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Der Totenschmuck

Titel: Der Totenschmuck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stewart Taylor
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verbannt, fern von ihrer Familie, fern von den Privilegien der Familie, fern von den Vorzügen des Familiennamens. Sweeney dachte nach. Wenn Edmund unehelich gewesen war, hatte sie sich vielleicht schuldig gefühlt, unwürdig, neben ihrem Ehemann beerdigt zu werden. Aber hätte sie dann nicht dafür gesorgt, dass ihr Sohn später neben
ihr begraben worden wäre? Das ergab irgendwie keinen Sinn. Sweeney machte eine Skizze von dem Stein und ließ ihren Blick länger als gewöhnlich auf ihm ruhen, bevor sie wieder den Weg Richtung Stadt einschlug.
     
    Kurz vor Annas Haustür summte ihr Handy in der Tasche ihres Kleides.
    »Hallo?«
    »Sweeney? Tim Quinn.« Seine Stimme klang abgehackt wegen der schlechten Verbindung.
    »Hallo. Ist etwas passiert?«
    »Nein, nein. Ich habe nur die Ergebnisse des DNA-Tests bekommen und wollte Ihnen Bescheid sagen.«
    »Oh, das ist gut. Konnten Sie beweisen, dass -?«
    Aber er unterbrach sie mit geschäftsmäßiger, barscher Stimme. »Ich fürchte, Sie werden enttäuscht sein. Wir haben das Haar aus dem Medaillon getestet, und Charles Putnam ist mit Brad Putnam verwandt. Ich denke, das Datum auf der Brosche muss falsch sein.«
    »Aber …« Erst jetzt wurde ihr klar, wie sehr sie auf eine Bestätigung ihres Verdachts gehofft hatte. »Sind Sie sicher? Daran muss irgendwas verkehrt sein.«
    »Doch, es gibt keinen Zweifel.« Im Hintergrund waren Stimmen zu hören.
    »Aber ich bin auf dieses Buch gestoßen. In der Historischen Gesellschaft. Ich denke, dass Belinda 1863 im Winter hierhergekommen ist und sie muss -«
    »Es tut mir leid, ich muss los.« Er klang genervt.
    »Warten Sie, ich wollte Ihnen erzählen, dass ich mit meinen Studenten gesprochen habe, und sie haben gesagt, dass Brad keine Drogen genommen hat in der Nacht, als er starb. Ich wollte nur, dass Sie das wissen.«
    »Ja, danke. Wir ermitteln jetzt in eine andere Richtung. Und ich muss jetzt wirklich los. Auf Wiederhören.« Die Verbindung wurde unterbrochen.

    Perplex steckte sie es wieder ein. Aber sie hatte doch den Beweis! Sie wusste, dass Belinda in Newport gewesen war, und sie wusste, dass sie bis März geblieben war. Eine andere Erklärung gab es dafür nicht. Wie konnte Brad die gleiche DNA haben wie Charles Putnam, wenn Edmund Putnam gar nicht der Sohn von Charles war? Das machte keinen Sinn.
    Es machte nur dann Sinn, wenn sie sich in allem anderen getäuscht hatte, wenn der Mord nichts mit der Familie zu tun hatte, sondern wenn es irgendein Fremder gewesen war, der in Brads Wohnung eingedrungen war, Brad ans Bett gefesselt vorgefunden und ihn getötet hatte. Das musste Quinn gemeint haben, als er gesagt hatte, dass er in eine neue Richtung ermittelte.
    Sweeney ließ diese Erkenntnis erst mal sacken. Sie hatte falsch gelegen. Sie hatte viel Aufhebens um eine Sache gemacht, die gar nichts mit dem Mord an Brad zu tun hatte. Sie hatte Quinns Zeit vergeudet und vielleicht die Ermittlungen in eine falsche Richtung gelenkt.
    Entmutigt schlenderte sie die Thames Street zurück, schaute in ein paar Buchläden und schicke Boutiquen hinein, die die betuchten Sommergäste mit Strandlektüre und Bademoden versorgten. Um sich zu trösten, ging sie in einen Coffee Shop am Strand, kaufte sich ein Sandwich mit Eiersalat und las den Globe, während sie aß.
    Sie war gerade von ihrem Stuhl aufgestanden und wollte gehen, als sie jemand am Arm fasste und sagte: »Ich habe mir gleich gedacht, dass du es bist. Du bist unverkennbar, auch aus der Ferne.«
    Seine blauen Augen waren wie Granit unter der Markise des Deli Shops. Sie hatte Jack Putnam seit dem Abend in seiner Wohnung weder gesehen noch gesprochen.
    »Was machst du hier?«, fragte er, als sie stumm blieb. Er hielt die Hand schützend vor die Augen, damit die tief stehende Nachmittagssonne ihn nicht blendete. In den Badeshorts mit Hawaii-Muster und dem ausgeblichenen blauen
T-Shirt wirkte er jünger, als er ihr je vorgekommen war, obwohl er immer noch blass war unter seinem Teint und seine Augen müde blickten.
    »Anna besuchen. Und du?«
    »Wir sind alle hierhergekommen, um Drew beizustehen. Hast du von Melissa gehört?«
    »Ja. Es tut mir so leid«, entgegnete Sweeney. »Ich habe viel an sie gedacht. Wie geht es ihr?«
    »Sie wird schon wieder. Sie sieht zwar nicht gerade umwerfend aus, und sie kann sich an nichts erinnern, aber sie hatte großes Glück.«
    Es entstand ein betretenes Schweigen, und schließlich sagte Sweeney: »Also dann, ich werde mich mal auf den Heimweg

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