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Der Totenleser

Der Totenleser

Titel: Der Totenleser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonio Garrido
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flammender Blitz die Dunkelheit und seine Beschämung. Pfirsichblüte hingegen hielt seinem Blick unerschrocken stand.
    Langsam und mit aufreizendem Gang näherte sie sich ihm, dann nahm sie seine Hand und entführte ihn in die leere Schaluppe. Sie sah ihn fest an, als sie ihre sanften Hände unter seinem Hemd verschwinden ließ. Cis Herz tat einen Sprung, Pfirsichblüte lächelte verführerisch, und schon wanderten ihre zauberhaften Hände abwärts und umfassten sein pulsierendes Geschlecht. Er stöhnte leise. Dann legte sie ihre Lippen auf seine, zog ihn zu sich herunter, und zusammen ließen sie sich auf den Holzboden gleiten. Ihr Körper aus duftendem Honig brachte Ci um den Verstand, ihn plagte die Angst, während er sich gleichzeitig danach sehnte, sich in ihr zu verlieren. Mit der Gier eines Verhungernden presste er sie an sich, mit der Sehnsucht eines Bedürftigen küsste er sie und trank von ihrem Gift, diesem berauschenden Likör, der jeden Widerstand in ihm brach und seine Begierde entfachte.
    »Nein«, flüsterte Ci und ließ sie doch gewähren, als sie begann, ihn vollständig zu entkleiden.
    Er glaubte zu sterben, als Pfirsichblüte sich rittlings auf ihn setzte und ihre Hüften gleichmäßig hin- und herbewegte. Dabei griff sie nach seinen Händen und legte sie auf ihre kleinen Brüste. Ci fühlte sich in eine unbekannte Weltentführt, in der sich aller Schmerz in einem unbeschreiblichen Gefühl der Wonne auflöste.
    Ci suchte mit dem Mund ihren Nacken, atmete den Duft ihrer Haare, umschlang ihren nackten Körper. Pfirsichblüte bewegte sich immer schneller, schlängelte sich atemlos auf ihm, als hätte sie keinen einzigen Knochen im Leib. Ci wünschte, sie zu verschlingen, er umklammerte sie, als sei er dem Tode nahe, und gemeinsam explodierten sie.
    Am nächsten Tag fand ihn Ze schlafend und völlig nackt in der Schaluppe. Der Alte lachte und schüttelte ihn.
    »Dafür wolltest du sie also, du Gauner! Los, wach auf und schwing dich ans Ruder. Die Stadt des Todes erwartet uns.«
10
    Als er die ersten Häuser der Stadt sah, wurde Wang zusehends unruhig. Für ihn war die Stadt des Todes wie ein gefährliches Glücksspiel, in dem er, abgesehen davon, dass er die schlechtesten Karten hatte, mit gebundenen Händen setzte. Die Stadt war ein Nest von Kriminellen, Verbannten, Schwarzhändlern, Spekulanten, Zockern und Prostituierten, die sich bereithielten, jeden Fremden auszubeuten, der von Bord ging. Daran erinnerte ihn seine Narbe am Bauch jeden Morgen. Doch diesmal schien das übliche Geschrei am Hafen von einer eigenartigen Stille verschluckt. Die Mole war verlassen, Hunderte Barkassen lagen vertäut da wie Gespenster im Nebel. Das einzige Geräusch war das Plätschern der Wellen, die die Barkassen in einem düsteren Tanz wiegten.
    »Seid wachsam«, warnte Wang.
    Der Kahn glitt zwischen den verlassenen Booten in Richtungdes Landungsstegs. Im Vorbeischippern entdeckte Ci einen Toten an Bord einer Schaluppe, der in einer Pfütze aus Blut lag. Kaum hatte er entsetzt aufgeschrien, als er in der Ferne weitere Leichen im Wasser treiben sah.
    »Das ist die Plage«, vermutete Ze. Die Angst stand dem Bootsmann ins Gesicht geschrieben.
    Wang nickte stumm. Ci setzte sich fassungslos neben seine Schwester, Pfirsichblüte hielt sich ein wenig abseits.
    »Wir fahren weiter flussabwärts«, entschied Wang. »Du, nimm eines der Ruder«, befahl er der Prostituierten.
    Doch Pfirsichblüte dachte nicht daran, den Befehlen des Alten zu gehorchen. Stattdessen packte sie plötzlich Mei Mei und drohte, sie ins Wasser zu stoßen.
    »Was ist in dich gefahren?«, rief Ci entgeistert.
    Mei Mei begann zu weinen.
    »Das Geld«, keifte Pfirsichblüte. Ihr hübsches Gesicht nahm mit einem Mal harte Züge an. »Das Geld, oder ich werfe sie rein.«
    »Verdammt seist du! Lass sofort meine Schwester los!« Ci wollte sich auf Pfirsichblüte stürzen, doch Wang ging dazwischen.
    »Nicht, Ci. Es ist das giftige Wasser«, warnte der Alte.
    Ci blieb stehen. Er hatte von der schrecklichen Krankheit gehört, die das Wasser des Flusses verursachte.
    »Werft mir das Geld rüber. Sofort!« Pfirsichblüte machte einen Schritt zurück. »Ich versichere dir, dass ich sie sonst reinwerfe.«
    Ci sah zu Wang hinüber, doch der Alte rührte sich nicht. Er schien nicht vorzuhaben, auf Pfirsichblütes Forderungen einzugehen.
    »Pass mal auf, du kleines Biest«, sagte Wang zu Pfirsichblüte. »Lass das Kind los und hau ab, oder ich selbst werde dich

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