Der Tote von der Isar: Kriminalroman (German Edition)
seiner Aufregung offenbar überhaupt nicht realisiert, dass er von einem Polizeiwagen verfolgt worden war.
»Wir haben deshalb einige Fragen an Sie«, fuhr Batzko fort.
»Das heißt, Sie wollen mich vernehmen.«
»Nein. Wenn ich Sie vernehmen würde, müsste ich Sie zuerst über Ihre Rechte …«
»Sparen Sie sich die Formel. Ich bin Jurist.«
»Also dann«, sagte Gerald mit beginnender Ungeduld in der Stimme, »wissen Sie, dass es sich um eine schlichte informelle Befragung handelt. Wir möchten gerne wissen, was in der Wohnung vor sich ging, ob noch weitere Personen dort regelmäßig ein und aus gingen, und wie Ihre Beziehung zu Herrn Baumann war. Und natürlich auch, warum Sie heute Abend Gegenstände aus dieser Wohnung geholt haben.«
Mostert schwieg. Den Blick hatte er zu Boden gerichtet, und nun bemerkte Gerald, dass sich Schweißkränze unter seinen Achseln gebildet hatten.
»Ich möchte zu allem, was mit dieser Wohnung zu tun hat, nichts sagen, ohne vorher mit meinem Anwalt Rücksprache genommen zu haben«, antwortete Mostert schließlich. Er sprach leise, dennoch bewahrte seine Stimme ihren vollen, runden Klang.
»Das ist Ihr Recht. In der Annahme, dass Sie die Ermittlungen in einem Tötungsdelikt nicht behindern wollen, setze ich voraus, dass Sie mich morgen im Laufe des Tages anrufen und mir mitteilen, wann wir das Gespräch fortsetzen können.«
Mostert nickte knapp.
»Da Sie und der Verstorbene Juristen sind beziehungsweise waren: Haben Sie sich auf beruflichem Wege kennengelernt?«, fragte Gerald, in der Hoffnung, damit ein etwas unverfänglicheres Thema anzuschneiden.
»Ja, das kann man so sagen. Wir haben beide in München studiert, kannten uns aber nur flüchtig vom Sehen. Während des Referendariats haben wir einige Stationen gemeinsam absolviert und uns etwas angefreundet, uns dann aber wieder aus den Augen verloren, weil ich einige Jahre in Bonn beschäftigt war. Vor … warten Sie, vor etwa zwei Jahren sind wir uns zufällig über den Weg gelaufen, auf dem Flur des Amtsgerichts. Er kam gerade aus einer Verhandlung, ich wartete auf meine. Genauer gesagt, es ging um meine Scheidung.«
»Wir können also davon ausgehen, dass Sie hier alleine leben?«
Mostert rutschte etwas tiefer in den Sitz, legte ein Bein über das andere und hob die Augenbrauen. »Ich wüsste zwar nicht, was das mit dem Tod von Herrn Baumann zu tun haben soll, aber ja. So ist es.«
»Verstanden«, hakte Batzko ein. »Von da an haben Sie sich dann regelmäßig getroffen?«
»Ja.«
»Auch manchmal an den Wochenenden in der Giesinger Wohnung?«
Nun bedachte Dr. Mostert Batzko mit einem abschätzigen Blick. Er hatte das eine Bein immer noch über das andere gelegt, die Arme ruhten auf den Lehnen. Sein ganzes Verhalten zielte darauf, Überlegenheit und Unangreifbarkeit zu demonstrieren. Dennoch bildeten sich auf seiner hohen Stirn winzige Schweißperlen.
»Gehe ich richtig in der Annahme, dass Sie sich vorsätzlich nicht bei uns gemeldet haben, als das Foto des toten Arndt Baumann in der Presse veröffentlicht wurde?«
Gerald konnte förmlich sehen, wie sich die Schweißkränze unter seinen Achseln vergrößerten.
»Ich … also, ich war natürlich geschockt. Wir waren schließlich befreundet, aber – das muss ich jetzt unbedingt ergänzen – haben uns praktisch nur zu zweit getroffen, ohne Familien und Freunde. Ich kannte deshalb sein berufliches und privates Umfeld nicht. Also habe ich nicht angenommen, Ihnen bei Ihren Ermittlungen helfen zu können.«
»Was machen Sie beruflich, Herr Dr. Mostert?«
»Ich bin Ministerialdirigent im Ministerium für Umwelt und Gesundheit.«
»Ihre Hobbys?«
»Bereiten wir uns auf eine Quizsendung vor, meine Herren? Aber bitte – Theater ist an erster Stelle zu nennen. Und Hörspiele. Ich bin, wie soll ich sagen, ein großer Fan des gesprochenen Wortes.«
»Dann hören Sie im Auto sicher gerne Literatur- CD s, nicht wahr? Die tiefgründigen Romane oder lieber Lyrik? Mein Vater hatte eine große Schallplattensammlung, gesprochen von hervorragenden Schauspielern wie zum Beispiel Will Quadflieg.«
Mostert war sichtlich irritiert und schien dann zu begreifen, dass er einen Fehler gemacht hatte. Er hatte nicht einkalkuliert, dass die beiden Kommissare schon in der Wohnung gewesen waren und die Polizisten vor einer Stunde beobachtet hatten, was er herausgetragen hatte.
»Aha. Ihr Vater. Toll. Wie spannend«, sagte Mostert, so desinteressiert wie möglich.
Gerald beschloss, den
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