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Der Tote vom Silbersee (German Edition)

Der Tote vom Silbersee (German Edition)

Titel: Der Tote vom Silbersee (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Schmid , Christine Schneider
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Verwirrung fest, wie ihr Herz wieder klopfte.
    Unversöhnlich sagt man dir also nach. Na ja, endlich mal ein Richter, der durchgreift.
    »Der Prozess wird nachmittags fortgesetzt, und das Urteil wird heute noch erwartet«, sagte der Radiomoderator in ihre Gedanken hinein.
    Ein Taxi brachte Lena zum Gericht in der Fürther Straße. Das Gebäude flößte ihrEhrfurcht ein, denn die steinernen Statuen berühmter Männer sahen aus der Höhe auf sie herunter. Im Innern wies ihr ein uniformierter Polizist den Weg. Lena ging die Stufen hoch. Der diensthabende Polizist zeigte auf das Band. Dort sollte sie ihre Tasche ablegen. Er gab Lena einen Wink durchzugehen. Wie gut, dass sie Trixi im Hotel gelassen hatte.Im Saal setzte sie sich an das Ende der langen Bank. Etliche Zuhörer betraten nach ihr den Raum.
    Wenig später sagte der Saaldiener feierlich: »Bitte erheben Sie sich!«
    Jan sah in seiner Richterrobe unglaublich gut aus. Sie verlieh ihm zu seinem guten Aussehen auch noch Autorität und Überlegenheit. Lena hatte anfänglich nur Augen für ihn. Wie markant er aussah! Sie nahm wahr, wie er seine Lippen bewegte, die Worte allerdings drangen nicht an ihr Ohr. Sie seufzte verhalten. Die besten Männer sind verheiratet und so lieb, wie er ist, wird er seine Frau sicher nicht meinetwegen verlassen. Sie seufzte erneut. Diesmal etwas lauter. Ein strafender Blick ihrer Banknachbarin. Sie rief sich zur Ordnung. Nun drang der Inhalt der Verhandlung in ihr Bewusstsein. Der Staatsanwalt zeigte die Schulzeit der Angeklagten auf. Selbst Kleinigkeiten zerrte er ans Licht. Die beiden Ganoven wurden Flachgesicht und Knollennase genannt. Sie waren wegen Diebstahls und anderer Delikte von der Schule geflogen. Von da an reihte sich Vergehen an Vergehen.
    Die berufserfahrene Lena wunderte sich, dass Jan die beiden Angeklagten scharf, fast persönlich, anging. Als der eine, dessen Nase wirklich wie ein dicker Knollen aussah, laut schrie: »So war es aber nicht!«, wurde er sofort mit einem Ordnungsgeld bestraft. Wie hart Jan mit den beiden umging! Ihr tat es fast ein wenig leid, wie diese erwachsenen Männer unbeholfen und geknickt auf der Anklagebank saßen. Sie machten auf Lena keinesfalls den Eindruck pädophiler Lüstlinge. Eher zwei kleine Ganoven, die einmal das ganz große Ding drehen wollten und hofften, endlich mal an Geld zu kommen. Sie waren dabei aber so stümperhaft vorgegangen, dass man sie fast bemitleiden musste. Lena hatte oft als Sachverständige in Jugendprozessen ausgesagt und kannte das Prozedere vor Gericht. Der Verteidiger wirkte ein bisschen gelangweilt, sodass der Staatsanwalt dessen dürftige und halbherzige Argumente auseinandernahm. Lena bewunderte die brillante Prozessführung des Staatsanwaltes. Der Mann verstand seinen Job, und der Verteidiger hatte keine Chance gegen die ausgeklügelte Rhetorik. Im Schlussplädoyer forderte der Staatsanwalt eine hohe Strafe. Lena beschlich ein ungutes Gefühl. Sie sah zum Richtertisch. Der harte Ausdruck auf Jans Gesicht machte ihn nur noch männlicher. Das war noch ein Mann, der sich traute, hohe Strafen zu verhängen, keiner dieser Softie- und Kuschelrichter.
    »Das Hohe Gericht zieht sich zur Beratung zurück«, verkündete der Gerichtsdiener.
    Die Zeit verging sehr langsam. Lena beobachtete die beiden Angeklagten. Sie wirkten nervös. Flachgesichts linkes Auge zuckte hin und wieder. Der andere knetete ununterbrochen seine Hände. Nach einiger Zeit wurden die Zuhörer aufgefordert aufzustehen. Jan von Lindenberg betrat den Raum.
    Der Richter verkündete das folgenschwere Urteil von zehn Jahren Haft.
    Nach dem Richterspruch blieb es eine Weile still im Saal. Von Lindenberg war sogar über den Antrag des Staatsanwaltes gegangen. Lena wunderte sich, wie hart man in Deutschland die Kleinkriminellen anging. Der Verteidiger nannte es natürlich einen Skandal. Einige Anwesende, die Buttons mit der Aufschrift »Keine Kuscheljustiz« an den Jacken trugen, klatschten schließlich begeistert Beifall. Die Angeklagten ließen die Schultern sinken. Einer begann tatsächlich zu schluchzen. Nun fühlte Lena doch Mitleid. Die beiden waren keine Schwerverbrecher.
    Mit dem Bild des imposanten Richters im Herzen, spazierte Lena die Fürther Straße entlang.
    Siestieg am Plärrer in die Straßenbahnlinie Nummer sechs ein.
    Um ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen, besuchte siean den beiden folgenden Tagen ihr Seminar. Doch in Gedanken weilte sie beim charmanten Richter und bei Andy. Immer

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