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Der Totenschmuck

Titel: Der Totenschmuck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stewart Taylor
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hatte - Zettel, Bücher, ein Paar schwarze Socken, Bonbonpapier und leere Kaffeebecher. Nun denn, sie vermutete, dass der Anblick niemanden mehr schockierte.
    Der Parkeinweiser winkte sie vor das weiße Zelt, das in der Mitte des makellosen Rasens aufgestellt worden war. Der Zelteingang war mit überdimensionalen Töpfen geschmückt, bepflanzt mit Frühlingszwiebeln in Rosa, Weiß und Violett - Tulpen, Hyazinthen in Lila und blassweiße Narzissen. Sweeney und Toby stellten ihre Schachtel auf den Tisch für die Geschenke und nahmen die Champagnergläser, die ihnen der Kellner im Smoking zur Begrüßung reichte.
    »Toby!« Ein paar Frauen, die Sweeney irgendwie bekannt vorkamen, umarmten Toby zur Begrüßung und musterten sie neugierig.
    »Ihr erinnert euch doch noch an Sweeney?«, sagte er, und die Frauen bestätigten dies, aus reiner Nettigkeit, obwohl Sweeney ihnen nicht glaubte. Sie selbst erinnerte sich nur sehr vage an das erste Jahr am College, bevor jeder sich in irgendeine
Clique eingefunden hatte. Cliquen, die in einem Anfall aus Kameradschaft bis zum Abschlussjahr bestehen geblieben waren. Ja, es war am Anfang vom College gewesen, sie hatten auf ihrem Stockwerk gewohnt, genau wie Katie. Toby hatte mit den anderen Jungs auf der anderen Seite des Wohnheims gewohnt und sie hatten sich im ersten Jahr alle gegenseitig unterstützt.
    Toby stellte ihr die Damen der Reihe nach vor. Sweeney hatte Lily Nakamura aus New Orleans immer sehr gemocht. Sie hatte Biologie studiert und im Abschlussjahr einen wichtigen Preis gewonnen. Hallie Tyler war Mitglied des Friedenskorps gewesen und in Tansania als Geisel gefangen genommen worden. In ihrem kobaltblauen trägerlosen Kleid mit Schal in gleicher Farbe, das blonde Haar zu einem Nackenknoten geschlungen, und in Begleitung eines hochgewachsenen strahlenden Mannes wirkte sie weder müde noch verlebt. Die dritte im Bunde - sie hatte sich gerade abgesetzt, um jemanden zu begrüßen - war Hannah Albright, die, wie Sweeney noch wusste, aus Boston kam und aus einer Zeitungsfamilie stammte.
    Nach kurzem Smalltalk stellten sie fest, dass sie alle am gleichen Tisch saßen, doch Sweeney und Toby machten sich erst mal auf die Suche nach der Bar. Das Zelt war an einem Ende geöffnet worden und gab den Blick auf das klare, glitzernde Meer frei - einfach perfekt.
    »Geht’s dir gut?«, fragte Toby, als sie auf ihren zweiten Champagner warteten. Ein Kellner bot ihnen im Vorbeigehen Blinis mit Kaviar an.
    »Gut. Wieso?«, antwortete Sweeney mit einem Mundvoll saurer Sahne und Fischeiern.
    »Ich weiß nicht recht. Du wirst bei diesen Veranstaltungen immer so komisch. Ich habe das Gefühl, dass ich ständig auf dich aufpassen muss. Und du trägst auch diesen merkwürdigen Schmuck.«
    Ärgerlich betrachtete sie die Nadel aus Gagat mit Perlen,
die kaum sichtbar am Revers ihres schwarzen Cocktailkleids saß. »Nein, es geht mir wirklich prima. Und du musst auch nicht auf mich aufpassen. Ich kenne hier auch andere Leute. Warum gehst du nicht zurück zu deinen Freundinnen, und ich suche mir einen eigenen Gesprächspartner?«
    Sie griff nach der Champagnerflute, die ihr der Barkeeper reichte, und ließ Toby stehen.
    »Mein Gott«, hörte sie Toby hinter sich seufzen.
    Das würde sich schon wieder einrenken. Sie würde ihn vor dem Abendessen wiederfinden und alles wäre wieder beim Alten. Meistens stritten sie sich wie Geschwister, und auch wenn die Streitereien in der Vergangenheit nur ihr kompliziertes Verhältnis zueinander maskiert hatten, war sie froh, dass sie dieses Mal nicht wieder die alte Existenzangst heraufbeschworen hatten.
    Als vor einem guten Jahr Colm in London gestorben war, hatte Toby alles stehen und liegen lassen, um sich um sie zu kümmern.
    Und Ende des Jahres hatte sie die Gelegenheit gehabt, diesen Freundschaftsbeweis zu erwidern. Nach allem, was in Vermont passiert war, nach den Todesfällen und den Verletzungen, die seine Familie erfahren hatte, hatten sie den gesamten Januar über so getan, als sei Toby unheilbar krank. Jeden Abend hatte Sweeney ihm Take-Away-Gerichte mitgebracht oder ihm teure und komplizierte Menüs gekocht aus Kochbüchern, die sie kaum benutzte. Sie hatten sich Filme angeschaut und viel zu viel getrunken. Eines Abends Ende Februar hatte Toby sie angerufen, um ihr zu sagen, dass er mit ein paar Freunden ausginge und sie mitkommen solle. Allmählich war er wieder er selbst geworden.
    An Colms erstem Todestag war Sweeney allein auf den

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