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Der Tote vom Maschsee

Der Tote vom Maschsee

Titel: Der Tote vom Maschsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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Oda was damit anfangen.«
    Â»Wieso Oda?«
    Â»Sie hat Psychologie studiert.« Ein Hauch von Stolz schwingt in
seiner Stimme.
    Â»Sie erinnert mich an meine Ballettlehrerin«, meint Jule zwischen
zwei Bissen. »Sie hat so was Strenges.«
    Mit einem spöttischen Lächeln sieht Fernando auf Jule herab.
»Ballett, ja? Gab’s auch ein Reitpferd?«
    Jule antwortet nicht.
    Ich Idiot, denkt Fernando, hätte ich bloß den Mund gehalten! Jetzt
ist sie wieder eingeschnappt, wo das Eis gerade ein paar Risse bekommen hatte.
    Â»Oda ist schon in Ordnung«, sagt Fernando, Jules beleidigte Miene
ignorierend.
    Pedra Rodriguez bringt den Kaffee. Ihre Gäste haben die Platte fast
leer geputzt. »Wollt ihr ein paar Dulces ?«
    Â»Nein, danke«, lehnt Jule ab.
    Â»Was ist das – das Fleisch mit dem roten Zeug drum herum«, will
Fernando von seiner Mutter wissen.
    Â»Schafzunge in Portweingelee.«
    Fernando schiebt seinen Teller angeekelt von sich.
    Aus seiner Jackentasche erklingt Hells Bells .
»Mist, das ist Völxen.« Hastig fingert er das Handy aus der Tasche. »Wir sind
unterwegs«, ruft er hinein, während seine Mutter über seine Schulter krächzt: » El comisario! Muchos saludos de mi parte! « An Jule gewandt
klagt sie: »Er war schon lange nicht mehr hier. Früher ist er jeden Tag
gekommen.«
    Â»Pscht!«, macht Fernando ärgerlich. »Was? Ja, erwischt. Wir mussten
schnell was essen gehen, Frau Wedekin hatte Hunger. – Ja, ich grüße die Mama.«
Nachdem Fernando Völxen noch eine Weile zugehört hat, steckt er den Apparat
wieder ein und sagt zu Jule, deren Gesicht zur Faust geballt ist: »Es gibt
einen Leichenfund am Maschsee.«
    Den Toten hat man nahe dem Ufer abgelegt, die Wege sind
abgesperrt. Dr. Bächle macht sich an der Leiche zu schaffen, während weiße
Gestalten zwischen dem Fußweg und dem Steg hin und her huschen,
Nummernschildchen platzieren, fotografieren, messen. Abwartend und aus einiger
Entfernung sieht Hauptkommissar Völxen dem Treiben zu. Oda Kristensen unterhält
sich mit dem Rentner, dessen Hund die Leiche entdeckt hat.
    Der Tote hat knapp fünfhundert Euro in seiner Geldbörse, außerdem
stecken sein Handy und seine Ausweispapiere im Mantel. Dr. Martin Offermann,
geboren am 12. Februar
1945, wohnhaft in
Hannover-Kleefeld, verrät sein Personalausweis, den Völxen soeben studiert hat.
Dahinter klemmen ein paar identische Visitenkarten:
    Â 
    Dr. Martin Offermann – Dr. Liliane Fender
    Psychiatrie
    Psychoanalyse
    forensische Psychiatrie
    Auf der Rückseite stehen die Adresse und zwei
Telefonnummern, Praxis und privat.
    Â»Bächle, was ist denn nun?«, ruft Völxen ungehalten.
    Der Angesprochene richtet sich auf und kommt auf den Kommissar zu.
Er ist einen Kopf kleiner als Völxen, und obwohl Justus Bächle erst Mitte
vierzig ist, hat er schlohweißes Haar, um dessen Fülle ihn Völxen allerdings
beneidet. Sein Gesicht erinnert an einen beleidigten Dackel, was daran liegen
mag, dass er stets den Kopf leicht gesenkt hält und einen von unten herauf
ansieht. »Pressiert’s?«
    Â»Ich schlage hier langsam Wurzeln«, mault Völxen.
    Â»No net hudle.«
    Â»Wie bitte?«
    Â»Nicht so eilig«, übersetzt der Rechtsmediziner und lässt sich dann
zu einer ersten Stellungnahme herab: »Todeszeitpunkt geschtern Abend zwischen
dreiundzwanzig und vierundzwanzig Uhr. Plus minus eine Schtunde. Tod durch drei
Schüsse, zwei in den Bauch, einer ins Herz. Außerdem wurde die Zunge entfernt.«
Dr. Bächles Sprechweise hat – neben ihrem unverkennbaren schwäbischen Akzent –
etwas Müdes, Schleppendes, als hätte man ihn gerade eben aus seinem
Dackelschlaf gerissen.
    Â»Wie entfernt?«, hakt Völxen nach.
    Â»Abg’schnitte’«, präzisiert Bächle. »Wahrscheinlich poscht mortem . Die Zunge fehlt.«
    Â»Vermutlich haben Sie die«, sagt Oda, die zu den beiden Männern
getreten ist.
    Â»Ich?« Das Dackelgesicht wird bei Odas Anblick ein wenig munterer.
Sie ist die Einzige, die ihn einen schwäbischen Leichenfledderer nennen darf,
ohne dass er beleidigt ist.
    Â»Heute Morgen wurde eine Zunge auf dem Friedhof Stöcken gefunden.
Sie muss mittlerweile bei Ihnen im Institut eingetroffen sein«, präzisiert
Völxen.
    Â»Darf ich mal sehen?« Dr. Bächle weist auf

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