Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tote trägt Hut

Der Tote trägt Hut

Titel: Der Tote trägt Hut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
Vom Netzwerk:
war sie mitgekommen, war einfach freundlich lächelnd an den getarnten Gärtnern vorbeispaziert und zu uns in den Wagen gestiegen. Sie schien richtig froh über die Gelegenheit, mal rauszukommen. Sie war lustig und grell wie ihre Haare, doch offenbar mangelte es ihr traurigerweise an der rechten Distanz. Arglos wie sie war, schien sie gar nicht auf die Idee zu kommen, dass es bei diesem Lunch möglicherweise nicht nur ums Essen ging. Sie schien auch nicht zu ahnen, worauf unsere Fragen abzielten. Man musste keine große Leuchte sein, um zu merken, dass Mayuri nicht die hellste Dschunke auf dem Meer war. Ich sah keine Notwendigkeit für Diskretion.
    »Ein Bulli …«, begann ich.
    »Davon habe ich gelesen«, plapperte sie los. »Ist das zu glauben? Begraben. Unfassbar. Die armen Leute.«
    Ich hatte keine Ahnung, wie ich danach weiter ansetzen sollte.
    »Sie wussten, was ein Bulli ist, bevor Sie davon gelesen haben?«, fragte Chompu.
    »Aber ja.« Sie grinste. »Die waren früher voll angesagt. Ich hab mal gehört, dass mehr VW-Busse kreuz und quer durch die Welt fahren als in ganz Deutschland. Da kommen sie nämlich her. Stellen Sie sich das mal vor! Ein ganzer Schwarm, wie Adler, die auf der ganzen Welt ihre Runden drehten. Wow!«
    »Haben Sie schon mal einen gesehen?«, fragte Chompu.
    Mayuri saß neben ihm. Sie beugte sich näher zu ihm heran und hielt sich die Hand an den Mund, als wollte sie ihm leise ein Geheimnis anvertrauen.
    »Ich habe nicht nur schon mal einen gesehen«, sagte sie unüberhörbar. »Ich bin in einem mitgefahren. Deshalb war es ja auch so irre, als ich das in der Zeitung gelesen habe.«
    Sie hatte meine ungeteilte Aufmerksamkeit. Es gab nicht mehr viele VW-Busse.
    »Wann war das?«, fragte ich.
    »Neunzehnhundertachtundsiebzig«, sagte sie.
    Sie hatte das Jahr sofort parat. Wusste genau, wo sie gewesen war.
    »Wie alt waren Sie damals?«, fragte Chompu.
    »Zwanzig … ungefähr. Zweiundzwanzig?«
    »Wie kam es, dass Sie in einem Bulli mitgefahren sind?«, fragte ich.
    Sie schnalzte mit der Zunge und nippte an ihrer Cola.
    »Was man so macht«, sagte sie. »Was man so macht, wenn man jung ist.« Sie sah, dass wir sie anstarrten, und kam zu dem Schluss, dass es wahrscheinlich keine große Sache war, wenn sie weitererzählte. »Die Siebziger waren verrückt«, sagte sie. »Dieser Militärputsch und alles voller Kommunisten und Regierungsspitzeln, und alle waren misstrauisch und gaben sich gegenseitig die Schuld. Es war nicht leicht, damals aufzuwachsen und … also … an irgendwas zu glauben. Manche von uns sind runter zu den Stränden, wo die Rucksacktouristen waren. Wir hatten eine wilde Zeit. Da unten haben wir diesen verrückten Thai kennengelernt, der im Dschungel gelebt hatte, um sich vor der Junta zu verstecken, und seiner Familie gehörte dieses Land draußen vor Surat. Er hat uns angeboten, bei ihm zu wohnen. Wir waren so eine kleine Gruppe. Wir hielten uns für Blumenkinder, aber ich glaube, bis wir ihn trafen, haben wir nur so getan, als wären wir Hippies. Dieser Thai gab uns Gelegenheit, wirklich alternativ zu leben. Wir haben da so was aufgebaut … Wie sagt man noch? – So eine Kommune. Er meinte, er hätte in Amerika auch so gelebt. Wir haben versucht, alles ohne Geld zu schaffen. Fast alles, was wir brauchten, haben wir angebaut, Tiere aufgezogen, zum Kochen Holz geschlagen und so weiter. Es war ein sehr einfaches, ein schönes Leben. – Aber es gab Bedürfnisse, wissen Sie? Je größer unsere Kommune wurde, desto mehr brauchten wir: Benzin für die Pumpen, ein Auto, einen kleinen Trecker, aber wir haben mit dem Zeug, das wir produzierten, nichts verdient. Wir konnten gerade eben davon leben. Also brauchten wir Geld. Wenn ich so darüber nachdenke, heißt das wohl, dass wir nicht gerade autark waren. Der Sinn sollte eigentlich sein, dass wir … Na, jedenfalls fiel mir da mein sogenannter Vater wieder ein. Ich hatte seit Jahren nicht mit ihm gesprochen, aber damals habe ich Kontakt aufgenommen und ihn gefragt, ob er mir etwas Geld geben würde. Er ist nicht darauf eingegangen, aber er meinte, er hätte vielleicht ein paar kleine Jobs für uns, mit denen wir unsere Brötchen verdienen konnten. Er hat mir von dieser Autovermietungsgeschichte erzählt. Er hat die Miete vorgeschossen und Ausweise machen lassen. Zwei von uns haben ein Auto gemietet, es zu seinem Freund ein Stück die Küste raufgefahren und es dort gelassen. Sein Freund brachte es dann nach Hua Hin und vermietete

Weitere Kostenlose Bücher