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Der Tote im Schnee

Der Tote im Schnee

Titel: Der Tote im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Eriksson
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hattest du gerade Edvard kennengelernt.«
    Ann stand auf, ging zur Spüle und warf einen Blick unter das Handtuch.
    »Der muß bestimmt noch was gehen«, sagte Haver.
    Ann lehnte sich an die Spüle und sah ihn an.
    »Ich war damals so verwirrt«, meinte sie, »und so verletzlich, auf der Arbeit und privat, nachdem Rolf mich verlassen hatte.«
    »Du hast einfach kein Glück mit den Männern. Faß das um Himmels willen nicht als Kritik auf«, beeilte er sich hinzuzufügen, als er ihren Gesichtsausdruck bemerkte. »Vielleicht konzentrierst du dich nur zu sehr auf den Job und vergißt darüber dich selbst.«
    »Mich selbst«, sagte sie schnaubend. Sie ging zur Speisekammer, holte eine Weinflasche heraus und schenkte sich ein Glas ein.
    »Ich stille ab«, sagte sie.
    »Du trinkst Rioja, wie immer«, erwiderte Haver irgendwie erleichtert.
    Sie setzte sich, und sie unterhielten sich weiter über den kleinen John. Ann wollte auch alle Details über den Überfall in Sävja und den Mord in der Johannesbäcksgatan hören. Haver sah ihren Eifer und merkte, daß sein Gehirn zum ersten Mal seit Beginn der Ermittlungen richtig in Schwung kam. Bisher war er darauf fixiert gewesen, alles richtig zu machen. Immerhin trug er formal die Verantwortung für den Fall. Jetzt konnte er den Gedanken freien Lauf lassen, wie er es früher immer in seinen Diskussionen mit Ann getan hatte. Sieht sie mich als einen Konkurrenten, überlegte er, weil ich im Moment ihren Platz im Kommissariat übernommen habe, während sie zu Hause hocken muß? Er glaubte es nicht. Ann ging es nicht ums Prestige, und sie besaß eine natürliche Autorität, die sie sofort in ihre frühere Position bringen würde, wenn sie wieder arbeiten kam.
    »Wie geht es den Mädchen?« fragte sie, als das Gespräch über John langsam verebbte.
    »Denen geht es gut, sie wachsen und gedeihen.«
    »Und Rebecka?«
    »Ich denke, es geht ihr ähnlich wie dir. Sie will wieder arbeiten gehen. Glaube ich jedenfalls. Sie wirkt so rastlos, aber vor ein paar Tagen hat sie davon gesprochen, nicht mehr in den Pflegebereich zurück zu wollen. Wegen der ganzen Einsparungen und dem Politikergerede.«
    »Ich habe einen Artikel von Karlsson gelesen, dem Landrat. Ich kann nicht behaupten, daß ich beeindruckt war.«
    »Wenn Rebecka seine Visage in der Zeitung sieht, flippt sie völlig aus.«
    Ann schenkte sich noch ein Glas ein.
    »Ich sollte vielleicht zusehen, daß ich nach Hause komme«, meinte Haver, blieb jedoch sitzen.
    Er hätte anrufen sollen, es wäre ihm aber vor Ann peinlich gewesen, wenn er Rebecka erklären müßte, wo er sich aufhielt. Es war lächerlich, doch im Moment wollte er nicht an seine Frau denken, nicht an den Stillstand in ihrer Beziehung, eine Art Waffenstillstand, bei dem keine Seite willens war, den Schützengraben zu verlassen oder die Waffen niederzulegen.
    »Du siehst bekümmert aus«, sagte Ann.
    Plötzlich wollte er ihr alles erzählen, überspielte seine Gefühle dann jedoch und meinte, er habe viel zu tun.
    »Na ja, du weißt schon, wie das ist, man rennt und rennt, hetzt hin und her, und die ganze Zeit kommt neuer Mist dazu. Sammy ist völlig frustriert. Seine Arbeit mit den Jugendgangs ist ganz zum Erliegen gekommen. Dabei hatte die Sache so gut angefangen, aber jetzt sind dafür weder genügend Leute noch das nötige Geld da.«
    »Wir sollten eine Nachricht an alle Strolche schicken: Wir möchten Sie freundlichst bitten, im nächsten halben Jahr auf Körperverletzungen und Morde zu verzichten, da wir im Moment mit einem Jugendprojekt beschäftigt sind und für anderes leider keine Zeit haben.«
    Haver lachte. Er wollte noch einen Schluck Bier trinken, mußte jedoch entdecken, daß seine Flasche leer war. Ann stellte ihm eine neue hin, und er trank, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, daß er noch fahren mußte. Jetzt sollte ich wirklich anrufen, dachte er erneut, und stellte die Flasche auf den Tisch.
    »Du hattest Durst«, meinte Ann.
    »Ich muß mal kurz telefonieren.«
    Er ging in den Flur hinaus und kehrte fast sofort wieder zurück.
    »Alles in Ordnung«, sagte er, aber Ann las etwas anderes in seinem Gesicht.
    Sie schwiegen eine Weile. Ann nippte an ihrem Wein, und Haver sah sie an. Ihre Blicke trafen sich über den Rand des Weinglases hinweg. Havers unerwartete Lust regte sich wieder. Er tastete nach der Bierflasche. Ann legte ihre Hand auf seine.
    »Erzähl«, sagte sie.
    »Manchmal habe ich das Gefühl, ich sollte mich scheiden lassen, obwohl ich

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