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Der Totengarten

Der Totengarten

Titel: Der Totengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Pelecanos
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landen. Ich will nicht sterben, und ich will auch niemanden umbringen. Ich will nur ehrlich arbeiten und ehrliches Geld verdienen.«
    Gaskins erzählte dem Chef, dessen Name Paul war, noch mehr über seine Situation, wenn auch nichts Konkretes. Er berichtete Paul auch von seiner Tante Mina, Romeos Mutter, und dass er ihr versprochen hatte, auf ihren Sohn aufzupassen.
    »Sie haben für ihn getan, was Sie konnten«, sagte Paul. »Jetzt nehmen Sie Ihre Sachen und verlassen Sie dieses Haus. Rufen Sie mich an, wenn Sie so weit sind. Wir treffen uns dann am Ende Ihrer Straße.«
    »Aber wo soll ich wohnen?«
    »Sie können bei mir auf der Couch schlafen, bis Sie etwas gefunden haben.«
    »Dafür können Sie ja was von meinem Lohn einbehalten.«
    »Vergessen Sie’s, Conrad. Rufen Sie mich einfach an, ja?«
    Gaskins hatte fast den ganzen Tag darüber nachgedacht. Schließlich hatte er angerufen. Jetzt hatte er seine Sachen gepackt und war bereit zum Aufbruch. Er hatte über Mina Brock nachgedacht und über das, was er ihr versprochen hatte. Romeo hatte sie schon lange nicht einmal mehr besucht. Er, Conrad Gaskins, war jetzt gewissermaßen ihr Sohn. Sie würde verstehen, selbst wenn sie vielleicht nicht fähig war, es ihm zu sagen. Er wusste das, trotzdem fühlte er sich schuldig.
    Er befestigte die Riemen seines Seesacks mit dem Klettverschluss aneinander, hob ihn auf und ging aus dem Zimmer.
    Romeo Brock war gerade erst von einem Nickerchen aufgewacht und hörte die Schritte seines Cousins. Er wälzte sich herum und schwang die Beine über die Bettkante. Während er sich räkelte, fiel sein Blick auf die beiden Gucci-Koffer, die neben seiner Kommode standen. Dann ging er zur Kommode, wo er seine Brieftasche, den Schlüsselbund und die Zigaretten aufbewahrte. Er überprüfte nach dem Aufstehen immer routinemäßig, ob noch alles an seinem Platz war.
    Außerdem befanden sich in der Kommode seine Gold Cup .45 er und sein Eispickel. Auf der Spitze des Eispickels steckte ein Korken. Romeo trug die Waffe am liebsten mit Klebeband an seiner Wade befestigt. Wenn er sie am Griff herauszog, streifte das Klebeband automatisch den Korken ab. Vielleicht hatte er das einmal in einem Film gesehen, er hielt es mittlerweile jedoch für seine eigene Idee. Ein Mann, der ein solches System erfinden konnte, war nicht dumm.
    Brock steckte sich eine Kool an und warf das Streichholz in den Aschenbecher. Er schob das Portemonnaie in die Gesäßtasche seiner Jeans und verließ barfuß, mit nacktem Oberkörper, das Schlafzimmer. Brock ging den Flur entlang, vorbei am Zimmer seines Cousins und in den offenen Wohnbereich hinaus. Dort saß Conrad auf der Couch, den Seesack zu seinen Füßen.
    Brock zog an seiner Zigarette, zog noch einmal und blies dann lange den Rauch aus.
    »Wolltest du dich etwa wegschleichen?«, fragte Brock.
    »Ich mach nicht mehr mit, Romeo.«
    »Dir geht wohl der Arsch auf Grundeis.«
    »Rauben und Morden ist leicht. Es geht um die Konsequenzen … Damit will ich nichts mehr zu tun haben, Mann.«
    »Aber wir haben es fast geschafft«, redete Brock ihm zu. »Du kannst doch wenigstens bleiben, bis wir aufgeteilt haben. Nimm deinen Anteil, und dann kannst du ja gehen.«
    »Das ist Blutgeld. Ich will es nicht. Ich will auch nicht dabei sein und mitansehen, wie du untergehst.«
    »Scheiße. Ich?«
    »Denkst du etwa, das wird nicht passieren? Selbst dein großartiger Red Fury hat sich irgendwann übernommen. Als er in diesem Gefängnishof erstochen wurde, glaubst du, dass er noch geprahlt hat? Dass er da noch stolz auf seinen Ruf war? Von wegen, Kumpel. Er hat wahrscheinlich nach seiner Mama geschrien. Das tun sie alle am Ende.«
    »Aber ich fange gerade erst an.«
    »Du bist jetzt schon erledigt«, widersprach Gaskins. »Ein Bursche wie du hat Erfolg, solange er es mit Kids und Möchtegerns zu tun hat, aber es gibt eine Grenze. Wenn du so absahnst wie neulich, fängst du an, Geld auszugeben, und dann brauchst du mehr Geld, um deinen Lebensstandard zu halten. Also drehst du größere und größere Dinger, bis du dabei mal dem Falschen auf die Zehen trittst. Dieser Jemand setzt einen Killer auf dich an, und peng, das war’s dann. Verdammt, Junge, womöglich hast du dein Schicksal sogar schon besiegelt. Das Mädchen mitzunehmen war ein großer Fehler. Dieser Broadus-Typ weiß bestimmt, wo sie arbeitet. Es passiert vielleicht nicht heute oder morgen, aber irgendwann wird ihr ein Killer zu diesem Haus folgen. Wahrscheinlich im Auftrag

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