Der Tote trägt Hut
Hof gucken sich den Haufen an und fragen sich, wieso man dafür bezahlt hat, wenn sie es doch auch umsonst hätten herstellen können – vielleicht nicht gerade einen solchen Haufen, aber doch eine brauchbare Menge. »Bist du denn mit unserer Arbeit nicht zufrieden?«, würden sie sagen.
Sie wissen nicht, wie das ist? Na, dann haben Sie auch keine Ahnung, wie ich mich gefühlt habe, als ich an diesem Abend endlich wieder in unsere Ferienanlage kam und merkte, dass ich noch das Abendessen zubereiten sollte. Ich war wie eine dieser Wassermelonen, fühlte mich eingeengt und feucht und dungig. Ich brauchte Zeit, um den Dung zu verteilen. Ein bisschen Raum zum Atmen. Doch in einem ihrer Milliarden kundenfreien Momente kam Mair zu mir in die Küche geschlendert.
»Ed …«, setzte sie an.
»Mair, könnten wir bitte wenigstens dieses eine Mal nicht über Ed sprechen?«
»Na gut. Er sagt, er kommt um acht wieder und hat dir was zu sagen.«
»Danke. Hör mal, Mair, ich bin spät dran. Könntest du die Karotten für mich putzen?«
»Ach, Kind. Könnte ich doch nur. Aber irgendjemand muss den Laden hüten.«
Ich spürte, dass meine Selbstbeherrschung riss wie eine Sehne.
»Du hast drei Komma sieben Kunden pro Tag«, sagte ich. »Sie geben im Schnitt siebenundzwanzig Baht aus. Unsere größten Verkaufserfolge sind Wasser in Flaschen, einzelne Zigaretten und Knoblauch. Bei dieser Geschwindigkeit können wir uns in dreiundzwanzig Jahren ein Windspiel leisten, das wir draußen vor dem Laden aufhängen. Wir leben von dem, was beim Verkauf des Ladens in Chiang Mai übrig geblieben ist, und angesichts dessen, wie schnell wir es ausgeben, müsste nächstes Jahr eigentlich alles weg sein. Das Ladenhüten bringt uns kein Essen auf den Tisch. Das Karottenschaben schon.«
Sie setzte ihr Titanic -Lächeln auf, und ich wusste, dass ich zu ihr durchgedrungen war. Sie nahm eine Karotte und fing an, daran herumzunagen.
»Wusstest du schon, dass die Schale einer Karotte das Beste enthält?«, sagte sie.
Ich kippte die Schüssel mit den ungeputzten Karotten ins kochende Wasser und hatte den heißen Spritzer an der Wange wohl verdient.
»Na super«, sagte ich. »Toll.«
»Hatte ich schon erwähnt, dass Ed um acht vorbeikommt?«, fragte sie.
»Nein, hast du nicht.«
»Macht er aber.«
Sie drehte sich um und schlenderte wieder in den Laden.
Es war halb acht. Falls Ed tatsächlich kommen sollte, wäre er in einer halben Stunde da. Seine Beharrlichkeit konnte man wirklich nur bewundern. Er war ein netter Kerl, offensichtlich fasziniert von meiner exotischen Familie. Mit Romantik hatte das nichts zu tun. Nicht wirklich. Er hatte gehört, wir Stadtmädchen seien von loser Moral. In seinem provinziellen Kleinjungenhirn verwechselte er Liebe mit Lust. Es würde nicht lange dauern, bis ich ihn verschreckt hatte. Ich würde ihm vorschlagen, dass wir Freunde werden sollten. Er würde darauf eingehen, hätte aber schon bald genug von so einer Beziehung und wäre schnell wieder auf dem Weg zum Pepsi-Karaoke-Wettbewerb jenseits der Brücke, um das alles hinter sich zu lassen.
Ich dachte mir, dass die Jungs hier unten eine traditionellere Gefährtin bevorzugen würden als jemanden wie mich. Nach den platten Hinterreifen der Mopeds zu urteilen, die ich vorbeifahren sehe, bevorzugen sie ihre Frauen füllig. Breit und stabil wie Felsbrocken. Beim Tauziehen würde ich meine gesamten Ersparnisse auf das Frauenteam aus Maprao setzen. Obwohl nun meine breiten Hüften kein Hindernis sein sollten, würde es mir doch schwerfallen, eine Gemeinsamkeit mit einem Mann aus diesem Dorf zu finden. Ja, ich esse gern scharf, aber ich bevorzuge ein schönes Stück Pizza. Was nützt einem das ganze Bettgeflüster, wenn man die halbe Nacht die Nase ins Wörterbuch stecken muss? Und was wäre ich ihm für eine Ehefrau, die weder Netze flicken noch mit einem von diesen Meißeldingern Palmen trimmen könnte? Nein, Ed, der Rasenmähermann, alias Ed, der Zimmermann, wäre nur enttäuscht, wenn ich ihm Gelegenheit gäbe, mich näher kennenzulernen.
Ich duschte und schlüpfte in meine matronenhafteste weiße Bluse, obwohl meine Schultern darin nackt blieben. Diesen ungewollten Kitzel kompensierte ich, indem ich dazu einen bodenlangen Batik-Sarong mit Fischmotiven anzog. Dieser ließ nicht mal einen Blick auf meine Knöchel zu. Ich kämmte meine Haare mit viel Gel zurück, aber nur, weil hin und wieder eine verirrte Bö vom Golf hereinwehte und mir verirrte Locken in die
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