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Der Totengarten

Der Totengarten

Titel: Der Totengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Pelecanos
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Eingangstür. Der Mann betrat das Haus.
    »Hast du das gesehen?«, fragte Gaskins.
    »Da war niemand, der aufgemacht hat.«
    »Stimmt. Er hat angerufen, und die Türen haben sich von selbst geöffnet. Ferngesteuert.«
    »Ich rieche Geld«, bemerkte Brock.
    »Warte.«
    Sie blieben noch eine halbe Stunde lang im Wagen sitzen. Als sich die Vordertür des Hauses erneut öffnete, erschien nicht der Mann, der mit dem Mercury gekommen war, sondern eine Frau, groß, mit üppigen Kurven und lockigem Haar. Sie trug in einer Hand ein kleines Täschchen, in der anderen hielt sie ein Handy.
    Brock stieß einen leisen Pfiff aus.
    »Wegen der sind wir nicht hier.«
    »Ich weiß, aber – meine Fresse!«
    Sie sahen der Frau zu, wie sie in den roten Solara stieg, den Motor anließ und rückwärts aus der Auffahrt setzte.
    »Jetzt sag mir bloß nicht, ich soll noch länger warten«, sagte Brock. »An die hängen wir uns dran.«
    Gaskins widersprach nicht. Als der Solara an ihnen vorbeifuhr, drehte Brock den Zündschlüssel. Er schaltete die Scheinwerfer ein, wendete und folgte der Frau in geringem Abstand bis an die Kreuzung zur 8th. Als sie vor dem Stoppschild dort abbremste, gab er Gas, überholte, schwenkte vor ihr abrupt wieder ein und schaltete auf Parken. Dann sprang Brock aus dem Chevy und ging um das Heck herum, wobei er seinen Colt zog. Die Frau ließ das Fenster herunter, und als er näher kam, hörte er sie bereits protestieren. Er trat an den Toyota heran und richtete die Waffe auf ihr Gesicht. Ihre großen, schönen braunen Augen weiteten sich. Sie schien allerdings lediglich überrascht, nicht verängstigt.
    »Wie heißt du, Baby?«
    »Chantel.«
    »Klingt französisch. Wohin des Weges, Chantel?«
    »Zigaretten kaufen.«
    »Das wird nicht nötig sein. Ich habe reichlich.«
    »Wollen Sie mich ausrauben?«
    »Nicht dich. Deinen Freund.«
    »Dann lassen Sie mich weiterfahren.«
    »Du gehst verdammt nochmal nur zurück in dieses Haus.« Brock wies mit dem Pistolenlauf in die betreffende Richtung. »Jetzt steig aus dem Wagen.«
    »Sie brauchen gar nicht in diesem Ton mit mir zu reden.«
    »Bitte … Steig aus dem gottverdammten Wagen.«
    Sie schaltete den Motor ab, trat vor den Toyota und gab Brock die Schlüssel. Der warf sie Gaskins zu, als dieser näher kam. In der freien Hand hielt Gaskins eine Rolle Klebeband.
    »Mein Partner fährt ihn zurück«, sagte Brock. »Du kommst mit mir.«
    »Hören Sie, wenn Sie mich umbringen wollen, dann tun Sie es jetzt gleich. Ich will kein Klebeband um den Kopf haben.«
    Brock grinste. »Ich glaube, wir werden uns verstehen.«
    Die Frau musterte ihn. »Sie sehen aus wie ein Teufel. Hat Ihnen das schon mal jemand gesagt?«
    »Gelegentlich«, erwiderte Brock.

    Ins Haus zu gelangen war einfach. Chantel Richards rief von draußen ihren Freund Tommy Broadus an, der mit seinem Kurier, einem jungen Mann namens Edward Reese, im Wohnzimmer saß. Er drückte einen Knopf auf der Fernbedienung, daraufhin öffnete sich erst die Sturmtür, dann die Eingangstür, und Chantel, Brock und Gaskins traten ein.
    Sie gingen schnurstracks ins Wohnzimmer, Brock und Gaskins mit vorgehaltenen Waffen. Tommy Broadus saß in einem großen Ledersessel, einen Cognacschwenker mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit in der Hand. Edward Reese trug ein weißes Polohemd von Rocawear über einer weiten Jeans und Timberlands, saß ihm gegenüber auf der anderen Seite eines nierenförmigen Marmortischchens und trank etwas von gleicher Farbe. Keiner der beiden rührte sich. Gaskins klopfte sie rasch ab und stellte fest, dass sie clean waren.
    Brock teilte Tommy Broadus mit, sie seien gekommen, um ihn auszurauben.
    »Das könnte selbst Stevie Wonder sehen«, erwiderte Broadus, Ketten auf der Brust, Ringe an den Fingern, einen Hintern, der schier aus dem Sessel quoll. »Aber wisst ihr, ich habe gar nichts Wertvolles hier.«
    Brock hob die Pistole. Chantel Richards stellte sich hinter ihn. Er schoss einmal in den Spiegel über dem knisternden Kamin, dessen verschnörkelter Rahmen mit Blattgold verziert war. Der Spiegel zerbarst, und Scherben flogen durch den Raum.
    »Jetzt hast du noch weniger«, sagte Brock.
    Alle fünf warteten einen Moment, bis das Klingeln in ihren Ohren nachließ und sich der Pulverdampf verzogen hatte. Das Wohnzimmer war ein hübscher, üppig eingerichteter Raum mit Möbeln von der Wisconsin Avenue und nackten weißen Frauenskulpturen mit Vasen auf den Schultern. Ein Plasmafernseher auf einem Unterschrank

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