Der Totenschmuck
hören voneinander.«
Sweeney war über die Grausamkeit seiner Worte schockiert. Sie stand auf und war schon fast auf dem Flur, als sie sich umdrehte und fragte: »Waren Sie der Meinung, dass Brad ein Problem mit dem Trinken hatte?«
Jack und Drew sahen einander an, dann beeilte Drew sich zu antworten. »Nein. Aber wie ich bereits sagte, er war Student. Es wäre nicht der abwegigste Gedanke der Welt gewesen.«
»Okay«, sagte Quinn und klang ruhiger. »Vielen Dank.«
Drew und Melissa begleiteten sie zur Tür. Sweeney beobachtete, wie sie eine Hand auf seinen Rücken legte und mit ihrem Zeigefinger kleine Kreisbewegungen ausführte. Drew trat höflich zur Seite und ein Ausdruck von Verletzung huschte über Melissas Gesicht.
»Könnte ich bitte das Bad benutzen, bevor wir gehen?«, bat Sweeney.
»Natürlich«, gab Melissa zurück. »Das untere wird gerade renoviert, aber ich zeige Ihnen oben das Gästebadezimmer.«
Sie stiegen die elegante Treppe hinauf, und Melissa führte Sweeney durch ein unbewohntes Gästezimmer mit einer schwarz-weiß gemusterten Tapete an den Wänden. Auf dem mit schwarz-weißer Satinbettwäsche bezogenen Bett thronte ein Berg schwarzer und weißer Kissen.
»Hier ist es«, sagte Melissa.
»Prima, danke.« Sweeney lächelte sie an und schloss verschämt
die Tür. Ob Melissa vor der Tür auf sie warten würde?
Das Bad ähnelte dem Schlafzimmer - dieselbe schwarzweiße Tapete, schwarze Handtücher mit aufwändig verschnörkelten P als Monogramm und kleinen schwarzen und weißen Seifen in Schwanenform. Um nicht einen der Vögel zu verunstalten, wusch sie ihre Hände nur mit klarem Wasser. Als sie wieder auf den Flur trat, war Melissa nirgends zu sehen, so dass sie sich mit dem Hinuntergehen Zeit ließ und in einige der Zimmer, die am Gang lagen, hineinspähte. Zwei waren eindeutig Gästezimmer, leer und steril. Das dritte war das große Schlafzimmer, nach Sweeneys Geschmack völlig überladen. Alles in Pink und Gold, und so viele Kissen auf dem Bett, dass es sicher zehn Minuten dauern würde, sie vor dem Zubettgehen alle beiseitezuräumen.
Sie horchte, um sicherzugehen, dass niemand die Treppe heraufkam und schlüpfte in eines der Zimmer. Es roch nach teurem Parfum und sauberer Wäsche. Es gab zwei identische, reich verzierte Kommoden. Eine gehörte offensichtlich Melissa, auf ihrer polierten Fläche stand ein Hochzeitsfoto mit einem ernst dreinblickenden Drew und einer lächelnden Melissa beim Verlassen der Kirche. Auf einem niedrigen Frisiertisch standen ein paar Flakons mit teuren Parfums; Sweeney nahm jeden in die Hand und roch an dem Zerstäuber.
Wieder lauschte sie, um zu überprüfen, ob jemand den Gang entlangkam, dann befasste sie sich mit Drews Kommode. Sie war sehr ordentlich, ein Foto einer jungen Frau im Hochzeitskleid stand darauf - es war Kitty, wie Sweeney erkannte, als sie näher hinsah - und ein Familienfoto, aufgenommen in den späten Achtzigern oder frühen Neunzigern, der Kleidermode nach zu urteilen. Kitty und Andrew saßen in Adirondack-Stühlen auf dem Rasen vor ihrem Haus in Newport, die Kinder standen zu beiden Seiten neben ihnen. Sweeney fühlte, wie sich ihr Herz bei dem Anblick von Brad ein wenig zusammenzog, er war neun oder zehn, dünn, seine
Haare von der Sonne gebleicht, und grinste breit. Petey war etwa ein Jahr jünger, mit rötlichen Haaren und Sommersprossen. Camille und Drew, fast schon erwachsen, hatten sich nicht sehr verändert, aber Jack, auf dem Bild noch Teenager, wirkte viel jünger. Er hatte eine Pseudo-Punkerfrisur und trug eine Lederjacke.
Es stand noch ein weiteres Foto auf der Kommode, ein jüngeres, das die gesamte Familie in Gesellschaftskleidung zeigte. Es war das gleiche Foto, das Andrews Schreibtisch schmückte. Im Hintergrund waren weitere, formell gekleidete Personen zu sehen, die mehrere große Statuen betrachteten, vage an menschliche Formen erinnernde Körper mit beweglichen Gliedmaßen. In dem Fenster dahinter war in Spiegelschrift »The Davis Gallery« zu lesen. Jack grinste bis über beide Ohren. Andrew und Kitty standen links und rechts neben ihren Kindern und lachten ebenfalls. Andrew trug eine leuchtend blaue Krawatte und Sweeney ertappte sich wieder bei dem Gedanken, wie attraktiv er war und wie sehr er Brad und Jack ähnelte.
»Haben Sie sich verlaufen?«, ertönte Melissas Stimme hinter ihr. Sweeney drehte sich mit der Fotografie in der Hand um.
»Entschuldigen Sie. Ich muss falsch abgebogen sein und dann habe ich
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