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Der Tote vom Maschsee

Der Tote vom Maschsee

Titel: Der Tote vom Maschsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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die
Sicherungsverwahrung einbringen, oder? Natürlich wird er sich hüten, Ihnen das
zu beichten.«
    Ihre Zähne graben sich in die Unterlippe, dann sagt sie: »Mir wird
schon was einfallen.«
    Fernando schenkt ihr Wein nach.
    Sie hebt die Hand, lächelt. »Nicht. Ich muss noch fahren.«
    Â»Ich begleite Sie gerne im Taxi nach Hause.«
    Sie sind mit ihrem Wagen hier. Sein Ansinnen, sie auf seiner
blitzblank gewienerten Drag Star mitzunehmen, hat sie abgelehnt: »Glauben sie
wirklich, ich stülpe mir einen Helm auf die Frisur und klammere mich wie ein
Äffchen an ihren breiten Lederrücken?« Genau so hatte sich Fernando das
eigentlich tatsächlich vorgestellt, aber immerhin ist sie überhaupt
mitgekommen. Er kann immer noch kaum glauben, dass sie hier mit ihm in einer
Lindener Pizzeria sitzt. Fast enttäuscht es ihn, wie leicht das Ganze ging. Was
stimmt nicht mit dieser Frau, dass sie an einem Freitagabend nichts Besseres zu
tun hat, als mit ihm auszugehen? Ihr Einverständnis hat ihr etwas von der
Unnahbarkeit genommen, die er an Frauen so bewundert. Dennoch, er muss sich zusammenreißen,
um sie nicht immerzu anzustarren, in ihrem schwarzen, tief ausgeschnittenen
Kleid.
    Â»Warum sehen Sie mich so an?«
    Da haben wir die Bescherung. »Ich kann nicht anders. Sie sind
wunderschön.«
    Sie lächelt. Im Hintergrund schnulzt Eros Ramazotti aus dem
Lautsprecher.
    Jetzt oder nie, Fernando. Seine Hand schiebt sich über die karierte
Tischdecke, bis er ihre kühlen Finger berührt. Sie zieht sie nicht weg.
    Â»Liliane«, sagt er mit weichgespülter Stimme und sendet einen
flammenden Blick über den Tisch. » La azucena , die
weiße Lilie – der Name passt gut zu Ihnen.«
    War das ein Lächeln? Spöttisch? Amüsiert?
    Aus seiner Jacke ertönen die ersten Takte des Einzugsmarschs der
Toreros aus Carmen. Mierda! Verdammte Scheiße! Warum
habe ich es nicht ausgemacht, ich dämlicher Trottel? Er tut, als ob nichts sei,
intensiviert den Druck seiner Hand und versenkt sich dabei in das Gletscherblau
ihrer Augen.
    Â»Ihr Telefon.«
    Mit einem resignierten Seufzen greift Fernando in seine Jacke. Sie
zieht ihre Hand zurück.
    Â»Ja?«, blafft er ungehalten.
    Â»Ich bin’s, Jule.«
    Â»Was ist denn?«
    Ungeduldig lauscht er Jules Ausführungen. »Ist gut«, antwortet er.
»Such morgen ein Foto, danach sehen wir weiter. So etwas muss auf sicheren
Beinen stehen, sonst geht der Schuss nach hinten los.«
    Â»Sag mal, was hörst du denn da für Sülzmusik?«
    Â»Ich bin in einem Restaurant.«
    Â»Etwa mit ihr ?« Ihr erstaunter Tonfall hat
etwas Kränkendes.
    Â»Erraten«, sagt Fernando trotzig und legt auf. Er macht das Telefon
aus. Sicher ist sicher. Aber der Zauber ist verflogen, das spürt er.
    Â»Wichtige Neuigkeiten?«, fragt sie.
    Â»Vielleicht.« Er sieht sie ernst an. »Seien Sie in der nächsten Zeit
etwas vorsichtig. Passen Sie vor allen Dingen auf Irene Dilling auf. Meiden Sie
sie vorerst.«
    Â»Wieso?«
    Â»Mehr darf ich Ihnen nicht sagen. Tun Sie’s einfach.«
    Liliane Fender hat ihr Glas geleert und lässt Fernando wissen, dass
sie jetzt gern nach Hause fahren würde.
    Er ruft den Kellner und zahlt die Rechnung. Sie erhebt keine
Einwände. Sie hat eben Stil, denkt Fernando.
    Draußen ist die Luft lau und samtig, eine hauchdünne Mondsichel
steht über den Dächern. Liliane Fender atmet tief ein. Sie hat zwei Straßen
weiter einen Parkplatz gefunden, und auf dem Weg dorthin hakt sie sich bei
Fernando unter. Viel zu rasch sind sie bei ihrem Wagen angekommen, der – was
für ein Zufall! – fast genau vor dem Laden von Pedra Rodriguez parkt.
    Jetzt wäre der Moment, sie zu fragen, ob sie noch mit zu ihm nach
oben kommt. Und Mama? Fernando vermeidet es, Neueroberungen mit nach Hause zu
nehmen. Erstens weiß man im Voraus nie, wie … nun, ja … wie laut die Damen
werden, zweitens schätzt es seine Mutter nicht, frühmorgens in der Wohnung
wildfremden Frauen zu begegnen. So etwas muss sorgsam vorbereitet werden, indem
man die Angebetete erst mal mit in den Laden nimmt, zur Begutachtung. Ach,
pfeif drauf! Sie hat ihn schließlich auch überfallartig mit diesem Alfonso
konfrontiert.
    Im silbrigen Licht einer Straßenlaterne sind sie stehen geblieben,
und mit einer Stimme so sahnig wie Schmand sagt Fernando: »Ich hätte eine

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