Der Tote trägt Hut
von ihrem Buschland verkaufen, weil sie drüben in Phuket irgendeine günstige Immobilie erwerben wollten. Sie brauchten Bargeld und haben mir einen guten Preis gemacht. Und weil wir gerade was auf der Bank hatten, haben wir Ja gesagt.«
Ich trat an die Grube und sah mir den rostigen VW an. »Also war dieses Fahrzeug eigentlich auf dem Nachbargrundstück vergraben.«
»Ja.«
Lieutenant Chompu hatte einen großen Schirm der Government Savings Bank aus dem Wagen geholt, den er inzwischen über uns hielt, um uns vor der Sonne zu schützen. Er schwieg, während ich meine Befragung fortsetzte.
»Und was wissen Sie über Ihre Nachbarn?«, fragte ich.
»Chinesen.«
Ich hatte das Wort »Chinesen« hier unten schon mehrfach gehört, nicht als Beschreibung einer ethnischen Zugehörigkeit, sondern als Erklärung für eine Fülle von Missständen. In vielen südostasiatischen Ländern gab es uns – die Einheimischen – und sie – die Gemeinschaft der chinesischen Geschäftsleute. Old Mel war zu dem Schluss gekommen, dass ich über seine Nachbarn nicht mehr wissen musste, als dass sie »Chinesen« waren. Das Land jenseits des Zauns bestand aus zwanzig Hektar überwuchertem Gras und Gestrüpp. Die Leute stellten das ganze Jahr über ihr Vieh dort ab, um es gratis grasen zu lassen.
»Haben Ihre Nachbarn Ihnen angeboten, dass Sie auch das ganze Gelände kaufen könnten?«, fragte ich.
»Nein.« Mel schüttelte den Kopf. »Ich habe gefragt, aber sie hatten kein Interesse.«
»Nur diese drei Hektar?«
»Ja.«
Nur den Streifen Land, auf dem sich zufällig zwei Leichen in einem VW-Bus befanden. Komischer Zufall. Ich fand, es wäre keine schlechte Idee, die Besitzer ausfindig zu machen und sich mal mit ihnen zu unterhalten.
»Kleine Bootsfahrt gefällig?«, fragte Chompu und nickte zum Bus hinüber.
Ich konnte nicht gerade sagen, dass mir die Idee gefiel, aber der nette Lieutenant hatte uns extra deswegen hierhergebracht. Vermutlich hatten die Ermittler inzwischen jeden Stein umgedreht, aber dennoch streifte ich meine Sandalen ab, krempelte die Hosenbeine meiner Jeans bis zu den Knien hoch und stieg in die warme Brühe. Das Wasser reichte mir nur bis zu den Schienbeinen, doch der Morast darunter war so weich, dass ich bis zu den Oberschenkeln einsank. Die Jeans war bestimmt hinüber. Dem Lieutenant musste man zugutehalten, dass er an meiner Seite blieb. Er watete einmal prüfend um den alten Bus herum. Irgendetwas glibberte um meine Füße. Ich wollte nach Hause. Fast erwartete ich schon so einen Transformer-Moment, bei dem der alte Bulli sich auf die Hinterräder stellte und nach uns schnappte, aber das passierte natürlich nicht.
Ich kam zu der Seite, auf der früher die Schiebetür gewesen war. Die lag nun zu meinen Füßen und gab mir festen Boden, auf dem ich stehen und mir ansehen konnte, wie hinüber meine Jeans waren. Ich kletterte in den Bauch des Ungeheuers und setzte mich auf einen der beiden Stumpen, die einmal die Vordersitze gewesen waren. In null Komma nichts würde die Salzluft das Museumsstück zerfressen, doch heute stand es trotzig da. Das Lenkrad stach spielerisch hervor. Ich griff danach, erwartete beinah, dass es zerkrümeln würde wie der Fahrer, doch es war überraschend stabil. Ein Beweis deutscher Ingenieurskunst. Auch der Sitz machte einen sicheren Eindruck. Zwar hatte sich die Rückenlehne aufgelöst, doch die Federn unter meinem Hintern quietschten noch, wenn ich mich bewegte. Meine Füße standen im Wasser, aber ich vermutete, dass es erst angestiegen war, als die Grube ausgehoben wurde, sonst hätte das Metall bestimmt nicht überlebt. Die Windschutzscheibe war unversehrt. Man sah nur eine Wand aus Dreck, aber ich hatte eine blühende Fantasie: ein Hippie und seine Hippiebraut.
»Bist du glücklich, Baby?«
»Absolut.«
»Froh, dass du mitgekommen bist?«
»Jep. Kannst du fahren?«
»Klar. Ist nicht viel Verkehr. Alles fließt.«
»Willst du noch was rauchen?«
»Keine schlechte Idee, Baby. Keine schlechte Idee.«
Mair hatte mir von den Hippies erzählt, den fremden Habenichtsen, die hier durchgezogen waren. Sie kamen nicht wegen der Natur und auch nicht wegen der Kultur. Sie kamen wegen des Opiums und der Pilze. Mair hatte nie durchblicken lassen, ob sie da mitgemacht hatte. Das blieb eine der Informationslücken, die ich selbst ausfüllen musste. Mair war nicht wie die anderen. Sie war schon so manches gewesen. Ich gehe davon aus, dass sie eine Weile Kommunistin war und sich
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