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Der Totengarten

Der Totengarten

Titel: Der Totengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Pelecanos
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mit. Big G, dem Sänger von Backyard, als Showmaster. Sie sprachen über die Band-Show im Gemeindezentrum an der New Hampshire Avenue in Langley Park. Sie sprachen über Carmelo Anthony und wie unfair er in dieser Video-Sache oben in Baltimore behandelt worden war. Shaka behauptete, er habe neulich drüben bei der Georgia Avenue den NBA-Star Steve Francis und dessen Freund Bradley gesehen. Steve war in der Gegend aufgewachsen und ließ sich dort häufig blicken, um die Kids zu ermutigen.
    »Steve fuhr diesen Escalade, den er sich vor ’ner Weile zugelegt hat«, berichtete Shaka, und Diego erkundigte sich nach den Felgen. So, wie Shaka sie beschrieb, klang das ganz cool, fand Diego.
    Inzwischen war es schon etwas dunkel geworden. Die beiden Jungen standen auf und nahmen ihre Sachen. Durch den Maschendrahtzaun sahen sie, wie ihr Freund Asa Johnson die 3rd entlangging. Asa trug eine North-Face-Jacke, die ihm bis zur Mitte der Oberschenkel reichte. Er lief mit großen Schritten an ihnen vorbei und starrte dabei mit gesenktem Kopf und gerunzelter Stirn auf den Gehweg.
    »Asa!«, rief Shaka. »Wo willst du hin, Mann?«
    Asa reagierte nicht, sondern wandte das Gesicht ab. Dabei glaubte Diego auf seiner Wange etwas glänzen zu sehen.
    »Asa. Hey, warte doch!«
    Asa lief weiter. Die beiden sahen zu, wie er an der Tuckerman links abbog und Richtung Osten weiterging.
    »Was ist denn mit dem los?«, fragte Diego. »Tut, als ob er uns nicht kennt.«
    »Keine Ahnung. Ist aber reichlich warm für die North Face.«
    »Er hat auch geschwitzt. Ich wette, er will nur mit seiner neuen Jacke angeben.«
    »Hast du in letzter Zeit mal mit ihm geredet?«
    »Seit ich die Schule gewechselt habe, nicht viel.«
    »Spielt er noch Football?«
    »Nein, hat aufgehört.«
    »Vielleicht will er nur schnell nach Hause.«
    »Er wohnt in der entgegengesetzten Richtung«, wandte Diego ein.
    »Dann wollte er wohl von zu Hause weg«, vermutete Shaka. »So, wie sein Vater immer drauf ist …«
    »Vielleicht hat er ja da oben ein Mädchen.«
    »Hast du jemals mitgekriegt, dass Asa mit einem Mädchen rummacht?«
    »Stimmt auch wieder«, sagte Diego. »Dich hab ich aber auch noch nie mit einer gesehen.«
    »Ich bin ja auch nie mit nur einer zusammen«, behauptete Shaka. »Ich hab einen ganzen Stall voll.«
    »Und wo?«
    »Verrat ich dir nicht.«
    Sie verließen das Spielfeld und gingen die 3rd in südlicher Richtung. Unten hinter der Sheridan liefen sie eine kurze Ladenpassage entlang, vorbei an einem Geschäft für Damenbekleidung aus afrikanischen Stoffen, einem Friseurladen, einer Reinigung und einem Regierungsgebäude. Eine Straße weiter, an der Kreuzung von 3rd und Rittenhouse, blieben sie vor einem großen Gebäude stehen, das aussah wie ein Lagerhaus, jedoch inzwischen als Festsaal für Jubiläumsfeiern, Geburtstage und andere Veranstaltungen gemietet werden konnte. Es nannte sich Air Way VIP Room.
    »Ich geh noch zum fetten Joe rüber«, sagte Shaka. »Bisschen PS2 spielen. Er hat das neue NCAA.«
    »Mein Dad erlaubt nicht, dass ich zu Joe nach Hause gehe.«
    »Warum nicht?«
    »Joes Vater hat eine Pistole. Du weißt doch, diese kleine .32er.«
    »Wir stellen ja nichts damit an.«
    »Mein Vater will trotzdem nicht, dass ich in das Haus gehe.«
    »Okay, dann eben nicht.« Shaka schlug leicht auf Diegos ausgestreckte Faust. »Bis demnächst, Kumpel.«
    »Bis dann.«
    Shaka ging auf der Rittenhouse in Richtung Westen, wo seine Mutter am Roxboro Place ein Reihenhaus hatte. Diego ging nach Osten, zu einem blassgelben Haus am Hang, im Kolonialstil mit Stuckfassade und einer Veranda.
    Der Chevrolet Tahoe seines Vaters stand nicht davor. Diego fühlte sich zwar schon halb erwachsen, genoss aber immer noch die Sicherheit, die es ihm gab, wenn er wusste, dass sein Vater zu Hause war.
    Bald würde es dämmern. Die untergehende Sonne malte bereits lange Schatten auf das Gras.

ACHT
    »Ist die Musik okay, Sir?«, fragte Dan Holiday und warf im Spiegel einen prüfenden Blick auf seinen Klienten, einen sportlich wirkenden Mittvierziger, der entspannt auf der rechten Seite des Rücksitzes saß.
    »Ja, ist okay«, sagte der Klient. Er trug eine gebügelte Jeans, einen hochwertigen Blazer, ein Hemd mit offenem Kragen, schwarze Lederstiefel und eine Armbanduhr von Tag Heuer, die sicher einen Tausender gekostet hatte. Auch seine Frisur sah teuer aus, oben zerzaust und vorn mit Tolle. Seine ganze Aufmachung besagte: Ich muss zwar keine Krawatte tragen wie ihr anderen

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