Der Totenschmuck
dem kurz gemähten Rasenstreifen zu einer großen Veranda mit Steinfußboden hinter dem Haus. Ein paar Stufen führten von der Veranda zu einem nierenförmigen Pool, der mit dunkelgrünen Fliesen gekachelt war. Vier Chaiselongues warteten daneben. Auf einer Seite der Wiese, mit Blick zum Meer, umringt
von den drei Golden Retrievern, zeigte sich die zusammengesackte Gestalt von Paddy Sheehan, seine Arme hingen an den Seiten des Rollstuhls herunter.
Sweeney sah sich um. Sonst war niemand draußen, also trat sie an den Rollstuhl und beugte sich hinab. »Hallo, Mr Sheehan.«
Er zuckte zusammen - er war eingenickt, wie sie jetzt bemerkte - und die Hunde sprangen auf und wedelten aufgeregt um Sweeneys Beine. »Entschuldigung«, sagte sie. »Ich wollte Sie nicht erschrecken, ich suche nur nach Jack. Wissen Sie, wo er ist?«
Paddy Sheehan suchte ihren Blick und sagte: »Was, was?«, während er nach den Rädern des Rollstuhls griff.
»Entschuldigen Sie, ich suche Jack. Ich bin Sweeney St. George.«
Er ließ die Räder wieder los und entgegnete vorwurfsvoll: »Sie waren im Haus. Sind Sie mit meinem Enkel befreundet?«
»Ich war die Professorin von Brad«, sagte Sweeney.
»Er war ein guter Junge«, begann Paddy Sheehan. »Er hat gerne Krebse gefangen. Er hat eine Angelschnur ins Wasser gehängt und ist stundenlang sitzen geblieben. Er war geduldig. Geduldig, wissen Sie.«
»Ja«, antwortete sie. »Ich habe ihn sehr gemocht.«
»Er war ein guter Junge.« Paddy Sheehan starrte auf das Meer, als hätte er vergessen, dass sie neben ihm stand.
»Ich weiß.« Sie wusste nicht recht, was sie sagen sollte. »Es tut mir sehr leid.«
Plötzlich blickte Paddy Sheehan sie an und sagte: »Sie denken, dass ich nicht hören kann, was sie reden, aber das stimmt nicht. Ich höre, worüber sie sich unterhalten. Ich hörte sie streiten.«
»Streiten?«
»Zu viel Geschrei. Sie wissen nicht, dass ich sie hören kann.«
Sweeney versuchte erfolglos, das Gespräch zu beenden und war erleichtert, als sie aufsah und Jack entdeckte, der in Khakihosen und seinem verschlissenen T-Shirt über den Rasen auf sie zukam. Sie fühlte sich sofort gehemmt. Sie war overdressed.
»Du hast es also geschafft«, rief er. »Wirst du hier draußen von Paddy mit Beschlag belegt?«
Sweeney ließ sich von ihm küssen, dann schlüpfte sie in die Strickjacke, die sie sich um die Hüfte gebunden hatte.
»Kalt?«, fragte Jack und reichte ihr ein Bier. Sie schüttelte den Kopf und er sagte: »Komm mit rein und sag den anderen Hallo. Willst du mitkommen, Paddy?«
Paddy Sheehan schwieg, aber Jack umfasste die Griffe des Rollstuhls und schob ihn über den Rasen auf das Haus zu.
Sie traten durch eine Flügeltür am Ende der Veranda. Sweeney hatte die Orientierung verloren und war sich nicht sicher, in welchem Teil des Hauses sie sich befand, bis Jack sie durch ein geräumiges Esszimmer führte, mit einer Tapete aus gemalten Weinreben und mit dunklen Möbeln aus der Missionarszeit vollgestellt. Einige Aquarelle mit maritimen Motiven hingen an den Wänden, die jedoch nicht mit dem Blick auf den Atlantik durch die großen Fenster an der Rückwand des Raumes konkurrieren konnten. Das Zimmer war einmal ordentlich aufgeräumt gewesen, aber jetzt türmten sich auf dem Tisch Briefstapel, und alles wirkte leicht verwohnt und ramponiert, die Sitzpolster ausgeblichen, das Holz matt.
Sie betraten eine riesige altmodische Küche mit einer frei stehenden Arbeitsfläche in der Mitte und einer Spüle so groß wie eine Badewanne an der Wand. Sweeney sah vor ihrem inneren Auge das Personal der viktorianischen Zeit mit weißen Schürzen das Abendessen für die Familie zubereiten. Aber es gab in der Küche einen blitzenden neuen Herd in Restaurant-Qualität und einen gigantischen Kühl- und Gefrierschrank und Kitty war diejenige, die jetzt auf der Arbeitsfläche
Pastetenteig ausrollte. Melissa und Camille saßen an einem großen runden Küchentisch, schälten einen Berg Granny-Smith-Äpfel und schnitten sie in Stücke. Als Melissa aufsah, um sie zu begrüßen, musste Sweeney sich zusammennehmen, um nicht die Prellungen und Schürfwunden in ihrem Gesicht anzustarren. Ihre Stirn war von roten Schrammen übersät, eine Wange hatte sich violett verfärbt.
Sweeney reichte Kitty den Tulpenstrauß, als Drew hereinkam. Er begrüßte Sweeney, nahm sich ein Bier aus dem Kühlschrank und warf Melissa einen besorgten Blick zu. Sweeney sah ihn zum ersten Mal nicht im Anzug und war erstaunt,
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