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Der tote Raumfahrer

Der tote Raumfahrer

Titel: Der tote Raumfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James P. Hogan
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ein vollständiges Gesicht.
    »Wir können in zwanzig Minuten beginnen«, sagte er, um die Frage vorweg zu nehmen. »Das Plasma stabilisiert sich bereits.«
    »Nein, damit hat mein Anruf gar nichts zu tun«, entgegnete sie und sprach dabei ein wenig schneller als gewöhnlich. »Es handelt sich um Ihren Bericht Nummer 2906. Ich habe gerade die Kopie durchgesehen.«
    Oh... ja?« Sein Gesichtsausdruck veränderte sich, deutete nun so etwas wie Besorgnis an.
    »Also – eine Niobium-Zirkonium-Legierung«, fuhr sie mit einer Feststellung fort, anstatt eine Frage zu stellen,
    »mit einer beispiellosen Beständigkeit gegenüber Hochtemperatur-Oxydation und einem Schmelzpunkt, den ich, offen gesagt, für unmöglich halte, bevor ich die Tests nicht selbst durchgeführt habe.«
    »Dagegen sind unsere Plasmaabschirmer weich wie Butter«, stimmte Josef zu.
    »Und trotz der Beimischung von Niobium weist es eine geringere durchschnittliche Neutronen-Absorption auf als reines Zirkonium?«
    »Mikroskopisch, ja – unter einem Millibarn pro Quadratzentimeter.«
    »Interessant«, grübelte sie, dann fuhr sie etwas lebhafter fort: »Darüber hinaus haben wir Zirkonium in der Alpha-

    Phase mit Silizium-, Kohlenstoff- und Stickstoffverunreini-gungen, und trotzdem weist es eine hervorragende Korro-sionsbeständigkeit auf.«
    »Heißes Kohlendioxyd, Fluoride, organische Säuren, un-terchlorigsaure Salze – wir haben es mit allem ausprobiert.
    Gewöhnlich erfolgt zu Anfang eine Reaktion, aber die findet durch innere Barrierenschichten rasch ein Ende. Wahrscheinlich erfolgt eine stärkere Reaktion, wenn man stufen-weise vorgeht, verschiedene Reagenzien benutzt, in der richtigen Reihenfolge. Aber dazu wäre ein umfangreiches Instrumentarium erforderlich, das extra für diesen Zweck konstruiert werden müßte.«
    »Und die Mikrostruktur«, sagte Walerija und deutete auf die Papiere auf ihrem Schreibtisch. »Sie haben die Bezeichnung faserig verwendet.«
    »Ja. Besser kann man es nicht ausdrücken. Die Legierung scheint sich an... nun, an einer Art mikrokristallinem Gitterwerk zu stabilisieren. Es besteht hauptsächlich aus Silizium und Kohlenstoff, aber auch aus lokalen Konzentrationen einer Titanium-Magnesium-Verbindung, die wir bisher noch nicht quantifizieren konnten. Auf so etwas bin ich noch nie gestoßen. Vorschläge?«
    Ihr Blick trieb für einen Augenblick in die Ferne ab.
    »Offen gesagt, im Augenblick weiß ich auch nicht, was ich davon halten soll«, gab sie zu. »Aber ich glaube, diese Informationen sollten unverzüglich an höhere Dienststellen weitergeleitet werden; sie könnten von größerer Bedeutung sein, als es im Augenblick scheinen mag. Zuerst aber muß ich wirklich sicher sein. Nikolai kann dort unten für eine Weile übernehmen. Kommen Sie in mein Büro, und wir gehen dann alles noch einmal detailliert durch.«

    3
    Die Portlander Zentrale der Intercontinental Data and Control Corporation lag fast sechzig Kilometer östlich der Stadt – wie ein Wächter vor dem Paß zwischen dem Mount Adams im Norden und dem Mount Hood im Süden. Irgendwann in ferner Vergangenheit hatte sich hier ein kleineres Binnenmeer einen Weg durch das Kaskadengebirge zum Pazifik gefressen. Mit der Zeit war daraus der mäch-tige Columbiastrom geworden.
    Vor fünfzehn Jahren lag hier noch der Sitz des Kernwaf-fen-Forschungszentrums Bonneville, das der Regierung un-terstanden hatte. Hier hatten amerikanische Wissenschaftler in Zusammenarbeit mit der Bundesforschungsanstalt der Vereinigten Staaten von Europa in Genf die Theorie der Meson-Energetik entwickelt, aus der die Nukleonbombe hervorgegangen war. Die Theorie hatte eine ›saubere‹
    Reaktion mit größerer Wirkungskraft als die einer thermonuklearen Fusion postuliert, und die Krater, die in die Sahara gesprengt worden waren, waren dafür Beweis genug.
    Während jener Epoche waren die ideologischen und rassischen Spannungen, das Erbe des zwanzigsten Jahrhunderts, durch eine Welle von allgemeinem Wohlstand und fallenden Geburtenraten hinweggespült worden. Das war vor allem der fortgeschrittenen Technisierung des Lebens zu verdanken gewesen. Die traditionellen Barrieren, die Argwohn und Hader errichtet hatten, verloren zunehmend an Wirkung, als Rassen, Nationen, Sekten und Parteien in der weltumspannenden, homogenen Gesellschaft miteinander verschmolzen. Als sich die territorialen Irrationalitäten längst überholter politischer Ideen auflösten und die jungen Nationalstaaten ihren

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