Der Tote vom Maschsee
die Runde.
Ehe sich Verlegenheit breitmachen kann, sagt Jule: »Habe ich. Sie
ist 2000 nach
Fuerteventura ausgewandert und hat dort eine Bar. Ich habe am Mittwoch mit ihr
telefoniert. Sie sagte, sie sei seither nicht mehr in Deutschland gewesen und
sie habe auch nicht die Absicht, zurückzukommen. Ich habe einen Aktenvermerk
darüber verfasst.«
»Stimmt, das hat sie«, bestätigt Nowotny.
»Sehr gründlich Frau Wedekin«, lobt Völxen und fährt fort: »Im
Augenblick erscheint es mir sinnvoll, dieser Dr. Fender ein wenig auf den Zahn
zu fühlen. Sie ist die Person, die mit beiden Opfern in Verbindung stand. Und
sie hat ihre Schulzeit in Gehrden verbracht, wo sie damals auch wohnte. Genau
wie Michael Strauch, der im Sommer 1990
nach Gehrden gezogen ist und dort bis zum Frühjahr 1991 gelebt hat. Da war Liliane Fender
sechzehn.«
»Das ist doch abenteuerlich! Die Frau ist Psychiaterin«, protestiert
Fernando. »Sie würde andere Wege finden, mit so etwas fertig zu werden, als
zwei Morde zu begehen!«
»Ich finde, da hat er recht«, sagt Oda.
Völxen zieht die Brauen zusammen und mustert seine Mitarbeiter. Was
wird das, ein Zwergenaufstand? »Immerhin hat sie uns die
Gesprächsaufzeichnungen mit Strauch zunächst vorenthalten«, erinnert er sich
und beschlieÃt im selben Moment, die Kassetten von Denningers Leuten auf
Manipulationen hin untersuchen zu lassen.
»Ich werde Dr. Fender für heute Mittag, nach der MoKo-Sitzung,
vorladen lassen. Und Sie, Frau Wedekin, prüfen bis dahin nach, ob es in der
fraglichen Zeit in Gehrden und Umgebung Anzeigen wegen Vergewaltigung,
Belästigung oder dergleichen gegeben hat. Und finden Sie alles, was möglich
ist, über diese Dr. Fender heraus. AuÃerdem muss Strauchs Verlobte, diese Irma
Kissinger, nach einem Alibi für Samstagmorgen befragt werden.«
»Ich mach das«, erklärt Oda.
»Heute Nachmittag kann Dr. Fender nicht kommen«, sagt Fernando.
»Und warum nicht, bitteschön?«, erkundigt sich Völxen gereizt.
»Weil da die Trauerfeier für Offermann stattfindet.«
»Ach ja, stimmt. Wer geht hin?«
»Ich nicht. Ich bin bei Dillings Obduktion«, sagt Oda.
»Ich kann hingehen«, erbietet sich Fernando.
»Nein, ich geh selbst«, entscheidet Völxen nach einem kurzen Blick
aus dem Fenster. Das Wetter ist noch immer gnadenlos schön, auch wenn die
Landwirte über die Trockenheit jammern. Aber die jammern ja immer. »Ihr
übernehmt die Damen von Pro victim . Aber mit
Fingerspitzengefühl, wenn ich bitten darf.« Sein Telefon auf dem Schreibtisch
klingelt. Er hat Frau Cebulla gebeten, den Leiter der JVA Sehnde umgehend
durchzustellen, sobald sie ihn erreicht hat. »Das warâs«, sagt der Kommissar
und macht eine Geste, mit der man Vögel verscheucht.
»Polizeidirektion Hannover, Hauptkommissar Völxen, Dezernat für
Todesermittlungen«, spricht er in den Hörer, während sich seine Mitarbeiter
trollen.
Der Direktor des Gefängnisses zeigt sich kooperativ. Ja,
Durchsuchungen der Hafträume seien an der Tagesordnung, allerdings suche man
dabei nur nach Drogen, Waffen und Handys. »Aber in diesem Fall werden wir mal
ein Auge zudrücken und nach einem solchen Brief suchen«, verspricht er Völxen.
Als er aufgelegt hat, gönnt sich der Kommissar ein grimmiges
Lächeln. So langsam kommt Bewegung in den Fall. Wurde auch Zeit. Wenn jetzt
noch die Kriminaltechniker ein paar brauchbare Spuren vorzuweisen hätten,
vielleicht sogar eine fremde DNA an der Leiche ⦠In einer Stunde muss er
sich mit den Fallanalytikern vom LKA treffen. Er hat nichts dagegen, die
Kollegen waren schon oft hilfreich. Frei von den Widrigkeiten des
Behördenalltags können sie sich der Analyse eines einzelnen Verbrechens in Ruhe
und Abgeschiedenheit widmen. Beneidenswert. Letztes Jahr allerdings war Völxen
ernsthaft sauer auf die Kollegen, als sie ihm Oda Kristensen abwerben wollten.
Aber sie ist geblieben â vermutlich wegen seiner freundlichen Art.
Es klopft an seine Tür und Fernando kommt herein.
»Kann ich dich mal sprechen?«
Wenn der schon so fragt, dann hat er was angestellt, argwöhnt
Völxen, und dabei fällt ihm etwas ein: »Sag mal, was ist eigentlich mit den
Druski-Brüdern? Die hast du doch hoffentlich nicht das ganze Wochenende da
drüben im Bau sitzen lassen?«
»Nein.
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