Der Totengarten
zuging. »Bald glühen die Ketten, so viele Körbe hab ich schon geworfen.«
Diego zog sein T-Shirt aus, sodass er nur noch das Unterhemd anhatte, und wickelte das Handy hinein. Dann legte er das Bündel am Spielfeldrand an den Zaun.
»Her mit dem Leder«, sagte Diego.
Shaka warf ihm den Spalding zu, und Diego versuchte einen Sprungwurf aus mittlerer Entfernung, doch der Ball prallte vom hinteren Rand des Ringes ab.
»Bereit?«, fragte Shaka.
»Noch ein paar Würfe zum Aufwärmen. Du bist ja schon eine Weile hier.«
»Um es mit mir aufzunehmen, musst du dich mindestens einen ganzen Tag lang aufwärmen.«
»Von wegen, Alter, pass bloß auf.«
Bevor die Auseinandersetzung hitziger werden konnte, kamen die Spriggs-Zwillinge, Ronald und Richard, ans Spielfeld. Die vier unterhielten sich kurz und spielten dann zwei gegen zwei. Die Spriggs-Zwillinge waren bereits auf die schiefe Bahn geraten und häufig wegen kleinerer Straftaten mit dem Gesetz in Konflikt, was ihnen unter den Jungen ihres Alters einiges Ansehen eintrug. Doch für Diego und Shaka waren sie nichts weiter als alte Freunde. Die vier kannten sich seit der Grundschule, und jetzt schlugen sie eben unterschiedliche Wege ein.
Ronald und Richard Spriggs mochten zwar harte Burschen sein, aber von Basketball verstanden sie nichts. Diego und Shaka gewannen jedes Spiel, und als die Spriggs-Zwillinge schließlich gingen, war ihr Grinsen etwas gezwungen, und sie murmelten scherzhafte Drohungen über »nächstes Mal« und etwas davon, dass Shakas Schwester hübsch sei. Dann liefen sie den Hang hinunter nach Hause.
In der nächsten Stunde spielten Diego und Shaka einer gegen einen. Shaka war ein Jahr älter als Diego und eine Handbreit größer. Auch technisch war er Diego überlegen. Doch Diego legte sich bei jeder Sportart ordentlich ins Zeug. Beide gewannen gleich oft bis zum entscheidenden letzten Spiel, in dem Shaka die Oberhand behielt. Gerade als der Ball durchs Netz ging – ein Korbleger, den Shaka schnell und geschickt platziert hatte klingelte Diegos Handy wieder. Er nahm den Anruf an und wischte sich mit dem T-Shirt, in das er das Handy gewickelt hatte, den Schweiß vom Gesicht.
»Hi, Mom«, meldete sich Diego, nachdem er einen Blick auf das Display geworfen hatte.
»Hallo, Diego, wo bist du gerade?«
»Auf dem Sportplatz hinter der Coolidge. Mit Shaka.«
»Okay.« Regina klang beruhigt. Diego hatte nicht zufällig erwähnt, mit wem er unterwegs war, denn seine Mutter mochte Shaka und vertraute ihm mehr als Diegos anderen Freunden. »Kommst du nach Hause?«
»Bin gleich da.« Diego beendete das Gespräch.
Er ging zu Shaka, der mit dem Rücken an den Zaun gelehnt dasaß und nachsah, ob er irgendwelche Anrufe auf seinem Handy verpasst hatte. Shaka trug ein T-Shirt mit dem Bild von Bob Marley, der einen Blunt rauchte – das Cover von Catch a Fire –, obwohl er gar nicht kiffte. Er hatte es noch nicht einmal ausprobiert. Er und Diego sprachen oft darüber und romantisierten es etwas, aber sie taten es selbst nicht. Sie sahen sich als Sportler, und Diegos Eltern und Shakas Mutter hatten ihnen immer gepredigt, Sportler nähmen keine Drogen. Natürlich wussten die Jungen, dass das nicht stimmte. Aber sie kannten genügend Kids, die den Sport an den Nagel gehängt hatten, nachdem sie angefangen hatten, ein bisschen zu trinken und zu kiffen, und auch in der Schule nicht mehr so gut waren wie früher. Das gab den beiden zu denken. Diego spielte immer noch Basketball in der Yes League und Football und Basketball im Boys Club Team; Shaka ging inzwischen zur Highschool und wusste, dass er sich auf eine Sportart beschränken musste, wenn er später ernsthafte Aussichten auf ein Stipendium haben wollte. Er hatte sich für Basketball entschieden. Beide Jungen träumten davon, am College zu spielen und Profisportler zu werden.
»Du pflegst deine Exclusives ja astrein«, sagte Shaka mit einer Kopfbewegung zu Diegos Nikes.
»Die fühlen sich einfach klasse an.«
»Sehen zwar cool aus, aber heute haben sie dir auch nichts geholfen, wie?«
»Bin bloß nicht richtig ins Spiel gekommen.«
»M-hm. Vielleicht sind ja die Schuhe schuld.«
»Ich hab ein Auge auf die neuen Forums geworfen«, sagte Diego. »Mann, das sind geile Sneakers.«
»Dein Vater erlaubt dir bestimmt nicht noch ein Paar.«
»Vielleicht, wenn ich in der Schule besser werde«, erwiderte Diego.
Sie sprachen über Mädchen. Sie sprachen über Ghetto Prince, die Sonntagabend-Go-go-Show auf WPGC
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