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Der Toten tiefes Schweigen

Der Toten tiefes Schweigen

Titel: Der Toten tiefes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
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den anderen. Helen tat er leid. Er war zu jung für das alles, versuchte, alle vor der Verdammnis zu retten, wollte die Welt bekehren. Er war sorglos, entspannt gewesen, beste Voraussetzungen, und jetzt war er angespannt, besorgt, mühte sich endlos ab, maß sich an denen, die ihrer Meinung nach nicht annähernd so viel wert waren wie er. Wer es auch sein mochte, sie machten sie wütend.
    »Magst du Phil? Das spielt für mich eine Rolle.«
    »Ich kenne ihn ja nicht so richtig.«
    »Und was du von ihm gesehen hast?«
    Tom zuckte mit den Schultern.
    »Er ist ein guter Mensch, Tom. In dem Sinne, wie die meisten Menschen definieren, was gut ist.«
    »Wenn du das sagst.« Er wandte sich ab.
    »Ja, das sage ich. Aber du bist mir am wichtigsten – du und Liz. Wenn es dich wirklich stört, dann verabrede ich mich nicht mehr mit ihm.«
    Er sah sie wieder an, offen und beunruhigt. Dann kam er zu ihr und nahm sie schnell, hart in den Arm. »Du musst«, sagte er. »Mach ruhig. Spielt keine Rolle, was ich denke.«
    Er flüchtete aus dem Raum.
    Im ersten Moment wollte sie ihm nach, bremste sich aber. Tom machte ihr Sorgen, weil er sich so drastisch verändert hatte. Seine Bekehrung zu dieser Jesussekte war in Windeseile vonstattengegangen, innerhalb von ein paar Monaten hatte er von kaum etwas anderem mehr gesprochen, alte Freunde fallengelassen, seine Freizeit mit neuen aus der Kirche verbracht, war wie besessen von »Errettung und Bekehrung«, wie Lizzie verächtlich sagte. Doch sein neuentdeckter Glaube schien ihn weder glücklich zu machen noch zu erfüllen. Im Gegenteil, die meiste Zeit war er ängstlich und angestrengt. Früher war Tom entspannt und fröhlich gewesen, das meiste hatte ihn unberührt gelassen.
    Sie machte noch eine Tasse Tee und fragte sich, ob sie mit Phil darüber sprechen könnte. Doch das betraf ihn nicht. Ihre Kinder waren ihre Sache, so wie Phils Söhne die seine waren.
    Sie ging zu Bett und lag wach, machte sich Sorgen um Tom, und zum ersten Mal seit Wochen sehnte sie sich danach, dass Terry hier wäre, alles ruhig überdenken, mit Tom reden und sie beruhigen würde, wie er es immer getan hatte.
    Sie schlief, als Tom aus seinem Zimmer und aus dem Haus schlüpfte, ohne Licht zu machen, und sein Motorrad ein Stück die Straße hinaufschob, bevor er es anließ, aus Angst, er könnte sie aufmerksam machen und Fragen beantworten müssen.

[home]
    Fünfundvierzig
    D a hat sich eine Frau um die freie Stelle beworben«, sagte Ian Dean auf dem Weg zum Flugplatz. »Lucy Fry. Kennt ihr die?«
    »Hab sie schon mal gesehen. Kurze, dunkle Haare?«
    »Lesbe«, sagte Clive Rowley.
    »Na und?«
    »Ich mein ja bloß.«
    »Dafür könnte ich dich melden.«
    »Wofür?«
    Sie waren zu dritt in einem Kastenwagen voller Ausrüstung, und ihre Schicht war in einer Stunde zu Ende. Es goss in Strömen.
    »Warum tu ich mir das bloß an? Ich brauche die Überstunden nicht so dringend.«
    »Dauert höchstens ’ne Stunde«, sagte Liam Westleton, bog mit dem Wagen um eine Ecke und ließ dabei Wasser aufspritzen.
    »Stimmt, und du gibst einen aus.«
    »Ich hab nichts gegen eine Frau im Team, der beste Schütze, mit dem ich je zusammengearbeitet habe, war eine Frau.«
    Clive grunzte.
    »Wie?«
    »Haben immer ihre Tage, wenn wir in eine heikle Situation geraten.«
    »Pass auf, was du sagst, Rowley. Ich hab ja nur gemeint, sie hat sich beworben. So, wir sind da. Welchen sollen wir denn nehmen?«
    Fünf Hangars standen zur Auswahl.
    »Den ganz links«, sagte Rowley.
    »Warum?«
    »Weiß nicht. Nicht gut, den nächsten zu nehmen, wir brauchen mehr Platz.«
    Westleton pflügte sich durch die mit Wasser gefüllten Schlaglöcher und über das schlammige Gras in Richtung Hangar. Es war kurz nach Mittag. Niemand war zu sehen.
    »Eines Tages werden wir hier zum Training herkommen, und alles ist voll mit Abrissfirmen und Bauunternehmen. Früher oder später wird das hier eine Wohngegend, es ist Brachland.«
    »Ich glaube, das Gelände ist kontaminiert, Ian. Niemand weiß was damit anzufangen. Also, machen wir weiter. Der hier ist nicht gut, das Dach ist eingesunken.«
    Er wendete und fuhr den holpernden, schwankenden Wagen zurück zum zweiten Hangar.
    »Der ist zu nah an der Straße.«
    »Keiner ist nah an der Straße, und was spielt es schon für eine Rolle?«
    Clive zuckte mit den Schultern und ging direkt hinter den Wagen, nachdem sie angehalten hatten. Westleton trat an den Eisenriegel, der die Hangartüren geschlossen hielt, und hob ihn

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