Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tote trägt Hut

Der Tote trägt Hut

Titel: Der Tote trägt Hut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
Vom Netzwerk:
zustimmend. Wo war dieser Opa am Anfang meiner beruflichen Laufbahn gewesen? Ich hätte ihn gut brauchen können.
    »Soll ich weiterreden, oder möchtest du mich noch mal unterbrechen?«, fragte er.
    »Bitte.«
    »Klar war, dass die einflussreiche Person für die Drecksarbeit Hippies rekrutierte. Auf den Inseln haben sich viele Rucksacktouristen herumgetrieben, die da billig lebten und Marihuana rauchten. Die meisten waren natürlich Ausländer. Aber es gab auch den Bodensatz der kommunistischen Bewegung, Thais, die vor der Junta in den Dschungel geflohen waren. Die hatten den Weg zurück in die Gesellschaft nie gefunden. Einige gründeten Kommunen, was junge Leute anlockte. Die meisten waren einfach gegen das Establishment. Manche versuchten sich als Blumenkinder. Es gab da ein paar Farmen hier unten im Süden. – Blissy Travel war das sechste Reisebüro, das der Bande zum Opfer fiel. Danach kam nur noch eine Vermietung unten in Songkla. Autos ohne Chauffeur zu vermieten war hier in der Gegend noch neu, und deshalb hatte man die Liste der Firmen, die Mietwagen anboten, schnell beisammen. Man konnte nicht alle gleichzeitig überwachen, also musste Waew es darauf ankommen lassen. Blissy Travel hatte gemeldet, dass einer ihrer Camper nicht zum vereinbarten Termin wieder abgegeben worden war. Der zweite Bus war zwei Tage früher vermietet worden, ebenfalls von einem – wie der Besitzer es nannte – ›Hippiepärchen‹. Waew gab die Fahrzeugdaten heraus und hatte Glück. Der zweite VW-Bus war am Tag nach der Anmietung in Tha Chana aufgefallen. Der Fahrer und seine Begleiterin wurden wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses verhaftet. Man hatte sie am Morgen nackt schlafend im VW-Bus angetroffen. – Waew besuchte den Beamten, der die Verhaftung vorgenommen hatte, und sprach mit dem Hippiepärchen. Sie ließen sich auf einen Deal ein. Sie wollten besagte einflussreiche Person belasten und Beweise liefern, wenn man im Gegenzug die Anzeige gegen sie fallen ließ. Waew hat den beiden eine Unterkunft besorgt, was man heute wohl als ›sicheres Haus‹ bezeichnen würde, und die Person wurde verhaftet. Waew war am Ziel, der Fall war geklärt. Sie warteten nur auf den Prozessbeginn. Dann, zwei Tage vor dem Prozess, waren die Zeugen plötzlich verschwunden.«
    »Haben sie kalte Füße bekommen?«
    »Nach Waews Aussage nicht. Er sagte, es gab Spuren eines Kampfs, und die persönliche Habe und ihr Geld waren auch noch da. Alles, was sie mitgenommen hätten, wenn sie einfach abgehauen wären.«
    »Wer wusste von dem ›sicheren Haus‹?«
    »Nur Waew und sein Chef.«
    »Ah. Dann können wir also davon ausgehen, dass die einflussreiche Person doch noch einen Verbündeten bei der Polizei gefunden hat?«
    »Keine Frage. Die Sache wurde fallen gelassen. Waew wurde zum Captain degradiert, und der Major General fuhr plötzlich in einem nagelneuen Saab herum.«
    »Und unsere Hippies?«
    »Keiner hat sie je wiedergesehen.«
    »Dann wäre es also gut möglich, dass es sich bei den beiden, die wir auf Old Mels Grundstück gefunden haben, um die vermissten Zeugen handelt. Die Hippies und die Beweise wurden aus der Welt geschafft. Zwei Fliegen mit einer Klappe.«
    »Klingt logisch.«
    »Ich vermute, es gibt wohl keine Möglichkeit, die einflussreiche Persönlichkeit aufzutreiben, oder?«
    »Das wäre kein Problem.«
    »Nicht? Wieso nicht?«
    »Sagt dir der Name Sugit Suttirat was?«
    Das war nicht der Fall.
    »Er war kurz Umweltminister, dann Landwirtschaftsminister in zwei kurzen Regierungen Ende der Achtzigerjahre. Gerade lange genug, um ein Vermögen zu machen. Heute ist er Präsident der Awuso Foundation. Er hat ein großes Haus und ein Büro mitten in Lang Suan.«
    Nachdem Opa Jah gegangen war, saß ich da und starrte eine Weile aufs Meer hinaus. Es war silbrig und träge wie Brei. Am Horizont stand eine Wetterwand, ein dunkelblauer Streifen wie eine Front von computeranimierten Orcs, die unser Mina Tirith überfallen wollten. Es half nicht eben, meine Sorge zu beschwichtigen, dass ich allein gegen sie antrat. Die letzte Bogenschützin auf den Zinnen. Es war alles tief im System verankert: Werde reich, egal wie, und nutze das Geld, um Macht zu erlangen und noch reicher zu werden. Und es folgte kein öffentlicher Aufschrei, niemand neidete ihnen den Erfolg. Die ach so idealistischen Mittelklasse-Gelbhemden, die in unserem Parlamentsgebäude Pingpong spielten, würden bestimmt nichts ändern, höchstens die Blumenarrangements am

Weitere Kostenlose Bücher