Der Tote trägt Hut
kaputt?«
Ich setzte mich neben sie auf den kleinen Badezimmerhocker, nahm ihre Hand und stieß einen tiefen Seufzer aus.
»Mair, hör mal. Es funktioniert nicht. Der Zauber, den du dir hier unten versprochen hast, will sich nicht einstellen. Aber den Leuten in Zimmer zwei gefällt es hier. Es ist ein Wunder, aber sie wollen die Ferienanlage kaufen. Ich kenne dich …«
»Na gut.«
»Na gut, was?«
»Ich verkaufe sie ihnen.«
»Wirklich?«
»Wenn ihr es alle wollt. Ja, ich kann verkaufen.«
Ich weiß nicht genau, ob ich das Gefühl wirklich beschreiben kann, das durch meinen Körper ging, als sie das sagte, aber ich will es versuchen. Anfangs war ich begeistert, ekstatisch, funkelnd. Es war, als hätte ich warme Maden in den Adern. Unerwartet jedoch wurden sie immer langsamer und schwerer und kalt und froren schließlich ein. Mein ganzer Körper war voll eisiger Maden.
»Bist du sicher?«, fragte ich.
»Kindchen, in Chiang Mai waren wir fünf Menschen in einem Haus. Fünf Individuen, die außer dem Nachnamen nichts gemeinsam hatten. Wir waren von Autos umzingelt und haben Ruß geatmet. Wir sind durch Lärm und Aggression und anderer Leute Probleme gewatet. Wir waren alle dermaßen in uns selbst gefangen, dass wir nicht mehr füreinander gelebt haben. Ich hatte gehofft, wir würden als Familie vielleicht wieder etwas aufleben. Ich wollte meine Kinder und meinen Vater wiederhaben, solange ich sie noch erkenne, bevor es zu spät ist.«
»Mair, ich …«
»Aber wenigstens haben wir es versucht. Auf neun Monate kann man stolz sein. Sissi freut sich bestimmt, wenn wir zurückkommen.«
So einfach war das. Wir konnten alle nach Hause fahren und wieder glücklich sein. Opa Jah konnte wieder Autos beobachten. Arny konnte wieder in sein asexuelles Sportstudio. Ich wieder an meinen Schreibtisch gleich neben dem Leitenden Kriminalreporter, der immer zu sterben versprach, Drink für Drink, es aber nie tat. Und Mair konnte wieder in …
»Was treibst du hier, Mair?«, fragte ich.
»Treiben?«
»Ja. Und lüg mich nicht an. Es ist erniedrigend. Es gefällt mir nicht. Was treibst du jede Nacht in deinem schwarzen Aufzug, mit diesem Schädlingsbekämpfungsmittel, wenn du am Strand entlangschleichst?«
Schon wollte sie wieder ihr Titanic -Lächeln aufsetzen, aber ich schätze, sie wusste wohl, dass das Spiel aus war. Sie nahm mich bei der Hand und massierte meine Knöchel mit dem Daumen.
»Wir suchen einen Mann heim«, sagte sie. Ich hielt die Luft an und wartete. »Den Mann, der John getötet hat. Ich habe herausgefunden, wer es war. Der Sohn von Tante Summorn. Er ist ein böser Mensch, ein Trunkenbold, ein Schläger. Er trägt eine Waffe und bedroht die Leute. Mein Privatdetektiv wusste sofort, wer meinen Hund vergiftet hat. Es war nicht schwierig, sich auszumalen, wie weit John gelaufen war, bis das Gift wirkte. Und der Mann hatte schon unzählige andere Hunde getötet, weil sie seine kostbaren Hühner verschreckt hatten.
Ich habe mich mit den Besitzern der anderen Hunde getroffen, die er vergiftet hat. Sie waren alle wütend, aber die Polizei unternimmt nichts dagegen. Die sagt, man soll seine Hunde anleinen. Wir seien selbst schuld. Aber, Kind, sieh es dir an. Wie kann man einen Hund in dieser hübschen Landschaft anketten? Unsere Hunde sind alle wohlgenährt. Für sie war es nur ein Spiel. Und seine Hühner liefen frei herum. Er meinte, sie hätten das Recht herumzurennen, wie es ihnen gefiel, die Hunde aber nicht. Die Leute hier waren zu höflich oder zu ängstlich, um den Schläger mit ihrem Verdacht zu konfrontieren. Sie haben mit seiner Mutter gesprochen, aber die hat längst keinen Einfluss mehr auf ihn. Sie hat selbst Angst. Er wohnt in einer Hütte hinter ihrem Haus. Er arbeitet nicht. Er klaut. Er erpresst Geld mit Drohungen. Er ist ein ganz böser Mensch, Jimm. Bei unserem Treffen haben wir beschlossen, dass wir ihn mit den Geistern aller Tiere heimsuchen sollten, die er umgebracht hat. Er ist ein Säufer, also war es nicht schwierig, in seine Träume einzudringen. Bei Nacht kamen die Stimmen der Hunde zu ihm. Ihre Schatten strichen über sein Fenster, aber wenn er vor die Tür lief, war da nichts. Leere Tüten mit Schädlingsbekämpfungsmittel, die er doch eigentlich vernichtet hatte, standen jeden Morgen wieder vor seiner Tür. Hinzu kam dieses Geheul, dieses unaufhörliche Jaulen, das ihn die ganze Nacht wach hielt. Dann lief er mit seiner Waffe um die Hütte, aber da waren keine Hunde, und sobald er
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