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Der Tote im Schnee

Der Tote im Schnee

Titel: Der Tote im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Eriksson
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andere hatten nur mit den Schultern gezuckt und waren weitergegangen. Sie waren nicht empfänglich für die Floskeln der Polizeiführung. Das Gerede von einem erfolgreichen Jahr, trotz großer Probleme, klang verlogener als üblich. Ein Kollege, der als Streifenpolizist arbeitete, hatte gelacht. Haver war weitergegangen. Er hatte keine Klagen hören wollen, auch wenn sie berechtigt waren.
    Statt nach Hause zu fahren, schaute er noch bei Ann Lindell vorbei. Es war Monate her, daß er sie das letzte Mal besucht hatte. Jetzt wollte er mit ihr reden. Vielleicht hatten die sinnlosen Litaneien seines Chefs die Idee in ihm keimen lassen, sie zu besuchen, vielleicht auch die Sehnsucht, den Mord am kleinen John mit ihr diskutieren zu dürfen. Sie würde sicher nichts dagegen haben, denn sie sehnte sich nach ihrer Arbeit.
    Sie empfing ihn in einer Schürze, mit Mehl auf der Brust und an den Händen.
    »Komm rein, ich backe«, sagte sie und schien über seinen unangekündigten Besuch nicht weiter überrascht zu sein.
    »Meine Eltern kommen über Weihnachten, da muß ich mich ausnahmsweise mal als tüchtige Hausfrau präsentieren.«
    »Mit anderen Worten, du wirst unter die Lupe genommen«, meinte Haver und spürte sofort wieder, wie nahe er und Ann sich standen.
    Er beobachtete sie, als sie den Teig fertigknetete. Seit Eriks Geburt war sie etwas rundlicher geworden, aber nicht viel. Die zusätzlichen Kilos standen ihr gut. Sie legte ein Handtuch über den Teig.
    »Jetzt muß er gehen«, sagte sie zufrieden. »Wie steht’s?«
    Sie setzte sich Haver gegenüber. Er unterdrückte einen Impuls, sie zu berühren, war verwirrt.
    »Du hast Mehl im Gesicht«, sagte er.
    Sie sah ihn ein wenig spöttisch an und strich sich mit der Hand über die Wange, was zur Folge hatte, daß sie im Gesicht noch weißer wurde.
    »Besser?«
    Haver schüttelte den Kopf. Er war froh, Anns vertraute Stimme zu hören. Ihre nackten mehligen Arme erregten ihn. Vielleicht hatte sie das gemerkt, denn sie sah ihn ein wenig verwirrt an. Ihre gemeinsame Verwirrung elektrisierte die Luft zwischen ihnen. Nie zuvor hatte er so für Ann empfunden. Woher kam diese plötzliche Begierde? Sicher, er hatte sie schon immer attraktiv gefunden, jedoch niemals diese aufwallende Hitze und anhaltende Lust erlebt.
    Ann wiederum konnte sich keinen Reim auf den Ausdruck in seinem Gesicht machen. Sie kannte ihn so gut, daß sie geglaubt hatte, jede einzelne seiner Stimmungen deuten zu können, aber das hier war etwas Neues.
    »Wie läuft es mit dem kleinen John?«
    »Wir glauben, daß ein Pokergewinn eine Rolle spielt«, antwortete Haver und erzählte ihr von den Vernehmungen der Spieler und dem angeblichen Riesengewinn.
    »Hat er häufig gespielt?«
    »Ja, mehrere Personen haben bestätigt, daß er des öfteren mitgespielt hat, aber nie um derart hohe Beträge.«
    »Um sich auf eine solche Partie einzulassen, muß man entweder mutig, dumm oder reich sein, oder eine Kombination von allem«, meinte Ann.
    Tatsächlich hatten sich Havers Gedanken in ähnlichen Bahnen bewegt.
    »Und er muß einen Grundstock gehabt haben«, fuhr Ann fort.
    Haver wollte sie sprechen hören. Wie wichtig doch gute Kollegen sind, dachte er. Ann ist das Herz unseres Kommissariats.
    »Ja, er scheint ein bißchen was gehabt zu haben. Im September hat er einem seiner Freunde zehntausend Kronen geliehen.«
    »Das ist nun keine Riesensumme.«
    »Wenn man schon länger arbeitslos ist, dann ist das ziemlich viel.«
    »Möchtest du einen Kaffee?«
    »Nein, danke. Aber etwas anderes zu trinken.«
    Ann holte ihm ein Weihnachtsbier. Sie wußte, daß er gerne mal ein dunkles Bier trank.
    »Erinnerst du dich noch, als wir auf dieser Konferenz draußen in Grisslehamn waren?« fragte er, ehe er ein paar Schlucke aus der Flasche trank.
    »Ich erinnere mich nur, daß Ryde betrunken wurde und anfing, Ottosson zu beschimpfen.«
    »Du hast damals etwas gesagt, das mir seither nicht aus dem Kopf gegangen ist. Etwas über die Bedingungen der Liebe.«
    Ann verlor für einen Moment die Fassung, fand aber gleich wieder zu einem leichten Tonfall zurück.
    »Wirklich, dann muß ich auch schon ziemlich blau gewesen sein.«
    »Du hattest tatsächlich ein bißchen Wein getrunken«, meinte Haver und bereute seine Worte bereits, vermochte jedoch den Strom nicht zu stoppen, der sich in seinem Inneren während der letzten Wochen immer stärker Bahn gebrochen hatte.
    »Daran erinnere ich mich nicht«, bemerkte Ann zurückhaltend.
    »Damals

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