Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tote trägt Hut

Der Tote trägt Hut

Titel: Der Tote trägt Hut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
Vom Netzwerk:
werden es auch sechs bis acht, je nachdem mit wem er redet – entführt worden, in einem Milo-Schokomilch-Kühlwagen. Die Firma Milo gab an, ein solcher Wagen sei am Abend vorher gestohlen worden. Die Polizei von Lang Suan hat ihn vor ein paar Stunden hinter der Töpferei verlassen aufgefunden. Die Spurenabteilung ist drübergegangen, aber offenbar wurden die entscheidenden Stellen gut abgewischt. Alles deutet darauf hin, dass Tan Sugits Entführung wohl doch nicht seiner Fantasie entsprungen ist.«
    Chompu setzte uns zu Hause ab und versprach, sofort anzurufen, sobald er wusste, was der Mercedes-Fahrer ausgesagt hatte. Ich setzte Opa Jah vor meinen Computer und zeigte ihm, worauf er klicken sollte. Gerade war ich auf dem Weg zu Mair in den Laden, als ich unsere junge Gastfamilie wieder auf der Veranda sitzen sah. Mir fiel auf, dass Gogo bei den Kindern lag und ihnen den Bauch hinhielt. Mir hielt sie nie den Bauch hin. Anscheinend mochte sie alle Menschen, nur mich nicht.
    »Dürfte ich Sie mal was fragen?«, sagte der Vater.
    Ich hoffte, es wäre nichts Schwieriges: die Gezeiten, die Namen der Inseln, die man vage am Horizont ausmachen konnte, oder die Gattung dieser knallgrünen Vögel, die regelmäßig hinten auf unserem Zaun saßen. Meine Kenntnisse in dieser Hinsicht waren begrenzt.
    »Selbstverständlich.«
    Gemächlich schlenderte er neben mir den Weg hinter den Strandtischen entlang. Er war gut gelaunt, attraktiv, wie jung verheiratete Männer es manchmal sind, und sehr höflich, und die Frage, die er mir stellte, war einfacher als befürchtet.
    »Hätten Sie vielleicht Interesse, dieses Gelände zu verkaufen?«
    Meine erste Reaktion war, dass die Bande aus einem Hochsicherheitstrakt für gestörte Familien ausgebrochen sein musste. Ich sah über meine Schulter hinweg zu seiner Frau und den glücklichen Kindern hinüber. Sie wirkten eigentlich ganz normal.
    »Warum?«
    »Wir sind die ganze Küste abgefahren«, sagte er, »auf der Suche nach einem kleinen Hotel, das wir übernehmen könnten. Der Vater meiner Frau ist letztes Jahr verstorben und hat uns eine kleine Summe hinterlassen, mit der wir nicht gerechnet hatten. Wir träumen manchmal davon, irgendwas an der Küste aufzuziehen. Wir schwimmen nicht im Geld, aber ich könnte Ihnen ein faires Angebot machen. Es gefällt uns hier.«
    »Ach so? Warum?«
    »Haben Sie sich denn noch gar nicht umgesehen?«
    Auf sein Geheiß hin sah ich mich um. Das unentschlossene Wetter der letzten Woche riss sich endlich mal am Riemen, und ein schwarzer Pudding von einer Sturmwolke rollte auf uns zu und nahm dabei den ganzen, riesengroßen Himmel im Osten ein. Es war so ein Steven-Spielberg-Moment. Ich wusste instinktiv, dass ich dem jungen Vater gut zureden sollte, aber ich sah nur die verzweifelten Mienen seiner hungernden Kinder vor mir.
    »Hören Sie. Ehrlich. Wir sind seit neun Monaten hier und haben noch nicht mal genug verdient, dass wir davon unsere Autoreifen aufpumpen könnten.«
    »Aber das liegt nur daran, dass Sie es nicht lieben.«
    »Was?«
    »Keiner von Ihnen ist wirklich hier. Ich habe Sie beobachtet. Ich sehe Sie alle kommen und gehen, aber Sie sind nicht mit dem Herzen bei der Sache. An so einer Anlage muss man arbeiten. Sie haben nichts zu essen im Kühlschrank, keine Ware im Laden. Die Hütten sind schäbig und wenig einladend. Niemand fegt den Strand.«
    Leute fegen Strände?
    »Sie wohnen alle nur hier. Ich kann Ihnen ein Angebot machen und Ihnen Gelegenheit geben, dorthin zu gehen, wo Sie wirklich sein wollen, wo immer das auch sein mag.«
    Ich ging in den Laden und erwischte Mair dabei, wie sie eine weiße Operationsmaske mit schwarzem Filzer anmalte. Plötzlich schien es mir gar nicht mehr so wichtig. Ich war in einem Zustand irgendwo zwischen aufgeregt und total verängstigt. Ich wusste, es wäre nur die erste Auseinandersetzung in einer langen Schlacht, doch das Schicksal hatte mich gestählt.
    »Mair, du kennst doch die Familie in Zimmer zwei, oder?«
    »Wir haben Gäste?«, sagte sie, wobei sie Maske und Stift in ihre Schürze stopfte. »Das ist schön. Arny hat gar nichts davon gesagt.«
    »Wahrscheinlich, weil er davon nichts weiß. Er ist nicht da. Er hat ein Rendezvous mit Großmütterchen. Er war kaum hier, seit diese Familie da ist. Sie mussten die ganze Küste runterfahren, um was zu essen zu bekommen. Sie benutzen ihre eigenen Handtücher. Der Typ hat den Wasserkasten in der Toilette repariert. Es ist peinlich.«
    »Der Wasserkasten war

Weitere Kostenlose Bücher