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Der tote Junge aus der Seine - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a

Titel: Der tote Junge aus der Seine - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a
Autoren: Alexandra Grote
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bröckeligen Verfugung lösten. Vorsichtig legte er sie zur Seite. Er steckte die Taschenlampe in die Hosentasche und setzte den rechten Fuß in eines der Löcher, zog sich an zwei Mauervorsprüngen hoch, und schob den linken Fuß in die zweite Öffnung. Jetzt war er auf Augenhöhe mit dem Luftschacht und spähte vorsichtig durch das grobmaschige Gitter.
    Mit einem Schlag wurde ihm klar, wo dieser Gang endete.
    Unter der alten Klosterkirche.
    Die Öffnung, durch die er blickte, befand sich seitlich in Bodenhöhe im vorderen Teil der Apsis. LaBréas Blickfeld ging bis zum Altar und ins Mittelschiff der Kirche. Was er hier sah, versetzte ihn in höchstes Erstaunen. Es gab keine normalen Betstühle und Kirchenbänke in dem sakralen Raum. Das Gotteshaus mit seinen wuchtigen Mauern und dem Bogengewölbe war beinahe leer, bis auf eine Reihe
roter Ledersessel, die frontal zum Altar standen. Sessel, in denen man versinken konnte, die bequem wirkten und nicht dazu vorgesehen schienen, dass man darin einer Messe beiwohnte.
    Auf dem Altar brannten große Kerzen, auch an Wandhaltern im Mittelschiff waren Kerzen angezündet und verbreiteten eine gespenstische Atmosphäre.
    In LaBréas Kopf drehte sich alles. Hier also war der Ort! Wieso hatte er das in seine Überlegungen nicht miteinbezogen? Michel Delpierre hatte die Kirche überhaupt nicht erwähnt, er sprach nur vom Kloster!
    Kein Mensch war zu sehen, doch erneut hörte er die Geräusche, die er kurz zuvor bereits vernommen hatte. Schritte.
    Jetzt bemerkte er, wie aus dem rechten Querschiff vier Gestalten in sein Blickfeld rückten. Sie trugen lange, weiße Gewänder und rote Kapuzen, die ihre Köpfe völlig bedeckten und ihnen das Aussehen von Henkern verliehen. An Mund, Nase und Augen waren schmale Schlitze in den roten Stoff geschnitten.
    LaBréa wich unwillkürlich zurück, um nicht entdeckt zu werden. Ein Schauer fuhr ihm über den Rücken. Er ahnte, was dieser Mummenschanz zu bedeuten hatte, und wusste gleichzeitig, dass es keine Möglichkeit für ihn gab einzugreifen und das zu verhindern, was geschehen würde. Er war in dem Geheimgang gefangen. Die einzige Verbindung zur Außenwelt bestand in dieser vergitterten Öffnung, die ihm nichts nützte. Im Gegenteil, er durfte nicht entdeckt werden! Die Männer, die Chantal Coquillon ausgeschaltet hatten, würden nicht zögern, das Gleiche mit ihm zu tun.

    Vorsichtig äugte er durch das Gitter. Die vier vermummten Gestalten nahmen jetzt auf den roten Ledersesseln Platz. Sie lehnten sich zurück und schlugen die Beine übereinander, als säßen sie im Theater und warteten auf den Beginn der Vorstellung.
    Niemand sprach ein Wort. Eine unheimliche Stille lag über dem Kirchenschiff. LaBréa spürte, wie seine Finger taub wurden. Wie lange würde er sich noch an der Wand halten können? Er biss die Zähne zusammen, atmete flach und starrte wie gebannt auf die vier Henkergestalten.
    Plötzlich ertönte laute Musik. Ein elektronischer Sound, ähnlich einem Choral. Er klang ebenso bombastisch wie schauerlich. LaBréa erschrak derart, dass er beinahe zurückgezuckt und abgerutscht wäre. Mit letzter Kraft klammerte er sich an die Mauervorsprünge und presste seine Füße in die Löcher.
    Ein Scheinwerfer wurde angeschaltet. Sein Licht fiel auf den Altar und einen Teil der Apsis, erreichte jedoch nicht die Stelle, wo LaBréa sich befand. Die Köpfe der Kapuzenmänner drehten sich nach links. Dort, unweit der Apsis, auf der Seite von LaBréas Luftschacht, öffnete sich eine kleine Holztür. Sie war etwa drei Meter von seinem Beobachtungsposten entfernt.
    Eine fünfte Gestalt, genauso vermummt wie die anderen, schob einen schmächtigen Körper vor sich her. LaBréa erkannte ein Paar nackte, dünne Beine und Füße ohne Schuhwerk.
    Ein Kind.
    Es blieb stehen, wollte nicht weitergehen. Der Vermummte gab ihm einen kräftigen Stoß, und das Kind stolperte vorwärts.
LaBréa sah, dass seine Hände auf dem Rücken gefesselt waren und ein grobes, kurzes Leinenhemd seinen Körper verhüllte. Wie ein Büßerhemd, das man einem zum Tode Verurteilten anlegt, bevor man ihn zum Richtplatz führt.
    Das Kind blieb erneut stehen, drehte sich um, sein starrer Blick huschte ziellos in LaBréas Richtung und irrte weiter. Hatte man ihm Drogen verabreicht oder starke Beruhigungsmittel?
    LaBréa hielt den Atem an. Das Kind stand nur wenige Meter entfernt. Es hatte hellblonde, kurze Haare und war geschminkt. Trotz des schummrigen Kerzenlichts waren deutlich
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