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Der Totenschmuck

Titel: Der Totenschmuck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stewart Taylor
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seinem Hals. Er trank, bis er bibberte, und sackte schließlich zusammen, mitten in den Trümmern der Skulptur.

Fünfundzwanzig
    »Okay, Cammie, versuch es noch mal von oben.«
    Jemand schaltete die Scheinwerfer ein, und Camille Putnam betrat das Podium. Sie übte für die Diskussion in der Sporthalle einer Vorort-Highschool, die ihr als Probebühne diente und extra dafür geschlossen worden war. Sie presste die Handflächen gegen ihre Oberschenkel, um sich zu beruhigen. Mit diesem Trick, den sie sich vor langer Zeit angeeignet hatte, hörten ihre Hände auf zu zittern.
    »Wer ist diesmal DiFloria?«, fragte sie.
    »Ich mach’s«, rief Lawrence Freeburn, der Manager ihrer Kampagne. »Und Roberta macht die Moderatorin.«
    »Alles klar. Los geht’s.« Sie holte tief Luft und legte ihre Hände auf das Rednerpult. Nach dem letzten Durchlauf hatten sie Camille darauf aufmerksam gemacht, dass sie die ganze Zeit über ihre Hände gefaltet hatte.
    »Die kannst du viel besser einsetzen«, hatte Roberta gesagt. »Um etwas zu unterstreichen. Gesten sind das Sahnehäubchen auf dem Kuchen deiner Rede.« Camille hatte es sich verkniffen, Lawrence einen genervten Blick zuzuwerfen. Roberta arbeitete als Coach für Podiumsdiskussionen und war von irgendjemandem extra aus D.C. geholt worden. Sie war eine kleine, extrem aufgetakelte Frau, die offensichtlich bei einer Farbberatung mitgemacht hatte und jedes Mal, wenn sie shoppen ging, ihre ganze Farbpalette mitnahm. Camille besaß noch ihren kleinen Plastikumschlag »Winter«,
den sie erhalten hatte, als sie in ihren Wahlbezirk gewählt worden war. »Das macht es einfacher, sich korrekt und angemessen zu kleiden«, hatte ihr die Farbberaterin erklärt. Diese Erfahrung hatte Camille ein paar unschmeichelhafte perlmuttfarbene Seidenblusen in ihrem Schrank beschert sowie eine neue Leidenschaft für ihre schlichten schwarzen oder marineblauen Kostüme und Baumwollshirts von Brooks Brothers oder Land’s End.
    Aber Roberta schien das zu stehen. Sie trug Kostüme in den Pastelltönen aus der Frühlingspalette, alle gleich geschnitten und mit entsprechend passenden Schals aufgepeppt. Heute trug sie einen lavendelfarbenen Rock mit Jacke und einen gelben Schal um den Hals.
    Camille fand sie entsetzlich nervtötend. Aber alle meinten, dass sie wusste, was sie tat. Sie hatte zuletzt mit einem erfolgreichen Kandidaten für den US-Senat in Kalifornien gearbeitet und sie hatte Camille ein Video von seiner letzten Diskussionsrunde gezeigt. Camille konnte sich an fortwährendes Gestikulieren erinnern. Der Mann hatte seinen Gegner geradezu einen Kopf kürzer gemacht, indem er seine Hände durch die Luft sausen ließ, wenn er zu einem besonders wichtigen Punkt kam.
    »Wir müssen die Verantwortung für die Finanzpolitik wieder in die föderale Regierung zurückholen«, murmelte Camille in einem Atemzug und teilte die Luft bei »müssen«. Mit den Gesten würde sie es ihrem Gegner schon zeigen.
    »Gut, wir wären dann so weit. Wir nehmen dieses Mal auf«, erläuterte Roberta. »Das heißt, wir unterbrechen nicht wegen jeder Kleinigkeit. Ich möchte, dass du dir vorstellst, jetzt vor Publikum zu diskutieren. Wenn du irgendwas vermasselst, machen wir einfach weiter, das heißt, du denkst dir besser etwas aus, wie du Patzer wiedergutmachen kannst. Danach sehen wir uns an, wie du bei deiner Performance gewirkt hast. In Ordnung?«

    Sie nickte.
    Lawrence trat nervös nach vorn. »Ach, noch etwas, Cammie. Ich wollte nur sagen, dass ich auch eine Frage zum Tod deines Bruders mit einstreuen werde. Wir wollen, dass du vorbereitet bist, falls DiFloria …«
    »Wie meinst du das?« Sie fühlte plötzlich Angst in sich aufsteigen.
    »Ich meine, DiFloria trifft schon mal gern unterhalb der Gürtellinie. Er muss sich gerade ein bisschen Sorgen machen. Du liegst in den Prognosen vorn, und er könnte zu Verzweiflungstaten neigen. Wenn er Brad erwähnt, kann er auf diese Weise deine Familiengeschichte thematisieren. Er hat dich bereits als Paddy Sheehans Enkelin bezeichnet, um die alten Kamellen über Paddys Alkoholkonsum und Frauengeschichten wieder aufs Tapet zu bringen. Jetzt kann er das Gleiche mit Brad versuchen.«
    »Du machst ja wohl verdammt noch mal Witze!«
    »Pass auf. Ich glaube nicht, dass er’s versucht. Er würde wie ein Tolpatsch dastehen. Aber das Letzte, was ich will, ist, dass du da raufgehst und überrascht bist, wenn er das Thema anspricht, okay? Du musst nur antworten, dass deine Familie um

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