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Der Tote vom Kliff

Der Tote vom Kliff

Titel: Der Tote vom Kliff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Rechenschaft gezogen werden kann.«
    »Ja«, bestätigte Lüder und dachte an Oberstaatsanwalt
Brechmann, dem er eine solche Vorgehensweise durchaus zutrauen würde.
    Deutlich war das Knurren eines Magens zu hören. »Das
war ein Anruf der Polizeigewerkschaft«, meldete sich Große Jäger zu Wort. »Der
Vorsitzende hat eben durchgegeben, dass alle Ermittlungen bis nach dem
Mittagessen gestoppt sind.«
    Lüder stimmte in das befreiende Lachen des
Oberkommissars ein.
    * * *
    Nach dem Essen suchten sie erneut das Hotel
auf, in dem Hundegger junior logierte. Dieselbe junge Dame vom Vormittag
empfing sie und erkannte die beiden Beamten wieder.
    »Herr Dr. Hundegger ist auf dem Golfplatz«, erklärte
sie mit einem strahlenden Lächeln.
    Die Anlage des Golf-Club Sylt befand sich zwischen
Wenningstedt und Kampen.
    »Das ist sicher ein Links Course«, vermutete Lüder.
    »Was ist der Unterschied zu einem Rechts Course?«,
fragte Große Jäger.
    Lüder lachte. »Das hat nichts mit Richtungsanzeigen zu
tun. Als Links Course bezeichnet man einen Küstenplatz, der in großen Teilen
naturbelassen ist und auf dem der Spieler in besonderem Maße den
Witterungsbedingungen wie beispielsweise dem Wind ausgesetzt ist.«
    Große Jäger zeigte auf einen dunkelblauen Mercedes der
S-Klasse mit dem Kennzeichen LB – GH . »Das könnte er sein. Ludwigsburg.
Und das GH könnte für Gisbert
Hundegger stehen.«
    Beide betrachteten das großzügige reetgedeckte
Clubhaus. Das Innere war fast familiär gemütlich eingerichtet. Bei aller
Offenheit, die dem Architekten in herausragender Weise gelungen war, wirkte die
Einrichtung anheimelnd. An der Rezeption erfuhren sie, dass Dr. Hundegger
vermutlich auf der Driving Range sei. »Dr. Hundegger hat eine Stunde beim
Head-Pro gebucht.« Die Dame erklärte den Polizisten den Weg.
    Von Weitem war das Klacken der Golfabschläge zu hören,
und als sie sich näherten, sahen sie ein gutes Dutzend Golfspieler, die auf den
Abschlagplätzen standen und geduldig einen Ball nach dem anderen auf das
Übungsgelände schlugen. Unter überwiegend älteren Männern, die mit erstaunlicher
Gelassenheit ihrem Sport nachgingen, und beleibten Damen, die je nach
Erfahrungsgrad vorbildlich mit Holz oder Eisen umgingen oder auch den Abschlag
verzogen und die Bälle quer über das Areal verteilten, war Hundegger junior
sofort zu erkennen. Er trug eine großflächig karierte Hose, einen weißen
Wollpullover und hatte die Schirmmütze tief in die Stirn gezogen. Mit gekonntem
Schwung holte er aus und traf mit dem Driver den Ball. Er verharrte in der für
Uneingeweihte verkrampft wirkenden Position nach dem Abschlag und sah dem Ball
nach, der mustergültig zunächst über die Grasnarbe flog, sich dann in einem
flachen Bogen erhob, um nach mehr als zweihundert Metern wieder das Grün zu
berühren.
    Der Spieler nickte zufrieden, legte aus einem Korb den
nächsten Ball auf das Tee, fixierte den Ball an, indem er den Schläger zweimal
vor dem Ball pendeln ließ, und drehte dann den Oberkörper nach rechts, um zum
nächsten Abschlag auszuholen. Mit einem satten »Plong« traf er den Ball, der
dem ersten präzise folgte.
    »Herr Dr. Hundegger?«, fragte Lüder.
    Der Mann drehte sich zu den beiden Polizisten um und
blinzelte sie an. Man sah ihm an, dass er über die Störung nicht erfreut war.
    »Wir sind von der Polizei und würden Ihnen gern ein
paar Fragen stellen.«
    »Heute ist Samstag«, erwiderte Dr. Hundegger unwirsch
mit unverkennbarem schwäbischem Dialekt.
    Samstag!, dachte Lüder. Bei uns sagt man Sonnabend.
    »Wir würden Sie gern zu einem wichtigen Fall
befragen.«
    Dr. Hundegger vergewisserte sich durch einen raschen
Blick zu beiden Seiten, ob ein anderer Golfspieler etwas von dem Dialog
mitbekommen hatte, aber die Abstände zwischen den einzelnen Golfern waren zu
groß.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, in welchem Fall ich
als Zeuge nützlich wäre.«
    »Mord! Wir untersuchen einen Mordfall.«
    Dr. Hundegger wirkte für einen Moment irritiert.
»Mord«, formte er lautlos mit seinen Lippen und steckte kurz entschlossen den
Schläger in sein Golfbag. »Kommen Sie«, sagte er und marschierte an den beiden
Polizisten vorbei Richtung Clubhaus. Sie wurden jäh durch einen lauten Schrei
unterbrochen.
    »Fore!«
    Instinktiv zog Dr. Hundegger den Kopf ein, auch Lüder
schreckte zusammen, während Große Jäger sich in Richtung des Rufenden umsah.
    »Das ist ein international bekannter Warnruf auf dem
Golfplatz«,

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