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Der Tote vom Maschsee

Der Tote vom Maschsee

Titel: Der Tote vom Maschsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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zu.
    Wahrscheinlich ist das alles ohnehin umsonst. Wer sagt denn, dass
dieser Fall etwas mit Offermanns Tod zu tun hat? Aber ausschließen kann man es
zum jetzigen Zeitpunkt eben auch nicht, und außerdem erwartet Völxen morgen
früh ihren Rapport. Und dazu muss sie dieses verdammte Zeug verstehen. Ihr
Magen rumort erneut, sie ignoriert es. Wie hat man das eigentlich früher
gemacht, als es noch kein Internet gab? Ganz einfach: Man hat einen Experten
gefragt.
    Emergency Room ist zu Ende, die
Lieblingsserie seiner Mutter. Die schläft nun in ihrem Fernsehsessel, einem
hässlichen Möbel, das auf hunderterlei Arten verstellt werden kann. Fernando
hat währenddessen in einer Motorradzeitschrift geblättert. Er schätzt den
Anblick blutiger Organe nicht, schon gar nicht nach dem Besuch bei Dr. Bächle
heute Morgen. Widerlich, wie kann man so einen Beruf ergreifen? Er schenkt sich
den Rest aus der Rotweinflasche ein und zappt durch die Programme. Das Handy
klingelt.
    Â»Rodriguez.«
    Â»Jule Wedekin. Entschuldige die Störung …«
    Er legt die Fernbedienung hin. »Nein, du störst nicht«, sagt er und
fügt, vom Rioja beflügelt, hinzu: »Ich kann verstehen, dass du es nicht lange
ohne mich aushältst. Geht den meisten Frauen so.« Dass es die meisten auch
nicht lange mit ihm aushalten und erst letzte Woche
wieder eine Liaison ihr Ende per SMS gefunden hat, hat er in diesem Augenblick
verdrängt.
    Â»Ich wollte dich nur kurz was fragen.«
    Klar doch. Ein Vorwand, um mit ihm auszugehen. Sie hat ihm erzählt,
dass in ihrer neuen Wohnung der Herd nicht angeschlossen ist und noch keine
Lampe hängt. So etwas sagen Frauen nicht ohne Hintergedanken, auch wenn es ganz
beiläufig geklungen hat.
    Â»Ja, wir können gern was trinken gehen.«
    Â»Aber ich …«
    Â»Ich kann mir vorstellen, wie es dir geht. Du sitzt einsam zwischen
Umzugskartons, die Bohrmaschine funktioniert nicht, eine Depression schleicht
sich an – da bin ich genau der richtige Mann.«
    Â»Hast du Odas Telefonnummer?«, unterbricht ihn Jule unwirsch.
    Â»Ã„h … Oda?«
    Â»Ja, Oda.«
    Â»Moment.« Er sucht sie im Speicher seines Telefons.
    Â»Meinst du, ich kann sie jetzt noch anrufen?«, fragt Jule.
    Was, zum Teufel, will sie von Oda? Noch dazu, wo die heute so
ekelhaft zu ihr war. »Sicher, klar. Worum geht es denn?«
    Â»Um unseren Fall natürlich.«
    Als ob es nichts anderes auf der Welt gäbe. Krankhaft ehrgeizig,
diese Frau. »Kann ich dir nicht weiterhelfen? Wir könnten uns in der Pizzeria bei
mir um die Ecke treffen, die haben eine super Holzofenpizza. Oder hast du schon
gegessen? Man kann dort auch nur …«
    Das Wort Holzofenpizza bringt Jule an den Rand eines
Schwächeanfalls. Sie kann den Duft der Pizza tatsächlich riechen … »Nein, ich
brauche Oda«, beharrt sie mit fester Stimme.
    Â»Was hat sie, was ich nicht habe?«, jammert Fernando.
    Â»Ein Psychologie-Diplom«, antwortet Jule.
    Oda und Veronika fechten gerade ein Scharmützel über Haare
aus, und die Fünfzehnjährige ist froh, als das Telefon läutet.
    Â»Ist für dich. Eine Frau Wedekin.«
    Verdammt. Ich hab’s übertrieben. Das arme Ding hockt wahrscheinlich
seit Stunden zu Hause und überlegt und grübelt, warum ich heute Morgen so
gemein zu ihr war. Jetzt hat sie sich Mut angetrunken und strebt nach einer Aussprache
von Kollegin zu Kollegin.
    Widerwillig nimmt Oda das Telefon entgegen, auf alles gefasst, nur
nicht auf die Frage: »Kennen Sie sich mit psychiatrischer Diagnostik aus?«
    Â»Einigermaßen«, antwortet Oda perplex.
    Â»Wären Sie bereit, mir zu helfen? Ich komme mit einigen Begriffen
aus Offermanns Unterlagen nicht klar.«
    Alle Achtung. Zielstrebig ist sie ja, und nachtragend auch nicht.
Oder wendet das raffinierte kleine Biest gerade den uralten Psychologentrick
an: Bitte jemanden um einen Gefallen, und er wird dich mögen. Denn niemand
gesteht sich gerne ein, Energien an jemanden zu verschwenden, den man nicht
leiden kann. So oder so ist Odas Neugierde nun geweckt.
    Â»Okay.«
    Â»Kann ich zu Ihnen kommen?«
    Oda nennt ihr die Adresse.
    Â»Sagen Sie – das mag jetzt unverschämt klingen …«
    Â»Nur Mut.«
    Â»Haben Sie irgendwas zu Essen im Haus?«
    Â»Linsen aus der Dose und Fertigpizza sind heute die Spezialitäten
des Hauses.«
    Â»Bin sofort

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