Der Tote trägt Hut
wahrscheinlich nicht mal was davon gemerkt. Nein, ich wette, er hat sich mal wieder sinnlos mit seinen Huren betrunken, und die haben ihm einen bösen Streich gespielt. Er kriegt nichts mehr mit, wenn er besoffen ist. Mit der Geschichte von den Terroristen wollte er nur sein Gesicht wahren.«
»Warum wohnen Sie bei ihm?«, fragte ich.
»Er hat mich als unbezahlte Haushälterin aufgenommen. Ich hatte keine Arbeit mehr. Keinen Mann. Kein Glück. Ich habe Kontakt zu ihm aufgenommen und ihn gefragt, ob er nicht irgendwas für mich zu tun hätte. Er hat mich gefragt, ob ich kochen kann. Bis dahin hatte ich noch nie mit ihm im selben Haus gewohnt. Gucken Sie nicht so überrascht! Ich bin Kind Nummer vier von mindestens achtundzwanzig. Sieben verschiedene Frauen. Nur eine davon hat er geheiratet. Ich musste ihn daran erinnern, wer meine Mutter ist. Da ist nicht sonderlich viel – wie sagt man – elterliche Zuneigung im Spiel, obwohl ich ihn nachts manchmal daran erinnern muss, dass wir Blutsverwandte sind, wenn Sie verstehen, was ich meine …«
Wir setzten Mayuri zu Hause ab, und auf dem Rückweg durch die Stadt waren wir uns einig, dass sich der Kreis im Bulli-Fall geschlossen hatte. Opa und ich blieben im Auto sitzen, während Chompu mal kurz beim Dienststellenleiter des Reviers von Lang Suan reinschaute.
»Opa Jah«, sagte ich, »wie erklärst du dir das alles? Ich meine, die Entführung, diese Nachricht an mich?«
»Ich weiß nicht«, sagte er und schüttelte den Kopf. »Das Mädchen könnte recht haben. Möglicherweise hat es da jemand mit dem Sadomasochismus etwas übertrieben.«
»Nackt mit Handschellen an eine Bahnhofsbank gekettet?«
»Manche dieser Bardamen können sehr nachtragend sein, Nong Jimm. Man lässt eine sitzen und geht zu einer anderen …«
»Und was ist dann mit diesen Worten auf seinem Bauch … sa som ?«
»Es bedeutet ›zu Recht‹.«
»Ich weiß, was es bedeutet, Opa, aber warum sollten Bardamen so etwas schreiben? Findest du nicht, dass es irgendwie bedrohlich klingt? Und du glaubst doch bestimmt nicht, dass die Nachricht an mich nur Zufall war. Da muss es eine Verbindung geben.«
Ich bekam jedoch keine Gelegenheit, mir seine Antwort anzuhören. Die atemlose Rückkehr von Lieutenant Chompu unterbrach uns, als er in den Wagen sprang und uns seine kleinen, makellosen Zähne zeigte.
»Ich muss Ihnen nicht erst sagen …«, stieß er aus und keuchte, »dass es mir nicht freisteht, Ihnen davon zu erzählen, aber … es gibt gute Neuigkeiten und schlechte Neuigkeiten und gute Neuigkeiten und schlechte Neuigkeiten und schließlich gute Neuigkeiten. Aber das ist alles besser als gar keine Neuigkeiten. Womit soll ich anfangen?«
Beide funkelten wir ihn an.
»Na dann. Erstens ist das kleine Mädchen tatsächlich ein Wunderkind, denn das Benz-Kennzeichen stimmt. Man hat den Wagen gefunden. Die schlechte Nachricht ist, dass er einer Autovermietung in Phuket gehört und der Knabe, der drüben in der Ferienanlage gewohnt hat, einer ihrer Fahrer war. Er heißt Wirapon, Spitzname Keeo.«
»Das schließt ihn nicht aus«, sagte ich. »Mietwagenfahrer können auch Mörder sein.«
»Das stimmt. Aber anscheinend ist er bereit, der Polizei bei ihren Ermittlungen zu helfen. Sie holen ihn von Phuket her, zusammen mit den Unterlagen zu dem Kunden, der den Wagen gemietet hatte, und dem Fahrtenbuch.«
»Klingt für mich nicht nach einem Verbrecher«, sagte Opa Jah.
»Für mich auch nicht. Er wird so um drei hier sein, dann dürften wir ein paar Antworten bekommen. Also, wo war ich? Ach ja. Gute Nachricht Nummer zwei ist, dass wir laut Gerichtsbeschluss die Nummer der Person zurückverfolgen durften, die den Unfall von – oder besser: den Überfall auf – Sergeant Phoom gemeldet hat. Die Handynummer gehört dem Besitzer eines Ladens für Rollstühle und Gehhilfen in Lang Suan. Die schlechte Nachricht ist, dass der Besitzer sagt, er hätte nicht angerufen. Er hatte das Telefon seinem Bruder geliehen, der an diesem Tag aus Chonburi zu Besuch war. Der hatte hier unten geschäftlich zu tun und sein Ladegerät vergessen. Er meinte, sein Bruder sollte am nächsten Tag wieder zu Hause sein und wollte nicht hier-
bleiben müssen, um bei der Polizei auszusagen. Die Krankenhausnummer war im Handy eingespeichert.«
»Na, wenn das stimmt …«, sagte ich.
»… und falls der zweite Zeuge recht hatte, dass er einen Mann und eine Frau am Unfallort gesehen hat«, fügte Chompu hinzu, »heißt das, dass der andere
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