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Der Tote vom Strand - Roman

Der Tote vom Strand - Roman

Titel: Der Tote vom Strand - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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Schädelspitze ab.
    »Dieser Fall Van Rippe. Sollten den mal zusammenfassen.«
    »Werden die Ermittlungen eingestellt?«
    »Nicht eingestellt«, sagte Vrommel. »Mordermittlungen werden überhaupt niemals eingestellt. Ich habe zusammenfassen
gesagt. Schwerer Fall, wir kommen einfach nicht weiter. Was?«
    »Nein.«
    »Wir fahren den Arbeitsaufwand zurück. Sind jetzt seit drei Wochen dabei. Aber ab heute ist Dienst nach Vorschrift angesagt.«
    »Alles klar«, sagte Vegesack.
    »Brauchen eine Zusammenfassung. Eine Art Bericht über unsere bisherigen Ergebnisse. Dachte an eine kleine Pressekonferenz morgen früh. Muss auch weiter oben Bericht erstatten. Diese Pfadfinder aus Wallburg haben ja nicht viel gebracht.«
    »Nicht viel.«
    Vrommel räusperte sich.
    »Wenn du also diesen Bericht geschrieben hast, kannst du ihn mir auf den Schreibtisch legen, bevor du nach Hause gehst. Du hast den ganzen Tag Zeit.«
    Vegesack nickte.
    »Und nicht zu weitschweifig. Einfach nur die Tatsachen. In der Kürze liegt die Würze.«
    Vegesack machte Anstalten, sich zu erheben.
    »Sonst noch was?«
    »Das hätte ich gesagt«, erwiderte Vrommel. »Auf meinem Schreibtisch. Schönen Urlaub und bleib in Form!«
    »Danke«, sagte Polizeianwärter Vegesack und verließ das Zimmer.
     
    Ewa Moreno erwachte und schaute auf die Uhr.
    Zehn vor zwölf.
    Sie begriff, dass sie in ihrem eigenen Bett lag und trotz allem nur neun Stunden geschlafen hatte. Versuchte festzustellen, ob es einen Muskel in ihrem Körper gab, der nicht wehtat, konnte aber keinen finden.
    Ich komme mir vor wie neunzig, dachte sie. Und so was soll gesund sein?
    Sie war erst kurz vor drei ins Bett gekommen. Zu Hause war
sie um Punkt zwei gewesen, doch sie war geistesgegenwärtig genug gewesen, um heiß zu baden, ehe sie ins Bett gefallen war. Sonst würde sie sich jetzt wohl gar nicht mehr bewegen können. Die letzte Etappe ihres gemeinsamen Fahrradurlaubs mit Clara Mietens hatte fünfundsiebzig Kilometer bei Gegenwind umfasst, die letzten außerdem bei Regen. Sie hatten etwas früher losfahren wollen, um dann mit sanftem Ostwind im Rücken mit Blick auf den Sonnenuntergang in Maardam einzufahren. Das war ihr Plan gewesen.
    Ostwind, dachte Moreno und setzte sich vorsichtig auf die Bettkante. Hat es in dieser Stadt denn jemals Ostwind gegeben?
    Als sie sich um Viertel vor zwei in der Zwille getrennt hatten, hatte Clara Mietens feierlich geschworen, falls sie es jemals überhaupt schaffen würde, aufzustehen, dann als Erstes ihres verdammte Mühle (die sechs Gänge hatte, zwei funktionierten) mit einem schweren Anker zu versehen, sie in die Langgraacht zu werfen und einen Choral zu singen.
    Ansonsten war die Tour gar nicht schlecht gewesen. Bis zu diesem Finale, genauer gesagt. Acht Tage vom Feinsten, voll gestopft mit Lagerleben, Baden, Gesprächen, Radtouren (nie bei Gegenwind und Regen) und Entspannung in der schönen Natur um Sorbinowo. Clara hatte ein neu gekauftes und leicht aufbaubares Zelt gehabt. Das Wetter war wunderbar gewesen. Bis zum Vortag.
    Sie ging ins Badezimmer und duschte. Nach zehn Minuten kam ihr Körper ihr wieder vor wie ihr eigener. Und im selben Tempo schlugen auch ihre Gedanken eine andere Richtung ein.
    Was natürlich unvermeidlich war. Es war Zeit, sich wieder in die Wirklichkeit zu begeben. Höchste Zeit.
    Sie zog ihren Morgenrock über und machte sich an die Post. Rechnungen, Werbung, vier Postkarten und eine Gehaltsabrechnung. Zweifellos interessant.
    Danach hörte sie ihren Anrufbeantworter ab. Nach reiflicher
Überlegung hatte sie ihr Handy nicht mit auf die Radtour genommen, deshalb mussten allerlei Mitteilungen gespeichert sein.
    Was auch der Fall war. Es gab diese und jene und noch andere Nachrichten.
    Zwei Grüße von Mikael Bau zum Beispiel, und eine Mitteilung von ihrer Mutter, die ihr erklärte, dass sie (vermutlich auch der Vater, falls ihm während Ewas Abwesenheit kein schreckliches Unglück widerfahren war) schon auf dem Sprung zum Flughafen waren, um nach Florida zu reisen und erst Ende August zurückzukehren.
    Falls sie versuchen sollte, sich bei ihnen zu melden und sich fragte, wo sie denn stecken könnten.
    Elf Mitteilungen insgesamt, wie die kühle Frauenstimme auf dem Band erklärte.
    Aber nichts von Baasteuwel.
    Nichts von Vegesack oder Kohler. Nichts von Münster.
    Nichts von Selma Perhovens.
    Ja ja, dachte Ewa Moreno und verließ ihre Wohnung, um für das Frühstück einzukaufen. Hochmut kommt vor dem Fall.
     
    Um halb sieben Uhr

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