Der Tote vom Silbersee (German Edition)
den Eindruck eines viel mächtigeren Hundes. Ob es an den Muskelpaketen lag, die sich unter seinem Fell abzeichneten?
***
Das Garagentor neben dem Hundezwinger glitt zurück und ein Jaguar rollte auf Lena zu. »Bitte einsteigen, schöne Frau!«, forderte sie der Richter auf.
Sie ließ sich in den weichen, cognacfarbenen Sitz fallen. Trixi nahm sie auf den Schoß.
Lena schmolz dahin. Was für ein Mann, was für ein Charisma!
Der Richter streckte die Hand aus, um den kleinen Hund zu streicheln. Trixi duckte sich leicht und Lena erklärte: »Sie hat Angst vor Männern.«
Jan grinste. »Ups, da kann ich nur hoffen, dass es dem Frauchen nicht auch so geht!«
Lena lachte und schüttelte den Kopf. »Tja, das kommt ganz auf den Mann an«, hörte sie sich sagen. Was war denn nur mit ihr los, dass sie auf einmal so schamlos flirtete, mit einem Kerl, den sie kaum kannte. Aber sein gewinnendes Lächeln und sein Charme beeindruckten sie sehr.
***
Beschwingt schritt Lena quer über den Hauptmarkt. Selbst Trixi spürte die aufgekratzte Stimmung ihrer Herrin. Der kleine Hund sprang immer wieder wedelnd an ihr hoch, obwohl er an der kurzen Leine geführt wurde. Vor dem Schönen Brunnen blieb Lena stehen. Sie sah zum Ring hoch. Sie hatte von den angeblich magischen Kräften gehört, dass derjenige, der daran dreht, immer Glück hat und sich seine Wünsche erfüllen. Ob sie es wagen sollte, ihre Träume dem Schicksal zu überlassen? Sie war keine, die sich vom männlichen Geschlecht leicht beeindrucken ließ. Und ein Teenager war sie nun wirklich auch nicht mehr. Trotzdem – dieser charmante, attraktive Richter hatte sie fasziniert. Sie spürte ein Kribbeln im Bauch, während sie das Treffen noch einmal Revue passieren ließ. Gut hatten sie sich unterhalten, dort im lauschigen Biergarten am Kettensteg. Sie hatte Jan von Andy erzählt und von dem schrecklichen Hundefriedhof.
»Ich werde meine Leute ermitteln lassen, Lena, das verspreche ich Ihnen.«
Sie sah ihn dankbar an. Dann fügte er hinzu. »Die Kommissarin Nürnberger hat mich ebenfalls in dieser Sache kontaktiert. Ich versichere Ihnen, wenn Belu und ich ein Verbrechen aufklären wollen, dann müssen sich die Ganoven warm anziehen.«
Lena nickte und schalt sich eine Närrin, weil die Erwähnung des Namens der Kommissarin ihr einen Stich versetzte. Er hatte sie Belu genannt, was bedeutete, dass die beiden vertraut miteinander sein mussten.
Als die Bedienung kam, bestellte er Bratwurst mit bayerischem Kartoffelsalat.
»Das sind ganz spezielle Bratwürstl«, lächelte er, »so speziell wie Sie, Lena!«
Bei jedem anderen hätte das plump geklungen. Nicht aber bei ihm. Sie plauderten und lachten zusammen, als ob sie sich schon jahrelang kennen würden. Er machte auch gar kein Hehl daraus, dass er verheiratet war. Hatte er sie deshalb zu seinem Haus bestellt? Sollte sie seine Frau kennenlernen? Wozu? Fürsorge und Würde strahlte er aus, genau das, was Lena in seinen Bann zog. Auch über seinen Beruf sprachen sie. Er war mit Leib und Seele Richter. Er erwähnte, dass er am nächsten Morgen eine Gerichtsverhandlung leitete. Sie wollte ihn erleben, wie er in seiner würdevollen Richterrobe dem Recht zu seinem Sieg verhalf.
Wie aber sollte es weitergehen? Ihr Aufenthalt in Nürnberg ging dem Ende zu. Sobald die Kommissarin Andys und Susers Mörder verhaftet hatte, würde sie in die Schweiz zurückkehren.
Versonnen lächelnd stellte sich Lena auf die Zehenspitzen und drehte den Ring.
34
Am nächsten Morgen machte sich Lena zeitig auf, um Jan live zu erleben.
» Hunde werden im Gerichtssaal sicher nicht zugelassen sein. Tut mir leid, Trixilein, aber du musst im Hotelzimmer bleiben. Ich bin bald zurück, versprochen. «
Sie sagte an der Rezeption Bescheid, dass sich Trixi im Zimmer befand. Das Zimmermädchen sollte sich schließlich nicht erschrecken.
Es war noch etwas Zeit bis zur Verhandlung. Jan bei der Arbeit zu erleben, war bestimmt recht aufregend.
Ich gönne mir noch eine Tasse Cappuccino, dachte sie und betrat ein Café. Im Hintergrund hörte sie aus dem Radio einen Regionalsender, der auf den Prozess in Nürnberg hinwies. Schon im Vorfeld erregte er großes Aufsehen. Zwei Halbweltganoven hatten mit Kinderpornos gehandelt, und man erwartete ein strenges Urteil, da Richter Jan von Lindenberg den Vorsitz führte. Man nannte ihn auch Richter Unversöhnlich , da er knallharte Urteile sprach.
Lena sah die blauen Augen des anziehenden Mannes vor sich und stellte mit
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