Der Tote trägt Hut
wir gegen den alten Mann aussagen würden. Alles besser, als im Gefängnis zu sitzen, oder? Also haben wir eingewilligt.«
»Gegen Ihren eigenen Vater auszusagen?«, fragte Opa Jah.
»Ja, wissen Sie, wir standen uns nie sehr nah. Keine Ahnung. Vielleicht hätten wir es nicht durchgezogen, wenn er uns rausgeholfen hätte, aber er hat geschwiegen. Hat so getan, als würde er uns nicht kennen. Ich hatte Angst, er wolle uns opfern. Verstehen Sie? So war er. Aber jedenfalls, während wir es uns noch überlegten, hat man uns in diesem hübschen, kleinen Häuschen einquartiert, mit Kühlschrank und Fernseher. Der Detective meinte, dort wären wir in Sicherheit, könnten aber nicht raus. Da stand dieser fette Constable am Tor und passte auf. Es war eigentlich ganz cool. Wir haben nur rumgehangen und ferngesehen. Es war alles dermaßen surreal. Aber dann tauchte Dad auf.«
»Und hat Ihnen geholfen, Ihre Entführung zu inszenieren?«, sagte ich.
»Ja. Es war ganz einfach, denn der Constable war weg und hatte die Türen offen gelassen. Komisch eigentlich.«
Der Rest unserer Bestellung kam und begegnete unseren Hoffnungen auf dem Weg nach draußen. Die Leichen im VW-Bus waren offensichtlich nicht diese beiden.
»Sind Sie danach wieder zurück zur Kommune?«, fragte Chompu.
»Nein. Das wollten wir lieber nicht. Wir dachten, die Polizei hätte bestimmt schon alles über uns rausgefunden und das Gelände durchsucht. Dad meinte, wir sollten verschwinden und untertauchen.«
»Wo sind Sie hin?«
»Wir haben uns treiben lassen. Haben uns angepasst. Hier und da kleine Jobs angenommen. Die ganze Sache mit den Blumenkindern war ziemlich schnell vom Tisch. Wie sich rausstellte, kamen Wee und ich als Paar in der normalen, kapitalistischen Welt nicht zurecht. So sind wir auseinandergedriftet.«
»Irgendeine Idee, was mit dem Bulli passiert ist, den Sie gemietet hatten?«, fragte ich.
»Nein. Den habe ich das letzte Mal auf dem Parkplatz hinter dem Polizeirevier von Chaiya gesehen. Ich denke, er wurde seinem Besitzer wiedergegeben.«
»Nein«, sagte Opa Jah. »Der hat ihn nicht zurückbekommen.«
»Nicht? Na, dann hat ihn bestimmt einer von den Gesetzeshütern adoptiert«, sagte Mayuri, während sie doppelt so viel aß wie wir, obwohl sie das Gespräch bestritt. »Ich hatte gedacht, der, den man gefunden hat, war vielleicht der, mit dem wir rumgefahren sind.«
»Irgendeine Ahnung, wer den zweiten Bus gemietet hatte?«, fragte Chompu.
»Nein … Wie gesagt: Wir sind nicht wieder dorthin zurück.«
»Wissen Sie noch die Namen von den anderen in der Kommune?«, fragte Opa Jah.
»Ja, aber das bringt nichts. Wir hießen alle Bread und Steed und Morning Glory. Wir haben unsere Namen hinter uns gelassen, als wir auf die Farm kamen. Wir wussten gar nicht, wie die anderen richtig hießen. Wissen Sie, Wee hieß gar nicht wirklich Wee. Es ist Englisch und bedeutet Urin. Das Zeug ist voller Nährstoffe. Indische Fakire trinken es wie O-Saft.«
»Hübsch«, sagte Chompu und stellte sein Glas ab. »Wohin haben Sie Ihre gestohlenen … ich meine, geliehenen Mietwagen denn gebracht?«
»Tako.«
Tako lag etwa dreißig Kilometer die Küste hinauf. Von Surat aus gab es zwei Wege. Wenn man den Highway nahm, kam man durch Lang Suan. Die einsame Nebenstrecke, auf der man den Polizeisperren entging, führte an der Küste entlang, fast bis nach Pak Nam. Damals gab es da noch keine Brücke, also musste man einen Umweg fahren, der einen weit den Fluss hinauf fast bis zu Old Mels Plantage brachte. Wir mussten herausfinden, wer den zweiten Bus gemietet hatte. Tan Sugit war nach wie vor verdächtig.
»Mayuri, Sie stehen Ihrem Vater bis heute nicht sehr nahe, oder?«, sagte ich.
»Weiß gar nicht, wie Sie darauf kommen. Sie haben den alten Scheißkerl doch nur ein Mal gesehen.«
»Ach, ist nur so ein Gefühl«, fuhr ich fort. »Sie belasten ihn in vielerlei Hinsicht. Sie verfluchen ihn. Sie sitzen nicht an seinem Bett, um seine Hand zu halten.«
Sie lachte, und eine Nudel fiel ihr aus dem Mund. »Man muss ihm nicht die Hand halten«, sagte sie. »Ihm fehlt nichts.«
»Er wurde entführt und gefoltert«, rief ich ihr in Erinnerung.
»Bestimmt nicht.«
»Wissen Sie etwas über die Vorfälle der letzten Nacht, was Sie uns anvertrauen möchten?«, fragte Chompu.
»Der Doktor, den ich angerufen habe, meinte, das mit der Folter sei ein Produkt seiner Fantasie. Er hat sich die Nase gebrochen, aber angesichts der zahllosen Schönheitsoperationen hat er
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