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Der Tote trägt Hut

Der Tote trägt Hut

Titel: Der Tote trägt Hut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
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kehrt.
    »Schreckliche Sache, nicht?«, sagte er.
    »Ich war schockiert. Schockiert – das kann ich Ihnen sagen.«
    »Drei Jahre haben wir hier kaum ein blaues Auge, und dann – peng – zwei Fälle am selben Tag.«
    Mein Herz machte einen kleinen Hüpfer, aber ich musste jetzt vorsichtig sein. Ich wollte nicht gleich einen meiner neuen Freunde bei der Polizei vor den Kopf stoßen. Und doch musste ich weiterfischen.
    »Was glauben Sie, was passiert ist?«, fragte ich und lehnte mich an den Tresen.
    »Moment mal«, sagte er. »Woher wissen Sie davon?«
    »Sergeant Phoom«, sagte ich mit meiner ehrlichsten Miene, »ich arbeite als Reporterin für die internationale Presse.«
    »Aber angeblich herrscht doch Nachrichtensperre.«
    »Unterschätzen Sie nie den Einfluss der Medien. Kommen Sie, wie lautet Ihre Theorie?«
    Ich konnte Chompu oben reden hören. Meine Zeit lief.
    »Nun, ich kenne nicht viele Fakten«, räumte er ein.
    »Aber?«
    Es schien, als hinge dieses Wort unendlich lange in der Luft, bis …
    »Aber wenn ein Abt erstochen wird, dann deutet das für mich auf einen persönlichen Konflikt hin.«
    Ein Abt wurde erstochen? Heiliger Heilbutt. Urplötzlich befand ich mich in der Verbrechenshauptstadt der Ostküste. Ich war dermaßen aufgeregt, dass meine Blase drückte. Pulitzer-Preis, ich komme! In Gedanken machte ich wegen meines Mangels an Respekt vor dem Abt einen wai.
    Und ein letztes Mal warf ich mein Netz aus. »Augenblick mal, liegt das nicht außerhalb Ihres Zuständigkeitsbereichs?«
    »Ganz und gar nicht. Wat Feuang Fa liegt gerade noch auf unserer Seite der Straße 436. Da ist die Grenze. Alles dahinter wird von Lang Suan geregelt.«
    Chompu kam die Treppe heruntergetrippelt, und ich holte mein Netz ein. Ich hatte alles, was ich brauchte. Der Lieutenant schüttelte seine Hände vor dem Bauch. Vermutlich war er einer von denen, die kein Vertrauen in Behördenhandtücher hatten.
    »Bereit?«, fragte er.
    Unser Ausflug zum Bulli hatte seine Dringlichkeit in den letzten paar Minuten erheblich eingebüßt, aber es wäre verdächtig gewesen, hätte ich abgesagt.
    »Bereit und willens«, sagte ich.
    Old Mel saß auf dem hinteren Zaun seiner Plantage und fragte sich, wo Ruhe und Frieden geblieben waren. Er betrachtete das Wasser, das aus einem Dutzend Sprinklern spritzte. Der blaue Plastikschlauch, an dem sie befestigt waren, schlängelte sich zwischen den Palmen hindurch bis zu einer chinesischen Motorpumpe. Diese holte das Wasser aus einem neuen Teich, in dessen Mitte ein rostiger, wenn auch überraschend intakter VW-Bus stand.
    »Guten Morgen, Mel«, sagte Lieutenant Chompu.
    »Morgen«, sagte Mel.
    Der alte Mann kannte mich noch von der Ausgrabung am Tag zuvor. Er schlug nur kurz die Hände zusammen, als Antwort auf meinen wai . Ich schätze, er hatte wohl am Morgen meinen Artikel gelesen, in dem das halbstündige Interview, das ich am Samstag mit ihm geführt hatte, kaum vorkam.
    »Ihr Brunnen ist bestimmt der Stolz unserer Provinz«, lächelte Chompu. »Ein wahrhaft imposantes Gebilde.«
    »Witzig«, knurrte Mel. »Bis alle meine Palmen vom Rost eingegangen sind.«
    »Ach was«, sagte der Polizist. »Bei dem vielen Eisen … Die blühen und gedeihen noch. Sie werden sehen.«
    Der alte Mann hatte es eilig gehabt, seine Sprinkler in Gang zu bringen. Ich sah mich auf der Plantage um. Tiefe Gräben verliefen zwischen den Palmenreihen, von der Straße bis etwa zwanzig Meter vor dem hinteren Zaun. In allen stand flaches Wasser. Es war eine verwirrende Anlage. Sie schien mir wenig sinnvoll.
    » Koon Mel«, sagte ich – und zog das höfliche »Herr« dem eher unhöflichen »Old« vor –, »können Sie mir sagen, wieso die Gräben nicht bis ganz zum hinteren Zaun reichen?«
    »Ach«, sagte Mel. »Die Gräben haben wir vor fünfzehn Jahren angelegt. Damals stand ich noch voll im Saft. Meine Brüder und ich haben sie per Hand ausgehoben. Ohne Bagger. Damals haben alle immer noch Kokospalmen gepflanzt. Nur wenige waren so vorausschauend, dass sie die Zukunft im Palmenöl gesehen haben. Jetzt fällen alle Leute ihre Kokospalmen und pflanzen Ölpalmen. Wir waren die Ersten.«
    »Aber wieso …?«, drängte ich.
    »Ach ja. Nun, damals reichten die Gräben bis ganz zum hinteren Zaun. Vor ungefähr sieben Jahren kamen die Besitzer von dem Grundstück da drüben vorbei und haben gefragt, ob ich noch drei Hektar kaufen wolle, um unsere Plantage zu vergrößern. Sie meinten, sie wollten bauen und müssten schnell was

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