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Der Totenschmuck

Titel: Der Totenschmuck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stewart Taylor
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Wohnung in Cambridge aufgefunden.« Weiterhin wurde erwähnt, dass er Kunstgeschichte studiert und kurz vor seinem Abschluss gestanden hatte und das Wandern gemocht hatte, Tennis gespielt und gemalt hatte. Sweeney sowie weitere Dozenten und Studenten wurden zitiert, die dem Leser den Eindruck vermittelten, dass Brad ein vorbildlicher Student gewesen war, Es wurde weder geschildert, wie er gefunden worden war, noch wurde, was Sweeney besonders bezeichnend fand, der Schmuck erwähnt. Wenigstens war es der Polizei von Cambridge gelungen, diesen Teil der Geschichte der Presse vorzuenthalten.
    Paul hatte einen Leitartikel mit der reißerischen Überschrift Triumph und Tragödie über die Erfolge und Niederlagen der Putnam-Familie verfasst.
    Er begann mit einer Anekdote über die Hochzeit von Andrew Putnam und Kitty Sheehan. Paul zitierte einen Hochzeitsgast, der gesagt hatte, dass diese Ehe in gewisser Weise die politische Geschichte der Stadt verkörperte, auf der einen
Seite des Altars das Patriarchat der kolonialistischen Ära, auf der anderen die neue Machtelite.
    »Andrew Putnams und Kitty Sheehans Kinder schienen dank der Kombination von Geschichten und Attributen, die ihnen ihre Eltern hinterließen, prächtig zu gedeihen«, hatte Paul geschrieben.
    Dann erwähnte er den Unfall auf dem Ocean Drive. »Um die polizeiliche Ermittlung hatten sich typische Promiskandal-Gerüchte gerankt, wie das von einer Familie, die Straßensperren gegen die Polizei errichtet hatte, auch wenn diesmal von nachdrücklicher, öffentlich geforderter Gerechtigkeit für das Opfer keine Rede sein konnte. Der Fall wurde ungelöst geschlossen und die Polizei von Newport machte aus dem Unwillen der Putnam-Familie zur Kooperation keinen Hehl.
    Die verbleibenden Putnam-Geschwister haben offensichtlich aus den Nackenschlägen der Vergangenheit gelernt. Drew Putnam ist eine große Stütze in der Kanzlei der Familie, hat sich auf Baurecht spezialisiert und für verschiedene Bauprojekte die Leitung übernommen. Jack Putnam ist Bildhauer, seine Arbeiten wurden von Jennifer Termino im Globe als ›tragisch und lyrisch zugleich … eine Studie menschlichen Leids und menschlicher Freude‹ beschrieben. Jack zählt zu den zehn bis zwanzig Künstlern, die regelmäßig als die neue Generation junger, aufstrebender amerikanischer Maler und Bildhauer betitelt werden. Und Camille Putnam, die nichts anderes als einen meteoritenartigen Aufstieg durch die Ränge der Staatsversammlung bis zur Führung des Staatsenats der Demokraten verbuchen kann, steht gegenwärtig kurz davor, den amtierenden Abgeordneten der Republikaner im achten Kongresswahlbezirk, Gerry DiFloria, seines Amtes zu entheben. DiFloria konnte sich vor zwei Jahren über einen überraschenden Sieg in dem vorwiegend demokratischen Wahlbezirk freuen, nachdem der Favorit der Demokraten, Hal McCarty, gezwungen war, von seiner Kandidatur zurückzutreten. Es waren zwei Wochen vor den Wahlen Behauptungen
über seine Verwicklung in einen Mordfall zu Collegezeiten vor fünfundzwanzig Jahren laut geworden. Putnam hat sich nun vorgenommen, DiFloria auszustechen, der sich zu einem beliebten Kongressabgeordneten in dem demokratischen Wahlbezirk gemausert hat.
    Doch jetzt hat sich die Tragödie zurückgemeldet. Und wieder steht die Putnam-Familie im Mittelpunkt.«
    Ein Foto zeigte Camille, wie sie eine Rede hielt. Sie wirkte flott und sympathisch, mit kurzem dunklem Haar und großen, intelligenten Augen in einem gewöhnlichen Gesicht. Ein weiteres Bild im Innenteil zeigte Brad, und Sweeneys Magen zog sich zusammen. Er stand auf einer Veranda an der Seite vor einem Geländer, unter ihm erstreckte sich die Weite des Ozeans. Er grinste - sie hatte ihn in Wirklichkeit nie so grinsen sehen -, er war braun gebrannt und wirkte glücklich und zufrieden.
    Sie fuhr mit dem Finger über das Foto. Wenn sie genau hinsah, konnte sie erkennen, dass er das Geländer so fest umfasste, dass die Haut über seinen Fingerknöcheln weiß wurde.
     
    Erst als sie später am Vormittag den Vorlesungssaal betrat, überlegte sie, was sie ihren Studenten sagen sollte. Sie hatte die Realität bewusst verdrängt, war ihr Skript durchgegangen und hatte vorgehabt, ihr Unbehagen einfach zu schlucken und über Trauerschmuck in der Bürgerkriegsära zu sprechen. Sie hatte die Dias und Fotokopien aus Godey’s Lady’s Book mit der Anleitung, wie man Schmuck aus Haaren herstellen konnte, in ihrer Tasche und hatte gehofft, über ihre Vorlesung alles

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