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Der Totengarten

Der Totengarten

Titel: Der Totengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Pelecanos
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Impala.
    »Aufgedonnerte Ghettomieze«, kommentierte Rhonda. »Meine Söhne sollen sich bloß nicht einfallen lassen, so was anzuschleppen. Die käme mir gar nicht erst ins Haus.«
    »Sie ist nur so böse, weil ihre Mutter sie Trashon genannt hat.«
    »Nomen est omen«, sagte Rhonda. »Wer so heißt, aus dem kann ja nichts werden.«
    Im Judiciary Center meldeten sich Ramone und Rhonda Willis im Erdgeschoss an und fuhren dann mit dem Aufzug in die achte Etage, zu den Büros der Assistant U. S. Attorneys, der Staatsanwälte, die Kriminalfälle von der Festnahme bis zur Verhandlung und gegebenenfalls bis zur Verurteilung begleiteten. Viele Polizisten vom Morddezernat standen auf den Gängen herum oder saßen in den Büros der Staatsanwaltschaft, ein vertrautes Bild. Manche trugen schicke Anzüge, andere billige und wieder andere Jeans und Pullover. Sie machten Aussagen, plauderten, berichteten über die Fortschritte in ihren jeweiligen Fällen und schindeten Überstunden. An manchen Tagen waren hier mehr Polizisten des Morddezernats als im VCB oder auf der Straße.
    Ramone traf Staatsanwalt Ira Littleton in seinem Büro an. Die beiden besprachen den Fall Tyree und die Anklageerhebung. Das sah im Wesentlichen so aus, dass Littleton Ramone Vorträge über die Abläufe bei Gericht und die Etikette hielt. Ramone ließ den jüngeren Mann reden. Nachdem er fertig war, ging Ramone in das Eckbüro von Margaret Healy, einer hartgesottenen, cleveren Rothaarigen Mitte vierzig, die das Team der Assistant U. S. Attorneys leitete. Auf ihrem Schreibtisch türmten sich die Unterlagen, und auf dem Boden lagen weitere Papiere. Ramone ließ sich in einen der großen, bequemen Sessel fallen.
    »Diese Messerstecherei haben Sie ja zügig aufgeklärt«, bemerkte Healy.
    »Das war eigentlich Bo Greens Verdienst«, wehrte Ramone ab.
    »Dieser Job ist ein Teamsport«, widersprach Healy – einer ihrer Lieblingssprüche.
    »Glückwunsch zu der Sache mit den Salinas-Brüdern«, sagte Ramone. Kürzlich waren die Zwillinge, Mitglieder der berüchtigten MS-13, nach langwierigen Ermittlungen wegen Mordes verurteilt worden. Da es immer mehr Probleme mit hispanischen Gangs in und um D.C. gab, hatte der Fall in der Presse erhebliche Wellen geschlagen.
    »Das war ein schöner Erfolg. Ich war stolz auf Mary Yu – sie hat diese Verurteilung möglich gemacht.«
    Ramone nickte und wies mit dem Kinn zu einem Foto auf dem Schreibtisch der Staatsanwältin. »Was macht die Familie?«
    »Ich glaube, es geht ihnen gut. Vielleicht nehme ich mir dieses Jahr mal ein bisschen frei, um mich selbst davon zu überzeugen.«
    Ein Verwaltungsangestellter klopfte an Healys offene Tür und teilte Ramone mit, seine Frau wolle ihn sprechen. Ramone nahm an, dass sie bereits versucht hatte, ihn mobil zu erreichen, doch der Empfang im Gebäude war nicht besonders gut. Wenn sie so hartnäckig war, musste es ein Notfall sein. Alana oder Diego, dachte er sofort und stand aus seinem Sessel auf.
    »Entschuldigen Sie mich, Margaret.«
    Er nahm den Anruf in einem leeren Büro entgegen und hörte sich an, was Regina ihm aufgebracht, aber mit beherrschter Stimme berichtete. Als er wieder auf den Flur kam, sah er, wie Rhonda Willis gerade mit ein paar Detectives herumalberte. Er erzählte ihr von dem Anruf und wohin er unterwegs sei.
    »Soll ich dir Gesellschaft leisten?«, fragte Rhonda.
    »Du musst doch aussagen.«
    »Ich habe inzwischen erfahren, dass ich heute doch noch nicht dran bin. Was ist mit der Anklageerhebung?«
    »Darum kümmere ich mich später«, sagte Ramone. »Komm, den Rest erkläre ich dir unterwegs.«
    Marita Bryant beobachtete von ihrem Haus in Manor Park aus, wie mehrere Streifenwagen und Zivilfahrzeuge vor dem Grundstück der Johnsons gegenüber eintrafen und wie der große, kahlköpfige Detective das Haus betrat. Sie war noch immer auf ihrem Posten, als Terrance Johnson in seinem Cadillac vorfuhr, parkte und zur Haustür rannte. Kurz darauf kam ein Notarztwagen. Helena Johnson, Terrances Frau und die Mutter ihrer Kinder – Asa, vierzehn, und Deanna, elf –, wurde auf einer Trage aus dem Haus gebracht und im Notarztwagen abtransportiert. Terrance, der sie bis an die Straße begleitete, war sichtlich mitgenommen und stolperte. Als sie fort war, blieb er einen Moment stehen und wechselte ein paar Worte mit seinem Nachbarn, einem Rentner namens Colin Tohey. Dann führte der Detective ihn zu einem Zivilwagen und half ihm hinein. Die beiden fuhren davon.

    Marita Bryant

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