Der Totengarten
Bestes.«
»Das meine ich nicht. Ich bitte Sie ganz persönlich. Ich will, dass Sie die Bestie finden, die meinem Sohn das angetan hat.«
Ramone versprach es.
Während sie ihr Bier austranken, zog sich der Himmel zu. Es begann zu tröpfeln. Sie standen da und ließen sich die Gesichter vom Regen kühlen.
»Gott weint«, sagte Terrance Johnson; seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
Für Ramone war es nur Regen.
VIERZEHN
Romeo Brock und Conrad Gaskins hatten ihren Wagen an einer Hofeinfahrt geparkt, an einer von Bäumen und Vorgärten gesäumten Straße im Norden der Stadt, abseits der Georgia in Shepherd Park. Dies war nicht der vornehmste Teil des Viertels, eher der weniger elegante, östlich der Avenue. An den Hof grenzten mehrere zweistöckige Doppelhäuser und Häuser im Kolonialstil mit verblasster Verkleidung und Gitterstäben an den Fenstern und Türen im Erdgeschoss.
Das Haus von Tommy Broadus war stärker gesichert als die anderen, auch die Sturmtür und die Fenster im Obergeschoss waren vergittert. Hoch über dem Eingang waren Lampen mit Bewegungsmeldern, die bereits reagierten, wenn jemand nur über die Mitte des Bürgersteigs ging. Das Grundstück vor dem Haus war gepflastert, sodass es Platz für zwei Wagen bot; dazwischen blieb nur ein schmaler Streifen Gras. Ein schwarzer Cadillac CTS und ein rotes Solara Cabrio standen nebeneinander.
»Er hat Damenbesuch«, stellte Brock fest.
»Das Cabrio gehört bestimmt ihr.«
»Ein Mann würde nie einen Solara fahren. Höchstens ein Schwanzlutscher. Das verstehen Mädchen unter einem Sportwagen.«
»Okay. Aber der Caddy muss seiner sein.»Gaskins kniff die Augen zusammen. »Das ist das V-Modell.«
»Das ist kein Caddy«, widersprach Brock. »Ein 74er-Eldorado ist ein Cadillac. Aber das da … Ich weiß auch nicht, was das ist.«
Gaskins verbiss sich das Grinsen. Für seinen Cousin war die Welt in den 70ern stehengeblieben. Damals, als Typen wie Red Fury in D.C. und ein gewisser Mad Dog aus Baltimore Helden der Straße waren. Als es noch Geschäftsleute wie Frank Matthews in New York gab, einen schwarzen Dealer, der die Italiener in ihrem eigenen Spiel geschlagen hatte; sein Umschlagplatz war eine bewaffnete Festung namens Ponderosa gewesen, und er hatte ein Anwesen auf Long Island besessen. Romeo hätte eins seiner Eier dafür gegeben, in der damaligen Zeit zu leben und mit solchen Leuten Geschäfte zu machen. Er kleidete sich in enge Stoffhosen und Synthetikhemden. Er rauchte sogar Kools als Hommage an jene Zeit. Er hätte auch sein Haar als Naturmähne getragen, wenn er nicht diesen großen kahlen Fleck auf dem Scheitel gehabt hätte, der jede Langhaarfrisur ruinierte. Deshalb rasierte er sich den Kopf.
»Ich bin das Warten leid«, sagte Gaskins.
»Es ist gerade erst dunkel geworden«, entgegnete Brock. »Wenn der Kurier kommt, dann jetzt. Wie Fishhead gesagt hat: Diese Jungs sind am liebsten nach Sonnenuntergang unterwegs, aber nicht so spät, dass sie auffallen.«
»Sagt Fishhead.«
»Nur weil er einen bescheuerten Namen hat, heißt das noch lange nicht, dass er nur Schwachsinn redet.«
Wenig später kam ein Fahrzeug die Straße entlang und wurde langsamer, als es sich dem Hof näherte. Brock und Gaskins rutschten tief in ihre Sitze, als der Wagen an ihnen vorbeifuhr und quer zum Bordstein hielt. Es war ein Mercury Sable, das Schwestermodell des Ford Taurus.
»Na, was hab ich gesagt?«, triumphierte Brock. »Bis jetzt lag Fishhead goldrichtig.«
Er legte die Hand auf den Türgriff.
»Was willst du machen?«
»Ihn überrumpeln.«
»Vielleicht ist er bewaffnet. Dann hast du nichts als ’ne Schießerei auf der Straße.«
»Was sollen wir sonst tun?«
»Denk mal nach, Junge. Wenn er mit dem Geld rauskommt, lassen wir ihn kommen. Und dann kann er sich auf was gefasst machen.«
»Wenn er jetzt eine Knarre hat, dann hat er die nachher immer noch.«
»Aber dann hat er wenigstens was, wofür sich die Schießerei lohnt.«
Ein junger Mann, ordentlich, aber nicht auffällig gekleidet, stieg aus dem Mercury und ging auf das Haus zu. Dabei zog er ein Handy heraus und sah sich um. Er bemerkte die Männer in dem Impala nicht, denn ihre Köpfe ragten kaum über den unteren Rand der Windschutzscheibe, und ihr Wagen stand ein ganzes Stück entfernt. Als der Mann den Bürgersteig entlangging, schalteten sich die Sicherheitsleuchten am Haus ein, und die vergitterte Sturmtür öffnete sich, als er näher kam. Dann öffnete sich auch die
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