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Der Tote im Schnee

Der Tote im Schnee

Titel: Der Tote im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Eriksson
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Uppsala gebe, der eventuell mehr wissen könne, nannte Wolfgang Hahn seine frühere Frau, die sporadisch Kontakt zu Vincent hielt.
    »Wie läuft es denn in Svedala? Ich habe gehört, daß bei euch bald mehr Araber sind als bei uns, und wir haben Probleme mit unseren.«
    »Das liegt vielleicht daran, daß ihr ihnen das Land geklaut habt«, erwiderte Fredriksson sanft. »Wie hieß Tel Aviv vor fünfzig Jahren?«
    Wolfgang Hahn lachte.
    »Wie ich höre, hat sich das sogar bei der Polizei herumgesprochen«, erwiderte er ohne Groll in der Stimme.
    »Gibt es weiße Weihnachten?« lautete die letzte Frage des ausgewanderten Schweden. Erst als Fredriksson schon aufgelegt hatte, fiel ihm auf, daß Wolfgang Hahn ihn nicht gefragt hatte, warum die Polizei nach seinem Bruder suchte.
    Vivan Hahn stand als »med.-techn. Assistentin« im Telefonbuch, wohnhaft in der Johannesbäcksgatan. Laut Wolfgang war sie seit längerem krankgeschrieben, aber er wußte nicht warum. Sie hatten keine gemeinsamen Kinder, und sie lebte allein. Vor ein paar Jahren hatte sie einen Freund gehabt, aber der schien mittlerweile ausrangiert worden zu sein. Vivan Molin ging nicht an den Apparat.
    Fredriksson rief die Versicherungskasse an. Sie war nicht krankgeschrieben, ein Arbeitgeber war auch nicht registriert. Ihre letzte Stelle war eine Vertretung im Biomedizinischen Zentrum am Stadtrand gewesen. Dort hatte sie bis Ende August gearbeitet.
    Wie wahrscheinlich war es, daß Vincent Hahn seine ehemalige Schwägerin aufgesucht hatte? Seinem Bruder in Tel Aviv zufolge verstanden sich die beiden nicht besonders gut. Fredriksson seufzte. Jönsson und Palm gingen in Sävja von Haus zu Haus, aber bislang hatten die Gespräche mit Hahns Nachbarn in der Bergslagsresan nicht das geringste gebracht. Die meisten konnten ihren Nachbarn anhand des Fotos, das ihnen die Polizei gezeigt hatte, nicht identifizieren. Der nächste Nachbar, ein Bosnier aus Sarajewo, hatte nur ironisch gelächelt, als Jönsson ihn gefragt hatte, ob er mit Vincent Hahn in persönlichem Kontakt stehe.
    Fredriksson schob die Blätter zur Seite. Im Grunde wollte er sich gar nicht mit Hahn beschäftigen. In Gedanken war er viel mehr bei dem Mord am kleinen John. Er war sicher, daß sie ihn aufklären würden, wobei seine Überzeugung nicht auf etwas Konkretem beruhte, sondern sich auf ein Gefühl stützte, dem langjährige Erfahrung zugrunde lag. Er wußte, wie groß die Wahrscheinlichkeit war, in Johns Kreisen einen Mörder zu finden. Die Pokerpartie und Johns angeblicher Riesengewinn waren ein glaubwürdiges Motiv. Den Täter mußten sie im Kreis der illegalen Glücksspieler suchen, davon war Fredriksson hundertprozentig überzeugt. Jetzt kam es nur noch darauf an, das Knäuel zu entwirren.
    Er hatte eine mögliche Verbindung zwischen dem kleinen John und Hahn mit Haver diskutiert, aber sie waren beide skeptisch gewesen. Es konnte ebensogut reiner Zufall sein, daß die beiden Schulkameraden waren. Der Mord am kleinen John war nicht das Werk Hahns. Zwar wußten sie herzlich wenig über dessen Profil, seinen Hintergrund und sein Verhalten, aber allein die Tatsache, daß John auf der Schneekippe in Libro gefunden worden war, sprach gegen Hahn als Täter. Wie sollte er, ohne Auto und Führerschein, die Leiche dorthin verfrachtet haben?
    Jemand hatte den Gedanken geäußert, daß Hahn sich auf grausame Weise an allen alten Schulkameraden rächen wollte, die Haustiere besaßen: an John mit seinen Fischen und Gunilla Karlsson mit ihrem Kaninchen. Daß er sich als eine Art Befreier der Tiere sah, aber in Fredrikssons Augen war das etwas arg weit hergeholt.
    Er rief erneut bei Vivan Molin an, wieder ohne Erfolg. Sollte er nach Johannesbäck fahren und schauen, ob sie zu Hause war? Letzten Endes war Vivan Molin der einzige Name, den er hatte. Vielleicht würde sie ihm einen Tip geben können, an wen Vincent Hahn sich möglicherweise gewandt hatte?
    Fredriksson zog die Schuhe aus, schnürte seine Stiefel, nahm die Pelzmütze vom Haken und machte sich auf den Weg.
    Dezember. Die Sonne hatte es gerade so über den Horizont geschafft, was allerdings keine große Rolle spielte, denn dunkle Wolkenbänke hingen tief über Uppsala, und Schnee lag in der Luft. Allan Fredriksson setzte sich in den Wagen, zögerte jedoch ein paar Sekunden, ehe er startete. Weihnachtsfeier. Das Wort tauchte aus dem Nichts auf. Bei der Polizei hatte es durchaus Weihnachtsfeiern gegeben, zumindest bis in die siebziger Jahre hinein. Er

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