Der Totengarten
und ihnen die Handtasche klauen?«
»Das haben wir nie gemacht«, sagte Richard mit einem verlegenen Grinsen.
»War nur ein Scherz«, erwiderte Ramone.
»Ich meine ganz normale Sachen, wie Basketball spielen«, erklärte Ronald. »Auf Partys gehen und Konzerte.«
»Und mit Mädchen rummachen«, ergänzte Richard.
»Sein Vater hat sowieso nicht erlaubt, dass Asa ausgeht«, sagte Ronald. »Ich weiß nicht, wir haben ihn einfach kaum noch gesehen.«
»Und sonst?«, fragte Ramone.
Richard, der Durchtriebenere der beiden, schnalzte mit der Zunge. »Er ist verweichlicht.«
»Inwiefern?«
»Er war nicht mehr wie früher. Asa hat sich nur noch für Bücher und solchen Scheiß interessiert.«
»Findest du, dass das etwas Schlechtes ist?«, fragte Ramone.
»Ich mein ja nur, ich will nicht den ganzen Tag in der Bücherei rumhängen.«
»An dem Tag, als wir ihn gesehen haben, hatte er auch ein Buch dabei«, warf Ronald ein.
»An welchem Tag?«, hakte Ramone nach.
»Bevor er ermordet wurde. Ich und Richard waren gerade auf dem Weg nach Hause. Wir hatten mit Diego und Shaka Basketball gespielt.«
»Wo genau wart ihr?«
»Ein paar Blocks hinter der Coolidge. Ich schätze, so an der Underwood.«
»Und wohin ging Asa?«
»In Richtung Piney Branch Road.«
»Habt ihr miteinander geredet?«
Ronald dachte über die Frage nach. »Wir haben hi gesagt, aber er ist einfach weitergegangen. Ich hab ihn gefragt: ›Wo willst du hin, Kumpel? Er hat mir geantwortet, aber er ist nicht stehen geblieben.«
»Was hat er geantwortet?«, fragte Ramone.
»Zum Lincoln-Kennedy Monument. Mehr hat er nicht gesagt.«
»Du meinst, zum Lincoln Memorial?«
»Monument«, korrigierte Ronald.
»Habt ihr gesehen, wie das Buch hieß, das er bei sich hatte?«, erkundigte sich Ramone.
Ronald schüttelte den Kopf. »Nee.«
»Blödmann, das hatte gar keinen Titel«, sagte Richard.
»Wie war das?«, fragte Ramone.
»Auf dem Umschlag stand nichts«, erklärte Richard. »Ich weiß das noch, weil ich dachte, verdammt komisches Buch.«
Es war ein Tagebuch, dachte Ramone.
»Erzählen Sie unserer Mom nicht, dass wir Xbox gespielt haben«, bat Ronald.
»Wir haben gesagt, dass wir lernen«, fügte Richard hinzu.
»Ihr solltet eure Mutter nicht anlügen«, rügte Ramone. »Sie ist eine gute Frau.«
»Ich weiß«, erwiderte Ronald. »Aber wenn wir ihr die Wahrheit sagen – dass wir heute keinen Bock auf Schule hatten –, regt sie sich nur auf.«
»Ich leg keinen Wert drauf, mir ein paar einzufangen«, ergänzte Richard.
Ronald deutete mit dem Kopf auf den Hüftbereich von Ramones Jackett. »Haben Sie Ihre Glock heute dabei?«
Ramone nickte.
Ronald grinste. »Damit kann man jemanden schnell außer Gefecht setzen, stimmt’s?«
»Ich hoffe, euch beiden geht es bald wieder besser«, sagte Ramone und legte im Aufstehen eine Visitenkarte auf den Tisch. »Ruht euch aus.«
Draußen ließ er den Motor an und fuhr zu Terrance Johnsons Haus. Er wollte sich dort mit Bill Wilkins treffen, der sich inzwischen sicher intensiv mit Asas Computer beschäftigt hatte. Doch als er gerade in östlicher Richtung über die Peabody fuhr, klingelte sein Handy.
»Regina.«
»Gus …«
»Was ist los?«
»Reg dich jetzt bitte nicht auf.«
»Sag mir, was passiert ist.«
»Diego wurde von der Schule suspendiert.«
»Schon wieder?«
»Es geht um diese Geschichte mit seinem Freund Toby und der Prügelei. Mr.Guy hat gesagt, er weigere sich, als Zeuge zu kooperieren, und dann noch irgendwas von Aufsässigkeit.«
»Blödsinn.«
»Außerdem hat Mr.Guy erwähnt, dass die Schulleiterin einige Fragen bezüglich unseres Wohnsitzes hat.«
»Die haben wahrscheinlich rausgefunden, dass wir in Wirklichkeit in D.C. wohnen.«
»Wie auch immer. Ich hole Diego jetzt ab. Ich habe schon mit ihm telefoniert, und er ist sehr aufgewühlt. Ich glaube, ich werde auch gleich mit der Schulleiterin reden, wenn ich schon einmal dort bin.«
»Nein, hol ihn nur ab«, bat Ramone. »Ich rede mit der Direktorin.«
»Reg dich aber erst einmal ab, bevor du da hinfährst.«
»Hol Diego ab«, sagte Ramone. »Ich rufe dich später an.«
Ramone stellte den Taurus am Straßenrand ab und rief Bill Wilkins im Haus der Johnsons an.
»Bill, ich bin’s, Gus. Es dauert noch eine Weile, bis ich zu dir kommen kann.«
»Ich sehe mir gerade den Verlauf auf Asas Computer an«, sagte Wilkins mit gesenkter Stimme. »Da ist etwas, das du dir ansehen solltest.«
»Sobald ich rüberkomme. Übrigens, hast
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