt. »Ist jemand zu Hause?«
    Stille.
    »Hier spricht Torsten Slättbrand von der Polizei. Ich komme jetzt herein.«
    Er schlug die Tür auf

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