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Der Tote vom Maschsee

Der Tote vom Maschsee

Titel: Der Tote vom Maschsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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das denn schon wieder?« Die Frage ist im Grunde
überflüssig. Der Männergesangverein ist die Keimzelle des Dorfklatsches.
    Köpcke gönnt sich noch einen tiefen Zug aus der Flasche. »Man hört
so Einiges.«
    Völxen seufzt.
    Schweigend beobachten sie den Sonnenuntergang.
    Â»Und für die Herrschaften?«
    Â»Ein Bitter Lemon.«
    Â»Ganz ohne Wodka?«
    Â»Ohne Wodka.«
    Â»Für mich einen Mojito«, ordert Professor Wedekin.
    Â»Das ist ein Wort«, meint der Barmann erfreut.
    Jules Vater sieht sich in der Bar um. »Was tun wir hier?«
    Â»Ich muss was nachprüfen.« Jule kramt in ihrer Handtasche. Als der
Barmann die Getränke vor sie hinstellt, fragt Jule: »Sind Sie Pascal?«
    Â»Genau der bin ich.« Er lächelt und streicht sich mit einer grazilen
Geste über den kahlen Schädel.
    Jule lässt ihren Dienstausweis aufblitzen, was ihr in Gegenwart
ihres Vaters ein obskures Vergnügen bereitet.
    Â»Kommissarin Wedekin. Es geht um den Mord an Dr. Offermann. Ich
würde Sie gerne noch etwas fragen.«
    Â»Nur zu. Man hilft ja gerne.«
    Â»War an dem bewussten Abend – am Montag – war da in der Zeit nach
dreiundzwanzig Uhr eine einzelne Dame hier? Mitte fünfzig, kurzes graues Haar,
strenge Gesichtszüge. Kein Hotelgast, sie hat vermutlich bar bezahlt.«
    Pascal blickt zur Decke, überlegt. Wäre ja ein Wunder, denkt Jule,
als sie ihn sagen hört: »Doch, das könnte schon sein.«
    Â»Wirklich?« Jules Puls beginnt zu rasen.
    Â»Ja, so eine Dame kam um die Uhrzeit. Gegen elf etwa. Sie hat da
ganz hinten gesessen und einen Kaffee getrunken.« Er deutet quer durch die Bar,
die jetzt, um neun Uhr, noch spärlich besucht ist.
    Â»Hat Dr. Offermann diese Frau gesehen?«
    Â»Das weiß ich nicht. Es war, wie gesagt, recht voll, und er hat sich
mit der Dame neben sich unterhalten.«
    Â»Die Frau ist also nicht zu Offermann hingegangen oder hat ihn
gegrüßt?«
    Â»Nein, sie saß ganz allein da hinten und starrte vor sich hin. Mir
kam sie ein wenig verwirrt vor. Sie war nicht der Typ Frau, der in eine Bar
geht, sie passte nicht hierher, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Selbst wenn Offermann die Dilling bemerkt hat, überlegt Jule, war
ihm bestimmt nicht daran gelegen, eine weitere Szene vor versammeltem Publikum
zu provozieren. Und sie? Ist sie zurückgekommen, um das Angebot eines Gesprächs
doch noch anzunehmen? Mit einer Pistole und einem Messer bei sich?
    Am liebsten würde sie sofort Völxen anrufen. Aber sie will ihn nicht
durch Übereifer vergraulen. Außerdem muss sie erst sicher sein, dass Irene
Dilling tatsächlich hier war. Ein Foto muss her. »Eine Frage noch: Würden Sie
die Frau wiedererkennen?«
    Â»Ich denke schon«, meint Pascal. Dann schwänzelt er davon und wendet
sich neuen Gästen zu.
    Â»Du arbeitest an dem Fall Dr. Offermann mit?«, fragt Jost Wedekin
beeindruckt.
    Â»Was hast du gedacht? Dass ich geklauten Fahrrädern nachjage?«
    Â»Warum nicht«, versetzt ihr Vater. »Das hast du doch während der
vergangenen drei Jahre auch getan.«
    Jule schweigt gekränkt, bis ihr Vater begütigend seine Hand auf die
ihre legt. »Ich bin froh, dass du von diesem furchtbaren Revier weg bist.«
    Â»Es war nicht furchtbar«, widerspricht Jule matt.
    Â»Doch, war es. Ich verstehe nicht, warum sie dort Frauen einsetzen.
Ausgerechnet in der Rotlicht- und Rauschgiftszene, wo noch dazu die ganzen
Klubs und Diskotheken liegen. Wie oft bist du angegriffen worden?«
    Â»Vier Mal.«
    Vier Mal hat sie es zugeben müssen: die angebrochenen Rippen –
Folgen einer Festnahme eines Cracksüchtigen – der Messerstich eines
schwarzafrikanischen Drogendealers, von dem die Narbe unter ihrem linken Auge
stammt, der Innenbandriss vom Tritt eines randalierenden Bordellkunden und die
Gesichtsprellung, die ihr ein kasachischer Zuhälter mittels einer Kopfnuss
beigebracht hatte, haben sich beim besten Willen nicht verheimlichen lassen.
    Das erste Jahr war das schlimmste, danach haben sich die Erfahrung
und das Karatetraining allmählich ausgezahlt. Tatsächlich waren es
vierundzwanzig tätliche Angriffe in drei Jahren gewesen, und damit ist Jule
noch gut weggekommen. Hundertachtzig Tätlichkeiten gegen Beamte hat der Bezirk
Mitte allein im letzten Jahr verzeichnet.
    Â»Es ist ein Jammer. Jetzt, wo es endlich diese

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