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Der Tote trägt Hut

Der Tote trägt Hut

Titel: Der Tote trägt Hut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
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Aufrichtigkeit.
    »Und wie gehen Sie da vor?«
    »Ich bringe eine Probe ins Labor nach Chumphon.«
    »Eine Probe wovon?«
    »Mageninhalt. Von Ihrem vergifteten Hund.«
    »Und woher haben Sie …? Oh, iiiih.«
    Vor meinem inneren Auge blitzte der Plastikbehälter im Kühlschrank auf. Sie hatte doch wohl nicht … Das konnte doch nicht wahr sein. Ich schüttelte den Gedanken ab wie ein Hund, der eben gebadet hatte, das Wasser.
    »Und was haben Sie entdeckt?«
    »Lannate 90.«
    »Und das ist …?«
    »Ein weitverbreitetes Schädlingsbekämpfungsmittel. Als Insektizid hielt man es für zu gefährlich, aber es ist nach wie vor im Handel. Kein schöner Tod, würde ich mal sagen. Viele Restaurants und Ferienanlagen verwenden es, um der Menge streunender Hunde Herr zu werden. Sie mögen es nicht, wenn die Köter ihre Gäste belästigen. Sie mischen es unter Essensreste und stellen ihnen abends eine Schale vor die Tür.«
    »Und dieses Gift kann unterscheiden zwischen streunenden Hunden und Hunden mit Halsbändern, auf denen eine Telefonnummer steht?«
    »Nein. Bringt alle gleich um.«
    »Aber die einzige Ferienanlage, das einzige Restaurant in fünf Kilometern Umkreis, sind wir selbst.«
    »Stimmt.«
    »Aber wir haben nicht …«
    »Stimmt.«
    »Und damit war Ihre Beteiligung an diesem Fall beendet?«
    »Nein.«
    »Was machen Sie denn noch?«
    »Ihre Mutter wollte wissen, wie stark Lannate 90 ist, wie es wirkt und wer Zugang dazu hat. Ich habe ihr erklärt, dass jeder es kaufen kann, aber die meisten Leute mit Plantagen oder Obstgärten es ohnehin immer griffbereit haben. Das betrifft allerdings den Großteil der Einwohner von Maprao.«
    »Und das war es dann?«
    »Fast.«
    »Fast?«
    Er zwirbelte den Ring von einem Duschvorhang am kleinen Finger herum. Ich funkelte ihn an.
    »Sie hat mich gebeten, ihr etwas davon zu besorgen.«
    »Was? Wie viel denn?«
    »Zwanzig Beutel.«
    Ich beschloss, nicht gleich wieder nach Hause zu fahren. Ich brauchte eine Pause von all den Intrigen. Mein Hirn war aus der Übung. Seit wir hier wohnten, war nichts Verbrecherischeres passiert als die Entführung unserer nagelneuen roten Mülltonne vorn aus dem Laden, eines Abends im April. Der Fall hatte es nicht mal bis zum Polizeirevier geschafft. Der Nachbarschaftsrat war derart am Boden zerstört, dass man einen Wachtrupp aufstellte. Zum Glück fanden sie die Tonne bei einer kleinen, umherwandernden Fischergemeinde aus dem Nordosten, die darin ihren Fang kühlte. Der Vorsitzende unseres Rats verurteilte sie zu einer Geldstrafe, statt sie einzusperren, wir hatten unseren Mülleimer wieder und bekamen einen Monat kostenlos Tintenfisch. Es war ein beeindruckender Beweis für den lokalen Zusammenhalt, aber kaum eine Schlagzeile für Thai Rat wert.
    Jetzt musste mein ungeübter Intellekt mit vergrabenen Hippies und erdolchten Äbten jonglieren, mit verbeulten Polizisten und dem Großen Fernseher-Raub … und verrückten, rachsüchtigen Müttern. Und alles zusätzlich zu meinen Pflichten als Köchin, Gärtnerin und Hühnerfütterin. Ich parkte das Fahrrad unter einem ausladenden Hirschohrenbaum, wo es von der Straße aus nicht zu sehen war, und setzte mich auf einen Styroporblock. Während der Monsunszeit spie der Golf so viel von dem Zeug aus, dass der Strand an manchem Morgen wie die eisige Küste Alaskas aussah. Aber wir können sicher sein, dass dieser unverwüstliche Styroporblock dank des menschlichen Erfindungsreichtums noch manches Jahrzehnt an die Strände dieser Welt gespült werden wird. Wieso wurde ich immer von irgendwelchen Problemen abgelenkt, wo ich doch hier ein Leben zu leben hatte?
    Ich brauchte diesen Augenblick. Ich hatte es schon oft im Kino gesehen. Der wettergegerbte, alte Bulle, der in einem Fall von unsagbarer Grausamkeit feststeckt, lässt alles stehen und liegen, nimmt sein Jagdgewehr und seine Akten mit in eine Hütte tief im Wald, wo die Natur seit Jahrtausenden unverändert ist. Nachdem er eine Woche lang eine heiße Affäre mit einer Kiste Roggenwhiskey hatte, kommt ihm die Antwort. »Der Zwillingsbruder leidet unter Gedächtnisschwund. Er ist der Täter.« Das war der Moment der Klarheit, nach dem ich mich sehnte. Ich rief die Bäume, die Farne, den Gott des Styropors an. Das Handy in meiner hinteren Hosentasche klingelte. Ich war beeindruckt. Mutter Natur nutzte moderne Technik. Ich drückte die grüne Taste.
    »Jimm am Apparat.«
    »Hallo, kleine Schwester.«
    »Sissi?«
    »Was geht ab?«
    »Ich habe mich in den

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