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Der Totengarten

Der Totengarten

Titel: Der Totengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Pelecanos
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Waffen jedoch nicht gezogen. Tyree stand zusammen mit zwei anderen Crack-Konsumenten auf einem Treppenabsatz im ersten Stock, umgeben von einer grauen Wolke.
    »William Tyree?«, fragte Ramone und zückte ein Paar Handschellen, während er die letzten Stufen hinaufstieg.
    Als Tyree die Polizisten sah und seinen Namen hörte, streckte er die Hände aus und ließ sich widerstandslos die Handschellen anlegen. In seinen Taschen fanden sie Jacqueline Taylors Autoschlüssel und ihre Brieftasche.
    Alles war völlig reibungslos abgelaufen, selbst die Festnahme.

    Im Büro von Lieutenant Maurice Roberts, einem jungen, aber allgemein respektierten Vorgesetzten im VCB, saßen Ramone und Green auf einer Couch und beugten sich über ein Telefon, das auf einem Plastiktischchen vor ihnen stand. Die Freisprecheinrichtung war aktiviert. Assistant U.S. Attorney Ira Littleton gab gerade ein paar überflüssige Kommentare zu Festnahme und Vernehmung ab. Ramone und Green hatten Littletons Theorien bereits in der Praxis angewandt, als Littleton selbst noch samstagmorgens im Schlafanzug Zeichentrickfilme sah. Die meisten Detectives im Morddezernat unterhielten gute Beziehungen zur Staatsanwaltschaft; freundlich und höflich miteinander zusammenzuarbeiten war ohnehin wichtig, doch darüber hinaus entwickelten sich oft auch richtige Freundschaften. Littleton allerdings – jung, relativ unerfahren und entsprechend unsicher – war kein Staatsanwalt, der bei den Detectives beliebt war.
    »Ich würde ein explizites, umfassendes Geständnis vorziehen«, sagte Littleton gerade, »statt dass der Verdächtige nur zugibt, gestern blutige Kleidung getragen zu haben.«
    »Natürlich«, erwiderten Ramone und Green fast wie aus einem Mund.
    »Für eine Verhaftung wegen Mordverdachts haben wir nicht genug in der Hand«, fuhr Littleton fort.
    »Immerhin können wir ihn schon mal wegen Autodiebstahls anklagen«, sagte Ramone. »Und außerdem wegen Besitzes von gestohlenem Gut – er hatte die Brieftasche samt Inhalt bei sich. Das reicht, um ihn bis auf weiteres festzuhalten.«
    »Aber ich will die Mordanklage«, beharrte Littleton.
    »Versteht sich.« Bo Green warf Ramone einen Blick zu und bewegte die Faust vor seinem Schritt auf und ab. Ramone deutete mit Daumen und Zeigefinger eine Spanne von knapp drei Zentimetern an – Littletons vermutliche Schwanzlänge.
    »Beschaffen Sie das Geständnis«, forderte Littleton. »Und nehmen Sie eine DNA-Probe.«
    »Kein Problem«, versicherte Ramone.
    »Wird er sein Einverständnis zu einer Blutprobe geben?«
    »Hat er schon«, erwiderte Green. »Wir haben die Probe bereits genommen.«
    »War er auf Drogen, als Sie ihn festnahmen?«
    »Es sah ganz so aus.«
    »Die Blutprobe wird den Beweis liefern.«
    »Genau.«
    »Hatte er irgendwelche Verletzungen?«
    »Eine Schramme im Gesicht«, antwortete Ramone. »Er sagt, er erinnert sich nicht mehr, wie es passiert ist.«
    »Bestimmt findet sich seine DNA unter den Fingernägeln des Opfers«, sagte Littleton. »Was wetten Sie?«
    »Ich wette nicht so gern«, wehrte Ramone ab.
    »Der Rest dürfte ein Kinderspiel werden. Bringen wir den Fall unter Dach und Fach.«
    »Bisher hat er sich vollkommen kooperativ gezeigt, er hat nicht einmal von seinem Recht auf einen Anwalt Gebrauch gemacht. Nur hat er eben noch nicht ausdrücklich zugegeben, dass er sie umgebracht hat. Aber das ist nur eine Frage der Zeit.«
    »Okay. Haben wir die Safeway-Tüte schon sichergestellt?«
    »Gene Hornsby kümmert sich gerade darum«, sagte Ramone.
    »Hornsby ist ein guter Mann«, bemerkte Littleton.
    Ramone verdrehte die Augen.
    »Himmel, ich hoffe nur, dass die Müllabfuhr den Container noch nicht geleert hat«, fügte Littleton hinzu.
    »Das hoffe ich auch«, erwiderte Ramone, dann zeigte er dem Telefon die Zunge. Bo Green bewegte immer noch beiläufig seine Faust.
    »Dieser Fall soll ein voller Erfolg für uns werden, Jungs«, sagte Littleton.
    »Jawohl!« Im nächsten Moment fragte Green sich kurz, ob seine Reaktion nicht etwas zu enthusiastisch ausgefallen war, doch er machte sich nicht länger Gedanken darüber. »Sonst noch etwas?«
    »Geben Sie mir Bescheid, sobald Sie das Geständnis haben.«
    »Machen wir«, versprach Ramone und unterbrach die Verbindung.
    »Hast du das gehört?«, fragte Green. »Littleton hat gesagt, Gene Hornsby ist ein guter Mann. Und er hat das richtig gefühlvoll gesagt. Klang fast, als hätte er was für ihn übrig.«
    »Das wird Gene aber nicht gefallen«, bemerkte

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