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Der Tote vom Strand - Roman

Der Tote vom Strand - Roman

Titel: Der Tote vom Strand - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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abends hatte sie endlich Inspektor Baasteuwel an der Strippe.
    »Ach, du bist wieder zu Hause?«, fragte er.
    »Seit gestern. Ich hatte mit einer Nachricht von dir gerechnet.«
    »Hatte ich auch vor, aber ich hatte nichts zu sagen.«
    »Was? Wieso nicht?«
    Baasteuwel zögerte.
    »Wir haben die Sache eingestellt.«
    »Eingestellt?«
    »Ja. War besser so. Kohler und ich sind zu diesem Ergebnis gekommen. Ich habe jetzt Urlaub.«
    Moreno empfand ein kurzes vages Gefühl einer absurden Unbegreiflichkeit.

    »Was zum Teufel redest du da?«, fragte sie. »Und was ist mit Vrommel? Du hast doch behauptet, alles sei nur eine Frage der Zeit!«
    Sie hörte, wie Baasteuwel sich eine Zigarette anzündete.
    »Hör mal zu«, sagte er. »Du musst mir einfach glauben. Es war doch nicht so leicht, den Arsch auszutricksen, wie wir dachten. Weshalb Kohler und ich dann beschlossen haben, unsere Wühlerei einzustellen. Vegesack fand das auch richtig. Wir konnten nichts mehr machen und kamen nicht weiter. Nicht so, wie die Sache sich dann entwickelt hat.«
    »Entwickelt hat?«, fragte Moreno. »Wie meinst du das? Ich verstehe nicht, was das heißen soll.«
    »Kann schon sein«, sagte Baasteuwel. »Aber so hat sich das eben ergeben. Du würdest mir zustimmen, wenn dir die Einzelheiten bekannt wären.«
    »Die Einzelheiten? Welche Einzelheiten?«
    »Eine ganze Menge sogar. Doch, ich garantiere dir, das ist die beste Lösung. Es hat sich eben so entwickelt, das passiert manchmal bei einem Fall, das müsstest du doch wissen.«
    In Morenos Kopf gerieten die Gedanken durcheinander, und sie kniff sich zweimal in den Arm, um sich davon zu überzeugen, dass sie auch wirklich wach war, ehe sie sagte:
    »Du hast geschworen, Vrommel auf den Topf zu setzen«, erinnerte sie Baasteuwel wütend. »Ein Mädchen ist verschwunden, und ein Mann ist ermordet worden. Du bist zur Polizei gegangen, um Mistkerlen eins auf die Finger zu geben und jetzt ...«
    »Diesmal war das eben nicht möglich.«
    »Und Van Rippe?«
    »Für den Fall ist der Polizeichef zuständig. Kohler und ich waren nur zu Anfang der Ermittlungen als Verstärkung abkommandiert, vergiss das nicht. Und das Kommando ist jetzt zu Ende.«
    Moreno ließ den Hörer sinken und betrachtete ihn einige Sekunden lang ungläubig.

    »Spreche ich wirklich mit Inspektor Baasteuwel von der Polizei in Wallburg?«, fragte sie dann.
    Baasteuwel lachte kurz.
    »Mit eben demselben«, sagte er dann. »Aber mir scheint, in der Stimme der Inspektorin schwingt eine gewisse Ungeduld mit. Sie scheint fast diese oder jene Frage stellen zu wollen?«
    »Stimmt«, sagte Moreno. »Stimmt verdammt genau. Ich kapiere nicht, was du da für eine Sprache sprichst. Du überlässt einen Mord und ein verschwundenes Mädchen ihrem Schicksal und machst Urlaub. Auf welcher Seite sitzt die Gehirnblutung?«
    »In der Mitte«, sagte Baasteuwel freundlich. »Doch, ich gebe zu, dass ich mich vielleicht ein wenig unklar ausdrücke, wenn der Müßiggang mich verblöden lässt. Aber wenn du wirklich mehr über die Ereignisse in Lejnice wissen willst, kann ich mich vielleicht zusammenraffen und dir zu Willen sein ...«
    »Das ist deine verdammte Pflicht«, sagte Moreno. »Wann und wo?«
    »Morgen?«
    »Je eher, desto besser.«
    Baasteuwel schien wieder zu überlegen.
    »Irgendwo in Maardam vielleicht? Dann hast du ein Heimspiel.«
    »Von mir aus gern«, sagte Moreno.
    »Das Alte Vlissingen, gibt’s das noch?«
    »Und wie.«
    »Na dann«, sagte Baasteuwel. »Morgen um sieben, okay? Ich lasse uns einen Tisch reservieren.«
    »Sehr gut«, sagte Moreno.
    Sie legte auf und starrte aus dem Fenster, gegen das der Westwind gerade einen neuen Regenschauer schlug.
    Ich begreife das nicht, dachte sie. Verdammt, ich begreife nicht das Geringste.

40
    6. August 1999
     
    Im Alten Vlissingen war es so voll wie immer. Sie kam ein wenig zu spät und ging an dem Mädchen, das allein in einer Ecke saß, vorbei, ohne zu reagieren. Erst, nachdem sie mit Blicken das ganze Lokal abgesucht hatte — und leicht gereizt feststellen musste, dass Inspektor Baasteuwel sich noch nicht eingefunden hatte — sah sie, wen sie da vor sich hatte.
    Und dann verging noch ein gewisser Zeitraum, ehe ihr Gehirn den visuellen Eindruck verarbeitet hatte. Sie kniff die Augen zusammen, um in die Wirklichkeit zurückzukommen. Ging zum Tisch der anderen. Die schien aufstehen zu wollen, überlegte es sich dann aber anders und ließ sich wieder auf den Stuhl sinken. Lächelte dann

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