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Der Totenschmuck

Titel: Der Totenschmuck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stewart Taylor
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Gesicht, als würde sie sich vor den Dämonen der Traumwelt schützen. Er wollte sie hochnehmen, aufwecken und ihr in die Augen sehen, damit sie sich geborgen fühlte, aber er wusste, dass der Teufel los war, wenn Debbie aufstehen musste, weil sie das Baby weinen hörte. Stattdessen legte er ihr seine Hand auf den Kopf, der noch immer eine Delle hatte, und weiches, zartes, helles Haar, das kaum zu sehen war. Eine plötzliche Übelkeit stieg in ihm auf, er wandte sich ab und schloss die Zimmertür hinter sich.
    In ihrem Schlafzimmer herrschte Chaos, Kleider hingen an den Bettpfosten und quollen aus der Kommode. Er begann, die sauberen Sachen von den schmutzigen zu trennen, verlor die Geduld und stopfte alles in den Wäschekorb. Dann zog er sich aus und stellte sich kurz unter die Dusche, bevor er ins Bett schlüpfte.
    Er lag im Dunkeln und dachte an den Sohn der Putnams. Quinns und Mauras Bett hatte vier niedrige Pfosten, die ungefähr so hoch waren wie die von dem Bett, auf dem Brad gestorben war. Quinn drehte sich auf den Bauch und streckte die Arme nach den Pfosten aus. Wie lange hatte es gedauert, seine Hände festzubinden? Eine Minute bestimmt, um sicherzugehen, dass es nicht zu locker war. Aber es war gar nicht so stramm gewesen. Wenn Brad Putnam versucht hätte, sich zu befreien, wäre ihm das auch gelungen, dachte Quinn. Warum hatte er nicht versucht, sich loszumachen und zu fliehen, während sein Angreifer seine andere Hand gefesselt hatte?

    Es gab zwei Möglichkeiten: Entweder wollte er festgebunden werden, oder er war nicht bei Bewusstsein gewesen. Quinn erinnerte sich an den Tequila-Gestank. Vielleicht traf beides zu. Vielleicht hatte er jemanden für ein kleines SM-Abenteuer eingeladen und sich so stark betrunken, dass er ohnmächtig geworden war. Sie hatten seinen Mitbewohner gefragt, ob er jemanden gekannt hatte, der das mit ihm hätte machen können, aber der Mitbewohner hatte nur erschrocken geguckt und gesagt, er kenne sämtliche Freunde von Brad.
    Kurz bevor er einschlief, schreckte er hoch, weil er dachte, dass Megan weinte. Aber als er sich im Bett aufsetzte, wurde ihm klar, dass er nur den Wind gehört hatte.

Sieben
    Der Waldsänger bemerkte sie nicht. Der kleine Vogel saß auf einem Zweig und hielt den Kopf ganz still. Seine Federn konnte sie durch ihr Fernglas nur verschwommen erkennen, und sie korrigierte den Fokus, um sie gestochen scharf zu sehen. Sie beobachtete ihn eine Weile und erfreute sich einen Sekundenbruchteil daran, wie er auf seinem Zweig auf und ab wippte, bevor sie das Fernglas senkte und sich nach den Hunden umdrehte.
    Sie hatte ihnen antrainiert, oben am Steilhang auf sie zu warten, damit sie die Vögel nicht störten. Sie gehorchten inzwischen einwandfrei - nur Bella war manchmal nicht so brav und schnüffelte im Gebüsch herum, legte sich dann aber wieder neben Rufus und Ollie.
    Nun blickte sie zu den drei goldfarbenen Köpfen hinauf, die sie musterten und darauf warteten, zu ihr laufen zu dürfen. Sie kraxelte in der Morgendämmerung den Pfad wieder zurück, rief »Okay« und die Hunde stürmten ihr entgegen.
    Plötzlich erinnerte Kitty sich daran, wie Brad auf demselben Hügel auf sie zugelaufen war. Sie sah ihn so deutlich vor sich, als hätte sie ein Foto wiedergefunden. Es war Sommer gewesen, sie hatte entlang des Steilhangs Vögel beobachtet und sich wieder auf den Nachhauseweg gemacht. Sie war den Weg hinaufgestiegen, als er mit den Hunden angerannt gekommen war - damals hatten sie vier Golden Retrievers, Rufus und die drei, die schon tot waren, Molly, Sally und Polly.

    Und jetzt war Brad auch tot! Das war unvorstellbar. Wenn sie vor drei Tagen gefragt worden wäre, wie sie reagieren würde, wenn noch eines ihrer Kinder sterben würde, hätte sie geantwortet, dass sie genau wusste, wie es war, wie es sich anfühlte. Aber das stimmte überhaupt nicht. Es war Brad, das war etwas völlig anderes, ein neuer Schmerz. Das war ihr natürlich auch bei Petey so gegangen. Sie spürte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen, blieb unbeholfen stehen und blickte über das Meer.
    »Na, ihr Hunde«, sagte sie und unterdrückte ein Schluchzen. »Kommt her, Rufus, Ollie und Bella!« Wo waren sie nur? Sie merkte auf einmal, dass sie sie brauchte, den Druck spüren musste, wenn sie sich an ihre Knie schmiegten. Sie musste ihnen über ihre seidigen Köpfe streicheln.
    Sie rieb sich die Augen und wandte den Blick zum Haus.
    Andrew stand oben am Weg, und die Hunde sprangen ausgelassen

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